Hamburg. Die Bahnstrecke von Hamburg nach Hannover wird später saniert - und ein Neubau liegt auf Eis. Deutschlands zweitgrößte Stadt rückt an den Rand
Die Hansestadt kennt sich aus mit gescheiterten Großprojekten – wann immer die Hamburger von einem Großflughafen, dem Transrapid oder Hochgeschwindigkeitstrassen träumten, kam etwas dazwischen.
Schon 1962 beschlossen Hamburg und Kiel das Gemeinschaftsprojekt eines großen Luftkreuzes in Kaltenkirchen. Drei Jahre später erhält die Flughafen Hamburg GmbH dann die Baugenehmigung. Doch das ambitionierte Großprojekt weckte bald Zweifel – erst in der Politik, dann angesichts der Ölkrise in der Wirtschaft und schließlich auch bei den Anwohnern: Am Ende klagten 1400 Menschen gegen das Großvorhaben, 1980 kippte das Verwaltungsgericht Schleswig den Planfeststellungsbeschluss.
Verkehr Hamburg: Ob Großflughafen oder Transrapid – alles scheiterte
Heute stehen die großen Pläne der wachstumsgläubigen Sechziger etwas schräg in der Landschaft. Und doch hätte ein großes Luftkreuz, wie es später stattdessen in Kopenhagen und München entstand, die Stadt ökonomisch und kulturell sicherlich vorangebracht: Weltkonzerne wie Weltbürger drängen nicht in Städte mit Regionalflughafen.
Und bei aller Kritik am Luftverkehr gilt, was der Schweizer Städteforscher Thomas Sevcik einmal schön auf den Punkt brachte. Flughäfen sind wichtig für pulsierende, kreative Metropolen: „Aus Flugzeugen steigen Menschen, aus Containern kommen Waren.“ Der Flughafen Kaltenkirchen blieb aber nicht das letzte Wolkenkuckucksheim der norddeutschen Verkehrspolitiker: Vor mittlerweile 31 Jahren wurde die Transrapid-Strecke Hamburg nach Berlin in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen; acht Jahre später wurde das Vorhaben auf Betreiben von Bahnchef Hartmut Mehdorn kurz vor Beendigung des Planfeststellungsverfahrens eingestellt. Auch alle weiteren Träume eines Transrapids bis ins Ruhrgebiet und nach Holland, denen die Handelskammer anhing, platzten.
ICE-Trasse abgesagt: Hamburg verharrt verkehrspolitisch in Randlage
Keiner weiß, ob es der Stadt besser ginge, wenn die Magnetschwebebahn gewagt worden wäre. Aber jeder weiß, dass Hamburgs Anschluss an die Hauptstadt und nach Köln ausbaufähig ist: Nach Berlin sind Reisende schon wieder mindestens 100 Minuten unterwegs, nach Köln sogar mehr als vier Stunden. Die zweitgrößte Stadt Deutschlands verharrt verkehrspolitisch in einer Randlage.
Und seit dieser Woche ist die Stadt noch mehr in die Peripherie gerückt: Bahnreisende zwischen Hamburg und Hannover müssen länger auf die umfassende Sanierung der viel befahrenen Strecke warten. Die für 2026 geplante Generalsanierung wird auf 2029 verschoben, der von der Bahn angestrebte Neubau ist vorerst vom Tisch, er hätte die Fahrtzeit unter eine Stunde drücken können.
- Was für die U5 in Hamburg spricht
- Migration und ihre Folgen: Das neue Deutschland
- Presse- und Meinungsfreiheit: Ein Hoch auf uns?
Damit werden Bahnreisende weiterhin in einem gemächlichen Tempo bis Hannover fahren, bevor die Bahn dort Fahrt aufnehmen kann. Damit nicht genug: Das Bundesverkehrsministerium fürchtet, dass die auf 2029 verschobene Generalsanierung für die Umsetzung des Deutschlandtakts nicht ausreiche. Die Fassungslosigkeit reicht nun ungewohnt einträchtig von Fridays for Future bis Christoph Ploß, dem Unionsobmann im Verkehrsausschuss des Bundestages.
Zufrieden hingegen war SPD-Chef Lars Klingbeil, durch dessen Wahlkreis eine Neubaustrecke geführt hätte. Er war stets gegen einen Neubau. Damit kommt eine weitere Dimension in die Verkehrsdebatte: Offenbar gelingt es der Hamburger Politik mittlerweile seit Jahrzehnten nicht, eigene wichtige Infrastrukturprojekte in Berlin durchzusetzen. Die Machtbasis fehlt. Hamburg wird abgehängt.