Hamburg. Auf der Außenalster findet gerade die WM im inklusiven Segeln statt. Ein toller Erfolg – aber noch ist das Ziel nicht erreicht.
Auf der Hamburger Außenalster, dem vermeintlich schönsten Segelstadion der Welt, startete am Donnerstag die Weltmeisterschaft im inklusiven Segeln: Jeweils zwei Personen – eine mit und eine ohne Beeinträchtigung – segeln auf Booten des Typs S\V 14 um den WM-Titel.
Die WM wird unterstützt von Sponsoren und der Stadt Hamburg und wird begleitet von einem medialen Interesse, das sich manch andere Veranstaltung nicht mal zu erträumen wagt. Wir sind stolz, dieses Turnier dank unseres Engagements nun schon zum zweiten Mal veranstalten zu können.
Clubhaus an der Alster weitgehend barrierefrei
Im Norddeutschen Regatta Verein (NRV) begann das Engagement für Inklusion im Segelsport vor einigen Jahren und war der Beginn eines langen Wegs: Informationen sammeln, Zuständigkeiten klären, Behördengänge. Inklusion als Idee, die Perspektiven von Menschen mit Beeinträchtigungen in allen Bereichen des Lebens mitzudenken, ist (noch) kein zentrales Anliegen, sondern verteilt über alle Lebensbereiche und damit über alle Ämter. Es ist ein mühsamer Weg, geprägt von Lichtblicken und Frustration gleichermaßen.
Doch mittlerweile ist erkennbar, dass sich der Weg und der Einsatz lohnen: Der NRV baut gerade dank der Unterstützung der Hamburgischen Bürgerschaft, des Bezirks Nord und einiger privater Mäzene eine Hafenerweiterung am Clubhaus an der Alster, speziell für das Inklusive Segeln. Das Clubhaus und Gelände hat der NRV weitgehend barrierefrei umgestaltet und veranstaltet inklusive Regatten mit immer größerem Zulauf. Als einer der größten Segelvereine Deutschlands sieht sich der NRV in der Verantwortung, mit Leuchtturm-Projekten eine Strahlkraft für viele andere Vereine zu entwickeln.
Unterstützung von World Sailing für Inklusion
Die Unterstützung von World Sailing, dem internationalen Dachverband für den Segelsport, zeigt uns, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Die Bereitschaft der Medien, das Thema Inklusion aufzugreifen, ermutigt uns, und das Feedback unserer Segler und Seglerinnen entschädigt für all die besonderen Mühen, die dieser Weg (noch) mit sich bringt. Wer einmal in den Prozess des „Disability Mainstreaming“ eingetreten ist, sieht neue Horizonte, erlebt Begeisterung und spürt Empathie. Kaum einer mag dann noch loslassen, denn Inklusion wird dann ein Teil des Lebens.
In diesen Tagen finden in Tokio die Paralympics statt. Auch wenn die Begeisterung groß ist, finden die Paralympics längst nicht so viel Aufmerksamkeit wie die Olympischen Spiele vor zwei Wochen. Segeln ist seit Jahren leider nicht mehr im Programm, obwohl diese Sportart wie keine andere als Inklusionssport geeignet ist. Für uns ist es deshalb eine wichtige Aufgabe, Segeln wieder zur paralympischen Sportart zu machen.
Viele Aufgaben für vollständige Inklusion
Es ist noch ein weiter Weg, es sind noch viele Aufgaben und Prozesse zu erledigen. Im Kleinen und im Großen. Das fängt an bei der Erreichbarkeit: Wie erreichen die Vereine die Menschen mit Beeinträchtigungen? Und wie erreichen die Menschen mit Beeinträchtigungen die Vereine? In Hamburg kommt man nicht mal mit einem Rollstuhl vom Flughafen in ein Hotel, ohne vorherige Organisation eines Transportmittels, was eine fast unmögliche Aufgabe ist.
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Wie motivieren wir die Menschen mit Beeinträchtigungen, neue Angebote auszuprobieren? Bislang läuft das meist über persönliche Kontakte und oft auch über unsere Parasportler, die schon vor Jahren erfolgreich im paralympischen Segeln unterwegs waren. Aber um an die Basis zu kommen, müssen noch viele Brücken gebaut werden. Genauso auch umgekehrt: Wir arbeiten daran, die Akzeptanz bei den Menschen ohne Beeinträchtigung zu verbessern. Hier bestehen noch Vorbehalte, Ängste und Sorgen, die wir ernst nehmen, annehmen und schrittweise abbauen wollen.
Hamburg braucht ehrenamtliches Engagement
Und genau dafür brauchen wir das ehrenamtliche Engagement und die Sportvereine sowie Leuchtturmprojekte mit Signalwirkung, wie zum Beispiel die Weltmeisterschaft des inklusiven Segelns mitten in Hamburg. Die Hansestadt engagiert sich seit Jahren wie kaum eine andere deutsche Stadt aktiv für den Sport. Sie hat das Hamburg Active City Konzept entwickelt, das den Sport als Träger der Gemeinschaft fördert und über den Sport die Inklusion und die Integration in die Gesellschaft übertragen will, als Brückenbauer für uns alle.