Ahrensburg. CDU, Grüne und WAB wollen Millionenprojekt unter dem Stormarnplatz in Ahrensburg überraschend stoppen. Viel Geld schon ausgegeben.
Es ist eine Nachricht, die für gehörigen Wirbel in der Ahrensburger Stadtpolitik sorgt: CDU, Grüne und Wählergemeinschaft WAB wollen die Planungen für den Bau einer Tiefgarage unter dem Stormarnplatz stoppen. Die drei Fraktionen waren bislang die Hauptverfechter des Millionenprojektes. Da SPD, FDP und Linke sich ohnehin gegen die Garage aussprechen, steht das Vorhaben damit vor dem Aus.
Heftige Kritik von SPD, FDP und Linken nach Kehrtwende
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass CDU, Grüne und WAB für den kommenden Bau- und Planungsausschuss am 1. September einen Antrag auf den sofortigen Stopp der Planungen eingereicht haben. Begründet hatten die Parteien das mit den Ergebnissen der Parkraumuntersuchung für den Innenstadtbereich, die im Juni im Bauausschuss vorgestellt wurden. Ein Hamburger Verkehrsplaner kommt zu dem Schluss, dass von den rund 1900 Stellplätzen im Zentrum vor allem die 1000 in den Parkhäusern selbst in Spitzenzeiten zu einem Großteil leer stehen.
CDU-Fraktionschef will Geld lieber in Schulen und Kitas investieren
„Das Gutachten hat entgegen der Erwartungen gezeigt, dass es ein Überangebot an Stellplätzen in der Innenstadt gibt, da können wir dem Steuerzahler einen teuren Neubau einer Tiefgarage nicht zumuten“, sagt CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen und plädiert dafür, das Geld lieber in die Schulen und den Neubau dringend benötigter Kitas zu investieren. Insgesamt werden die Kosten für das Projekt auf 6,9 Millionen Euro geschätzt.
SPD-Fraktionsvorsitzender: „Stopp gute Nachricht für Ahrensburg“
Bei den übrigen Fraktionen sorgt die beispiellose Kehrtwende für Erstaunen und Erleichterung. „Der Stopp ist eine gute Nachricht für Ahrensburg“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Proske. Der Stadt werde damit eine Fehlinvestition in Millionenhöhe erspart. „Ich würdige, dass CDU, Grüne und SPD ihren Irrtum letztlich eingestehen, auch wenn es spät geschieht“, sagt er.
Ideenwettbewerb ist bereits seit Monaten abgeschlossen
Der Stopp für das Projekt kommt in letzter Minute: Der Ideenwettbewerb, bei dem Architekten Vorschläge für die Tiefgarage und die in direkter Nachbarschaft geplante Rathauserweiterung einreichen konnten, ist seit Jahresbeginn abgeschlossen. Die Pläne des Siegers, des Büros Gerber Architekten aus Dortmund, den eine Jury unter 72 Bewerbern ausgewählt hatte, sieht Stellplätze für 251 Autos und zehn Motorräder in der 60 Meter breiten und bis zu 85 Meter langen unterirdischen Garage vor.
Auf dem Dach war ein Park mit Spielplatz und Sportanlagen geplant
Auf dem Dach war ein urbaner Stadtpark mit Spielplatz, Skaterbahn, Fitnessparkour, Streetball- und Volleyballfeld sowie Sitzbänken und Liegewiesen geplant. Besonders ärgerlich sei die späte Kurskorrektur, weil bereits Geldbeträge in die Planung geflossen seien. „Das wäre vermeidbar gewesen“, kritisiert Proske, sagt aber auch: „Besser ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.“
283.000 Euro Planungskosten sind bereits ausgegeben
Insgesamt wurden laut Angaben der Verwaltung bereits 283.000 Euro der im Haushalt eingestellten Planungskosten von 350.000 Euro ausgegeben, der Großteil für Organisation, Juryhonorar und Siegprämien des Realisierungswettbewerbs. Kritik kommt deshalb auch von der FDP. „Allein aus Aspekten der Nachhaltigkeit und der Flächenversiegelung war die Garage schon immer vollkommen fehl am Platz“, so Fraktionschef Thomas Bellizzi.
FDP kritisiert Begründung des Kurswechsels
Unverständnis äußert er über die Begründung des Kurswechsels durch CDU, Grüne und WAB „Sich auf ein Studienergebnis zu beziehen, das aufgrund seiner Entstehungsgeschichte ohne Aussage ist, finde ich problematisch“, kritisiert Bellizzi. Die Parkraumstudie sei durchgeführt worden, als die Gastronomie und viele Geschäfte wegen des Lockdowns noch nicht wieder geöffnet gehabt hätten und die Regierung die Menschen gebeten habe, zu Hause zu bleiben.
Parkraumstudie ist laut Liberalen nicht aussagekräftig
„Unter diesen Bedingungen festzustellen, es gebe genug Parkplätze, ist vollkommen wertlos“, so Bellizzi. Insofern sei der Stopp für die Tiefgarage richtig, doch müsse sich die Politik Gedanken machen, an welchen Standorten zusätzliche Stellplätze entstehen könnten. Wenn Kunden, gerade solche von außerhalb Ahrensburgs, im Zentrum nicht parken könnten, werde dies den „Tod der lebendigen Innenstadt“ bedeuten.
Linke sieht Tiefgaragen-Aus als Erfolg für den Klimaschutz
Linken-Fraktionschef Ali Haydar Mercan sagt: „Wir freuen uns, dass die Mehrheitsfraktionen endlich zur Vernunft gekommen sind.“ Seine Partei habe immer alles daran gesetzt, den Bau der Garage zu verhindern. „Abgesehen von den Ergebnissen des Parkraumgutachtens ist es auch klimapolitisch geboten, keinen Euro für Autos auf der letzten Grünfläche im Stadtzentrum auszugeben“, so Mercan.
Bürgermeister Sarach sieht sich bestätigt
Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach zeigt sich überrascht von dem Kurswechsel in der Politik. Der späte Zeitpunkt sei „mehr als bedauerlich“, weil bereits erhebliche Geldbeträge in die Planung geflossen seien. Sarach erinnert zudem daran, dass er bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen habe, dass ein ausreichendes Parkplatzangebot bestehe. „Das hat die Untersuchung nun bestätigt“, so der Verwaltungschef.
Bauamt befürchtet rechtliche Probleme durch geänderte Planung
An den Plänen des Wettbewerbssiegers für Rathausanbau und Park wollen CDU, Grüne und WAB hingegen festhalten. Genau das könnte jedoch zu rechtlichen Problemen führen. „Der Wettbewerb wurde für die Planung inklusive Tiefgarage ausgeschrieben“, sagt Andrea Becker, Fachdienstleiterin Stadtplanung und Bauaufsicht im Rathaus. „Zurzeit können wir nicht abschätzen, ob es möglich ist, die Tiefgarage nun nachträglich wieder herauszunehmen, ohne das Wettbewerbs und Vergaberecht zu verletzen“, sagt sie. Dies werde nun geprüft.
Laut Verwaltung wird eine vollständige Überplanung erforderlich
Die Streichung mache Umplanungen notwendig. „Zum Beispiel sollte die Rampe der neuen Garage nach der Erweiterung auch als Zufahrt für die bestehenden Mitarbeiterparkplätze unter dem Rathaus genutzt werden, was nun nicht mehr möglich ist“, so Becker. Sie betont: „Faktisch wird eine vollständige Überplanung erforderlich.“
Grüne und WAB wollen Vorschläge zur Parkraumgestaltung vorlegen
Grüne und WAB wollen derweil im kommenden Bau- und Planungsausschuss eigene Vorschläge für die Gestaltung des Parkraums in der Ahrensburger Innenstadt vorlegen. „Ein Punkt wird die Einführung eines Parkleitsystems sein“, sagt WAB-Fraktionsvize Detlef Steuer. Darüber hinaus gehe es aber auch um den Abbau von Stellflächen an den Straßen im Stadtzentrum. Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen sagt: „Wir haben ein Überangebot, das es uns erlaubt, Plätze abzubauen und dadurch die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.“