Bargteheide. Bürgermeisterin von Bargteheide schreibt Brandbrief an BUND. Kritik am Umgang mit dem Kahlschlag und den Ausgleichsflächen wächst.

Wann immer es in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Bargteheide um Umwelt- und Naturschutzfragen ging, hat sich einer stets in besonderer Weise engagiert: Karl Dziom­ba. Als Beauftragter des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) hat er Dutzende Bebauungsplanverfahren der Stadt mit fachlichen Stellungnahmen begleitet, aber stets auch ein wachsames Auge auf die Einhaltung des Naturschutzgesetzes gehabt und dazu kritische Fragen in den Ausschüssen der Stadtvertretung gestellt. Damit ist jetzt Schluss: Nach 22 Jahren Mitgliedschaft hat der 87-Jährige den BUND verlassen.

„Wenn ich vom Kreisgruppen-Vorsitzenden Florian Schulz aufgefordert werde, nicht mehr für den BUND zu sprechen, um so Schaden von der Organisation abzuwenden, und er sich sogar öffentlich von mir distanziert, dann ist es Zeit zu gehen“, sagte Dziomba dem Abendblatt tief enttäuscht.

Leserbrief hat „erträgliches Maß“ überschritten

Vorausgegangen war eine Intervention der Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht beim Landesverband des BUND. Darin beschwerte sich die Rathauschefin in teilweise drastischen Sätzen, die sich auch in deren Mail an Dziom­ba wiederfinden. Von einer „wiederholten öffentlichen Diskreditierung der Verwaltung“ durch Behauptungen und Spekulationen ist dort die Rede, von unangemessener „verbaler Schärfe“ und einem Leserbrief im Abendblatt, der das „erträgliche Maß“ überschritten habe.

Tatsächlich hatte sich Dziomba in besagter Mail positiv zur Berichterstattung des Abendblatts über den unrechtmäßigen Kahlschlag zwischen Bornberg und Südring geäußert. Zudem forderte er die Verwaltung auf, alle wesentlichen Dokumente offenzulegen, die den Lesern und Bürgern in Bargteheide und darüber hinaus eine objektive Betrachtung ermögliche.

Auflagen sind mit der Aufforstung erfüllt

Bereits kurz nach dem Bekanntwerden der vermeintlichen „Läuterung einer städtischen Grünfläche“ hatte Dziomba die Verwaltung und ihre verantwortliche Vorgesetzte dafür kritisiert, dass angesichts solch massiver Fällungen auf einer vollständig bestockten Fläche keine Erlaubnis seitens der Unteren Forstbehörde eingeholt wurde.

Mehrfach forderte Dziomba außerdem Auskunft über Ausgleichsmaßnahmen, zuletzt im Umweltausschuss an 2. Februar. Dort hatte ihn der Planungschef des Rathauses, Jürgen Engfer, wissen lassen, dass mit der inzwischen vollzogenen Aufforstung des Areals, die geforderten Auflagen der Unteren Forstbehörde erfüllt worden seien.

Einhaltung des Gesetzes wird kaum kontrolliert

Mit dieser Aussage wollte sich Karl Dziomba jedoch nicht abfinden und verwies auf eine Pressemitteilung vom 14. Dezember. Darin hatte Stadtsprecher Alexander Wagner nachweislich mitgeteilt, die Wiederaufforstung koste die Stadt rund 10.000 Euro. Und: „Zusätzlich fallen noch weitere Kosten für Ausgleichsmaßnahmen an.“ Wann, wo und in welchem Umfang, das sagte er nicht.

Wie die Stadt das Thema Ausgleichsflächen ohnehin seit Jahrzehnten mehr als stiefmütterlich behandelt. Nach dem Naturschutzgesetz sind sie zur Kompensation versiegelter Flächen zwar vorgeschrieben. Doch ob sie zur Erhaltung der Vielfalt von Tieren und Pflanzen wirklich ökologisch aufgewertet werden, wie es das Gesetz vorsieht, wird kaum kontrolliert.

Ausgleichsflächenkataster fehlt noch immer

Mehr noch: Obwohl im Umweltausschuss am 4. September 2019 einstimmig beschlossen, existiert für Bargteheide bis heute nicht einmal ein vollständiges Ausgleichsflächenkataster, wie die Bürgermeisterin auf Anfrage unserer Redaktion selbst bestätigt hat.

„Bekanntlich ist die personelle Ausgestaltung der Stadtverwaltung nicht so dimensioniert, dass nebenher derartige Aufgaben zu meistern sind“, erklärte Kruse-Gobrecht trotz eines erheblichen Stellenaufwuchses in ihrer Amtszeit. Die Ausschreibung einer entsprechenden Planstelle zur Bewältigung dieser Aufgabe sei überdies erfolglos geblieben.

Schon wieder Fällungen im Gewerbegebiet

„Die Bürgermeisterin hat bei ihrem Amtsantritt von sechs Jahren verkündet, dass ihr viel an Umwelt- und Naturschutz in Bargteheide liegt. Doch viele Versäumnisse aus den vergangenen Jahrzehnten sind bis heute nicht aufgearbeitet“, sagt Karl Dziomba. Beredte Beispiele seien die Ausgleichsflächen für das Gewerbegebiet Langenhorst.

Erst kürzlich ist das Areal zwischen Rudolf-Diesel-Straße und Langenhorst, westlich des Firmengeländes von Topmotive, zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren kahlgeschlagen worden. „Der kleine Kahlschlag auf 1000 Quadratmetern wurde notwendig, damit die gepflanzten Bäume nicht in die Hochspannungsleitung wachsen, die das Areal überspannt“, sagt Carsten Schroeder von der Bürgerinitiative Basta.

Eine Mahd im Jahr reicht nicht aus

Von einer ökologischen Aufwertung könne deshalb keine Rede sein. Ebenso wenig wie bei den anderen drei Ausgleichsflächen. Baumpflanzungen hätten kaum stattgefunden, eine extensive Beweidung auch nicht. „Die Flächen nur einmal im Jahr zu mähen, reicht nicht aus. So können sie keinen Beitrag für eine Verbesserung des Klimas in Bargteheide leisten“, erklärt Schroeder.

Gemeinsam mit Dziomba wollte er die Stadt bei der Erstellung eines Ausgleichsflächenkatasters unterstützen und geeignete Maßnahmen für deren ökologische Aufwertung ermitteln. Dieses Angebot ist nun hinfällig.