Barsbüttel. Gemeindevertretung verabschiedet Resolution. Das Ziel: Kiel soll für den Straßenausbau zahlen. Wie die Chancen stehen.

Sie würden den Bürgern gern entgegenkommen und auf Anliegerbeiträge für den Straßenausbau verzichten. Mit Blick auf die Finanzen schrecken Barsbüttels Politiker davor jedoch zurück. Ende 2021 hatte die Kommune 21 Millionen Euro Schulden. Sie plant, in diesem Jahr weitere Kredite in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro aufzunehmen. Jüngst wurde eine Sanierung verschoben, damit der Streit mit Anwohnern nicht eskaliert. Gelöst ist das Problem damit nicht. Um Projekte künftig ohne Ärger umsetzten zu können, fordert die Mehrzahl der Entscheidungsträger mehr Geld vom Land Schleswig-Holstein. Eine entsprechende Resolution wurde auf der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung verabschiedet.

Bei der Abstimmung hat sich nur die CDU enthalten. Die Grünen votierten zwar dafür, wollten aber nicht Mitverfasser des Antrags sein. „Das ist der Koalition geschuldet. Man will den eigenen Leuten in Kiel keine Schwierigkeiten machen“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hermann Hanser. Christdemokraten und Grüne waren die Sieger bei der Landtagswahl am 8. Mai und bilden jetzt die Regierung. Davor gab es ein Dreier-Bündnis mit den Liberalen.

Ausbaubeiträge: BfB, SPD und FDP für Resolution

Den gemeinsamen Antrag haben Vertreter der Wählergemeinschaft BfB, stärkste politische Kraft in Barsbüttel, von SPD sowie FDP signiert. Darin heißt es: „Die Landesregierung SH sowie die Landtagsfraktionen werden aufgefordert, bis spätestens Ende 2022 die Voraussetzungen zu schaffen, dass kommunale Straßenausbaubeiträge in allen Kommunen Schleswig-Holsteins abgeschafft werden können.“ Hierzu sei es notwendig, dass eine auskömmliche Refinanzierung durch das Land zeitgleich zum Wegfall der Anliegerbeiträge sichergestellt werde. Es ist Aufgabe der Verwaltung, das Dokument an die jeweiligen Stellen weiterzuleiten.

Seit 2018 haben Kommunen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie Gebühren für Grunderneuerungen nehmen. Bis dahin waren sie dazu verpflichtet. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) machte in ihrer Landtagsrede am 30. Juni noch einmal klar, dass sie gegen die generelle Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen ist. Die Politikerin will die Selbstverwaltung von Städten und Gemeinden nicht ohne Not einschränken, die Freiwilligkeit sei für sie der entscheidende Punkt. Sütterlin-Waack betonte zudem die Unterstützung der Landesregierung, nannte zum Beispiel den 2021 im Finanzausgleichsgesetz gebildeten neuen Vorwegabzug für Infrastrukturmaßnahmen in Höhe von 68 Millionen Euro. „Das Geld steht den Kommunen für Investitionen in Straßen, Wege und Plätze zur Verfügung“, sagt sie in Kiel.

Ausbaubeiträge: Auch Uetersen hat schon eine Resolution verabschiedet

Für den BfB-Fraktionsvorsitzenden Rainer Eickenrodt ist das viel zu wenig. „Wir erhalten in diesem Jahr 268.000 Euro, allerdings nicht nur für Straßen. Die Förderung umfasst zudem die Bereiche Schulen und Kindergärten.“ Uetersen im Kreis Pinneberg habe auch eine Resolution verabschiedet. „Je mehr mitmachen, desto höher wird der Druck auf Kiel“, sagt Eickenrodt. Sozialdemokrat Hanser ist mit ihm auf einer Wellenlänge und formuliert seine Forderung so: „Das Land soll den Straßenausbau finanzieren, und das Erheben von Gebühren muss verboten werden.“ Er schätze jedoch, dass die Regierung keine Änderung vornehmen werde. „Straßen haben im Koalitionsvertrag nicht Priorität im Gegensatz zum Klimaschutz.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Angela Tsagkalidis begründet ihre fehlende Unterschrift auf dem Antrag damit, dass sie keine falschen Hoffnungen wecken wolle. „Denn ich denke nicht, dass das Land mehr Schulden macht für Straßensanierungen.“ Sie habe der Resolution zugestimmt, „um den anderen Parteien nicht im Weg zu stehen“. Tsagkalidis will mit dem Thema aber an die Landes-Grünen herantreten. Ihr Pendant von der CDU, Henri Schmidt, argumentiert ähnlich, warum sich seine Partei neutral verhalten hat beim Votum: „Wir wollen keine Traumschlösser bauen, den Bürgern nicht suggerieren, dass Geld vom Himmel fällt.“

Nachbarkommunen kommen beim Straßenausbau nicht richtig voran

Andere Kommunen in der Region wie Oststeinbek haben die Gebühren abgeschafft. Zügig voran kommen sie mit Projekten nicht wirklich. Glinde zum Beispiel hat mit der Blockhorner Allee bislang eine Straße saniert. Im Mai 2021 war Fertigstellung. Kosten: 900.000 Euro. Mit der Grunderneuerung der Straße Großer Glinder Berg wird es nichts in diesem Jahr. Auf die Ausschreibung hatte sich nur ein Unternehmen gemeldet, wollte zu viel Geld haben.

Dass Barsbüttel mit einer Resolution in die Offensive geht, kommt nicht von ungefähr. Eigentlich wollte man jetzt die Straße Bei den Tannen im Ortsteil Willinghusen auf Vordermann bringen. Bürger und Gemeinde streiten schon länger über die Einordnung. Die Grundstückseigentümer wollen den 380 Meter langen und 1955 erbauten Abschnitt als Haupterschließungs- und nicht Anliegerstraße deklariert haben, müssten in diesem Fall 35 statt 70 Prozent der Kosten tragen. Barsbüttel lehnt das ab. Die Verwaltung präsentierte drei Sanierungsvarianten. Veranschlagt waren mindestens 868.000 und maximal 935.000 Euro. Anlieger sollten dem Rathaus ihren Favoriten nennen.

Sie sind in einer Bürgerinitiative organisiert. Aus den Reihen wurde eine Petition zwecks Abschaffung der Beiträge initiiert, also Druck auf die Barsbütteler Politik gemacht. Knapp 400 Einheimische signierten. Wenn das Quorum von 250 Unterschriften erreicht ist, müssen sich die Parteien mit der Sache beschäftigen. Für den Fall, dass die Gemeinde den Kostenanteil der Anlieger nicht reduziert, hatte die Gruppe eine Klage angedroht. Entscheidungsträger wollten die Situation nicht eskalieren lassen, setzten das Sanierungsprojekt für zwei Jahre aus.