Oststeinbek. Der Sanierungsbedarf hat sich auf rund 30 Millionen Euro erhöht. Gemeindeverwaltung bringt jetzt wiederkehrende Beiträge ins Spiel.

Die Ziegeleistraße im Oststeinbeker Ortsteil Havighorst ist mit Löchern übersät und durch Risse gekennzeichnet. Sie soll im kommenden Jahr saniert werden. Die geschätzten Kosten liegen bei rund zwei Millionen Euro, hinzu kommt eine noch nicht bekannte Summe für die Planung. Bezahlt wird das Projekt aus der Gemeindekasse. Anliegerbeiträge gibt es in der 9000 Einwohner zählenden Kommune nicht mehr. Ob das jetzige Finanzierungsmodell langfristig Bestand haben wird, ist alles andere als sicher. Die Einführung einer jährlichen Straßensteuer für alle Eigentümer und Erbbauberechtigten von Grundstücken ist zumindest nicht ausgeschlossen.

Konkret geht es um wiederkehrende Beiträge. Diese Möglichkeit hat die Verwaltung in einer Informationsvorlage mit der Überschrift „Investitionsbedarf an den gemeindlichen Straßen“ für den jüngsten Finanz- und Wirtschaftsausschuss ins Spiel gebracht. Darin heißt es unter anderem, der hohe Sanierungsstau sei ohne eine Gegenfinanzierung nicht zeitgerecht zu beseitigen. 2015 hatte das Rathaus die Straßen benotet und eine Tabelle angefertigt mit der Instandsetzungsnotwendigkeit. Sechs Fahrbahnen waren seinerzeit überfällig, andere als kurzfristig eingestuft. Eine Grunderneuerung hat die Gemeinde seitdem aber nicht vorgenommen, sondern lediglich für sogenannte Unterhaltungen gesorgt – also Flickschusterei betrieben. Löcher wurden gestopft.

Das alte System wird die Gemeinde nicht wieder einführen

Dabei wollte Oststeinbek 2017 mit dem Vollausbau loslegen und bis 2025 zahlreiche Straßen auf Vordermann bringen. Als erste Projekte ins Auge gefasst wurden, protestierten Anlieger. Sie wollten keine vierstelligen Summen zahlen. Die Politik lenkte ein, machte stattdessen von der Möglichkeit Gebrauch, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, was in Schleswig-Holstein seit 2018 möglich ist.

Der Sanierungsbedarf war vor sieben Jahren auf 15,4 Millionen Euro taxiert. Inzwischen hat er sich nahezu verdoppelt, liegt grob geschätzt bei 29,7 Millionen Euro. Auch das ist in der Informationsvorlage nachzulesen. Als Grund nennt das Rathaus unter anderem die enorme Steigerung des Baupreisindex. Bürgermeister Jürgen Hettwer beschreibt die Situation so: „Man muss sich Einnahmemodelle überlegen. Das könnte über Gewerbe-, Grundsteuer oder einen direkten Beitrag geregelt werden.“ Das alte System werde man nicht wieder einführen.

Stefan Greye, Vorsitzender der Oststeinbeker Wählergemeinschaft, sagt: „Wiederkehrende Beiträge wären eine gerechte Lösung, sie überfordern keinen. Es ist wichtig, die Last auf breite Schultern zu verteilen.“
Stefan Greye, Vorsitzender der Oststeinbeker Wählergemeinschaft, sagt: „Wiederkehrende Beiträge wären eine gerechte Lösung, sie überfordern keinen. Es ist wichtig, die Last auf breite Schultern zu verteilen.“ © Susanne Tamm

Jüngst hatte die Politik den Bebauungsplan für die Gewerbegebietserweiterung im Norden der Gemeinde abgesegnet. Wann dort Firmen ansiedeln, ist noch nicht geklärt. Außerdem sind deren Abgaben nur schwer kalkulierbar, ein Großteil davon landet ohnehin nicht in der Gemeindekasse. Hinzu kommt, dass der Spielraum für Straßensanierungen wegen anderer wichtiger Projekte begrenzt ist. Der Neubau der Grundschule wird wohl mehr als die geplanten 25 Millionen Euro kosten, zudem soll die Havighorster Feuerwehr ein modernes Gerätehaus bekommen und der Bauhof umziehen.

Nach der Kommunalwahl 2023 könnte es konkreter werden

Vorerst wird Hettwer den Parteien in Gremiumssitzungen keine Beschlussvorlage zur Straßensteuer vorlegen. Er will abwarten, wie teuer die Ziegeleistraße wird. Nach der Kommunalwahl 2023 könnte es aber konkreter werden. Insofern dient die Informationsvorlage als Anstoß für Parteienvertreter, sich mit dem Thema schon einmal zu beschäftigen.

Wie viel Geld Grundstückseigner bei wiederkehrenden Beiträgen für den Straßenausbau beisteuern, richtet sich nach der Zahl der Projekte und was sie kosten, Grundstücksfläche sowie Geschosshöhe ihres Gebäudes. In der Regel sind die Bürger mit einem zweistelligen oder sehr niedrigen dreistelligen Betrag pro Jahr dabei. Das System gilt deshalb als solidarisch und sozialverträglicher im Vergleich zu Einmalzahlungen.

Notarbeiten an Ziegeleistraße kosten 45.000 Euro

Patrick Klose, CDU-Fraktionsvorsitzender in Oststeinbek, will sich noch nicht festlegen, ob er wiederkehrende Beiträge befürwortet. Er sagt: „Wir müssen sehen, wie sich der Haushalt in den kommenden Jahren entwickelt.“ Carsten Bendig, Chef der Ostbek.net-Fraktion, ist da weniger zurückhaltend: „Man muss den Bürgern die Wahrheit sagen, könnte einen Spartopf anlegen, der zweckgebunden ist und an dem sich jeder mit einer kleinen Summe beteiligt.“ Bendig fordert einen verbindlichen Strategieplan über mehrere Legislaturperioden. Stefan Greye, Vorsitzender der Wählergemeinschaft OWG, sagt: „Wiederkehrende Beiträge wären eine gerechte Lösung, sie überfordern keinen. Es ist wichtig, die Last auf breite Schultern zu verteilen. Wir können jedenfalls nicht die Gewerbesteuer beliebig hochdrücken, sonst laufen uns die Firmen weg.“

Die Ziegeleistraße ist übrigens inzwischen so kaputt, dass sie vor der Grunderneuerung zwecks Wiederherstellung der Verkehrssicherheit an zwei Stellen angefasst werden muss – ein Bereich war im Vollausbau nicht berücksichtigt. Die Arbeiten sollen bis Ende Juli abgeschlossen sein. Oststeinbek zahlt dafür rund 45.000 Euro an eine Baufirma. Im Abschnitt zwischen Bahndamm bis zum Unternehmen Kuschmierz wird eine dünne Asphaltdeckschicht in Kaltbauweise aufgetragen. Die Haltbarkeit liegt laut Verwaltung bei rund zehn Jahren. Im anderen Sektor bis zur Hausnummer 26 wird Rollasphalt verwendet. Das Verfüllen der Risse und Schlaglöcher sei nicht mehr zielführend, heißt es aus dem Rathaus.