Ahrensburg/Reinbek. Kommunen und Versorger wappnen sich gegen die befürchtete Energiekrise, sollten russische Gaslieferungen dauerhaft ausbleiben.
Liefert Russland nach der Wartung wieder Gas durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1, oder macht Präsident Wladimir Putin ernst und dreht Deutschland dauerhaft den Hahn ab? Mit Bange blicken Bundesregierung und Wirtschaft auf den 22. Juli, an dem die Reparaturarbeiten abgeschlossen sein sollen. Längst hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) damit begonnen, das Land für ein solches Szenario zu wappnen. Auch in Stormarn bereiten sich Kommunen und Gasversorger auf einen Lieferstopp vor.
Die Ahrensburger Verwaltung bildet zurzeit ein Kompetenzteam „Gasmangellage“, das Anfang August seine Arbeit aufnehmen soll. „Seine Aufgabe ist es, konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen im Energiesektor für die Lebenslagen der kommunalen Daseinsvorsorge zu erarbeiten“, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow.
Grundsätzlich stimme sich die Verwaltung eng mit den Stadtwerken Ahrensburg ab. „Hier profitieren wir davon, dass es sich um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt handelt“, sagt Dorow. Die Stadtwerke steuerten neben dem notwendigen Sachverstand insbesondere lageabhängige Prognosen bei.
Energiekrise: Kommunen erwägen Reduktion der Betriebszeiten von Straßenlaternen
„Übereinstimmend sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die Lage auf dem Energiemarkt momentan zwar kritisch, aber noch nicht bedrohlich ist“, sagt Dorow. Welche Maßnahmen das Kompetenzteam vorbereiten soll, werde derzeit noch geprüft. „Zusätzlich befassen sich auch die kommunalen Landesverbände mit dem Thema“, sagt der Rathaussprecher. Empfehlungen sollen laut Dorow bis spätestens zum Beginn der Heizperiode im Herbst vorliegen.
Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer berät in dieser Woche mit Vertretern des E-Werks Sachsenwald über mögliche Folgen der Gaskrise. „Es macht Sinn, sich mit dem Versorger frühzeitig an einen Tisch zu setzen und zu schauen, welche Maßnahmen sind sinnvoll und welche schießen über das Ziel hinaus“, sagt der Verwaltungschef. Die Heiztemperatur in den kommunalen Liegenschaften, etwa im Rathaus und in den Schulen, und Beleuchtungszeiten von Gebäuden und Straßenlaternen seien die wesentlichen Stellschrauben, über die die Stadt verfüge.
Letztere wird zurzeit in Glinde diskutiert. „Die Reduktion der Betriebszeiten der Straßenbeleuchtung in den Nachtstunden kann einen Beitrag zur Energieersparnis leisten“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Eine Prüfung habe aber ergeben, dass eine solche Maßnahme aus technischen Gründen erst mittelfristig umsetzbar sei. „Zurzeit können wir die etwa 1900 Beleuchtungspunkte im Stadtgebiet nicht zentral steuern“, sagt der Verwaltungschef. Jeden einzelnen Straßenzug separat umzustellen, sei nicht realistisch.
„Davon abgesehen gilt es zu prüfen, welche Straßen in jedem Fall die gesamte Nacht beleuchtet sein müssen“, so Zug. Das gelte insbesondere für die Hauptverkehrsachsen. „Da gibt es noch rechtliche Unklarheiten“, sagt der Bürgermeister. In Barsbüttel möchte sich Bürgermeister Thomas Schreitmüller nach der politischen Sommerpause mit der Gemeindevertretung beraten. „Derzeit befinden wir uns in der Phase der Ideensammlung, was Energiesparmaßnahmen angeht“, sagt er.
Auch in Bargteheide bereitet sich die Verwaltung auf den Herbst vor. „Zunächst ist die Liegenschaftsverwaltung damit beauftragt worden, Einsparpotenziale herauszuarbeiten“, sagt Rathaussprecher Alexander Wagner. Die Frage der Raumtemperatur sei dabei noch nicht akut, weil derzeit ohnehin in den Büros im Rathaus nicht geheizt werde. „Davon abgesehen muss auch die Frage geklärt werden, welche Mindestraumtemperaturen sich aus den Vorgaben der gesetzlichen Arbeitsschutzstandards ergeben“, so Wagner.
Stadtwerke Ahrensburg kündigen höhere Preise ab September an
Als Erste spüren die Gasknappheit bereits jetzt die kommunalen Versorger. Und das hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Summe, die die Kunden für Gas zahlen müssen. Einige Unternehmen haben die Preise bereits angepasst, andere haben eine Preissteigerung angekündigt.
„Durch eine langfristige Beschaffungsstrategie konnten wir bereits einen großen Teil der immensen Preissteigerungen an den Märkten abfangen“, sagt Annika Volbers, Sprecherin der Stadtwerke Ahrensburg. Dennoch sei das Unternehmen gezwungen, auf unvorhergesehene Preisschwankungen zu reagieren.
Für September kündigt Volbers deshalb eine Preiserhöhung an. Wie hoch diese ausfallen wird, dazu äußerte sich die Sprecherin noch nicht, sagt aber: „Dieser Schritt wurde ausführlich geprüft und genau kalkuliert, um die Belastung für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten.“ Anders sei die Situation bei Neukunden. „Da wir diese Mengen nicht aus unserem Bestand bedienen können, müssen wir das Gas am Spotmarkt zu den aktuell sehr hohen Marktpreisen nachbeschaffen“, sagt Volbers. Deshalb müssten Neukunden mit höheren Preisen rechnen.
Kunden der Vereinigten Stadtwerke müssen bereits seit dem 1. Juli mehr für bezahlen. „Wir haben unsere Kunden mit einem Schreiben über die Anpassung ihres Gaspreises informiert“, sagt Sprecherin Sabine Sager.
Das Unternehmen mit Sitz in Ratzeburg versorgt einen Großteil Stormarns mit Gas, darunter die Städte Bad Oldesloe, Bargteheide und Reinfeld und die Gemeinden Ammersbek, Großhansdorf und Trittau. Vorsorglich haben die Vereinigten Stadtwerke laut Sager auch den monatlichen Abschlag angepasst. „Diese Erhöhung soll dazu beitragen, dass unsere Kunden möglichst keine Nachzahlung leisten müssen“, erklärt die Sprecherin.
Beim E-Werk Sachsenwald, das Kunden unter anderem in Reinbek, Glinde, Barsbüttel und Oststeinbek mit Gas beliefert, ist laut Geschäftsführer Thomas Kanitz noch keine Entscheidung über die künftige Preisgestaltung gefallen. „Wir warten ab, alles hängt davon ab, ob Nord Stream 1 wieder in Betrieb geht“, sagt er.
Davon dürfte auch das weitere Vorgehen der Bundesregierung abhängen. Sollte die Bundesnetzagentur die sogenannte Preisanpassungsklausel aktivieren, könnte auf Kunden ein weiterer Preissprung zukommen. Denn der Plan sieht vor, dass Gasanbieter die höheren Einkaufspreise trotz laufender Verträge direkt an die Kunden weitergeben dürfen.