Sie ist die Vertraute von Hubertus Heil und Olaf Scholz. Was der Ruf von Andrea Nahles an die Spitze der Arbeitsagentur bedeutet.

Zwischen Ukraine-Krise und Impf­debatte haben es andere Themen schwer. Doch lohnt es sich, die Aufmerksamkeit auf Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu richten. Der Sozialdemokrat hat erste Pflöcke eingeschlagen, um seine arbeitsmarktpolitische Agenda voranzutreiben.

Los ging‘s, wie erwartet, mit dem Gesetzentwurf zur Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro. Über die Bedenken der Wirtschaft hat sich Heil hier ebenso hinweggesetzt wie in einer wichtigen Personalie. Die von ihrer Partei einst kühl abservierte ehemalige SPD-Chefin Andrea Nahles soll nun an die Spitze der Bundesagentur für Arbeit rücken, die Arbeitgeberseite hat ihren anfänglichen Widerstand aufgegeben.

Andrea Nahles: Vertraute von Scholz und Heil

Ihre Bedenken bezogen sich nicht auf Nahles Qualifikation, als Arbeitsministerin hat sie Sachkunde und Führungsfähigkeit bewiesen. Nicht ausgeräumt ist aber der Einwand, dass die Nürnberger Behörde damit wieder zu eng an die Politik rückt. Nahles gilt als Vertraute von Kanzler Scholz und Minister Heil.

Dass die Arbeitsverwaltung heute eine moderne effiziente Behörde ist, hat aber viel damit zu tun, dass nach einem Skandal vor 20 Jahren mit Frank-Jürgen Weise erstmals ein erfahrener Manager das Ruder übernahm und den Schlendrian beendete.

Auf Weise folgte mit Detlev Scheele zwar 2017 wieder ein Politiker. Aber der wenig bekannte SPD-Mann hielt sich eher im Hintergrund. Nahles hingegen bringt politisches Gewicht auf die Waage. Sie könnte in Konflikte geraten, wenn sie in ihrem neuen Amt zwischen den Interessen der Arbeitslosen und denen ihrer Partei abzuwägen hat.

SPD hat mehr Einfluss auf den Arbeitsmarkt denn je

Noch eine weitere Personalie verdient Beachtung. Den Vorsitz des DGB übernimmt im Mai die frühere SPD-Generalsekretärin und dem linken Flügel zugeordnete Bundestagsabgeordnete Jasmin Fahimi, ebenfalls eine Frau mit direktem Draht in die Ampel-Regierung. An diese hat der DGB viele dringende Wünsche – ob mehr Mitbestimmung, striktere Arbeitszeitregeln oder Fördergeld für die Klima-Transformation der Industrie. Behält Fahimi ihr Abgeordnetenmandat, wird der DGB im Parlament künftig deutlicher zu vernehmen sein.

Mit anderen Worten: Auf den Arbeitsmarkt hat die SPD nun sichtbar mehr Einfluss denn je. Sie trägt damit aber auch das politische Beschäftigungsrisiko. Der Arbeitsmarkt ist zwar recht gut durch die zwei Corona-Jahre gekommen. Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,1 Prozent niedrig, mehr als 45 Millionen Menschen sind erwerbstätig, ein Rekord. Aber die Kurzarbeit ist zuletzt wieder gestiegen.

Sorgen macht auch, dass die vor der Pandemie mühsam abgebaute Langzeitarbeitslosigkeit fast wieder 1 Million Menschen trifft. Die geplante Mindestlohnerhöhung dürfte es nicht erleichtern, diese Pro­blemgruppe wieder in Arbeit zu bringen. Zugleich müssen viele Betriebe Aufträge ablehnen, weil Nachwuchs und Fachkräfte als Folge des demografischen Wandels zunehmend fehlen.

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Um die Arbeitsmarktreserven besser auszuschöpfen, plant Heil eine bundesweite Qualifizierungsinitiative. Deutschland soll „Weiterbildungsrepu­blik“ werden, die Bundesagentur für Arbeit die Rolle einer Schaltstelle übernehmen. Entscheidend ist eine enge Verknüpfung mit dem, was Betriebe wirklich nachfragen. Einiges spricht dafür, die Bundesagentur nicht mit neuen Aufgaben und Ansprüchen zu überfrachten. Beschäftigungserfolge lassen sich nur begrenzt herbeifördern. Arbeitsplätze müssen sich für Unternehmen im Wettbewerb rechnen.

Die SPD hält viele Arbeitsmarkthebel in der Hand. An der Beschäftigungsbilanz wird sie gemessen werden.