Bad Oldesloe. Für die Koordinierung der Flüchtlingshilfe werden knapp drei Millionen Euro und neue Planstellen bereitgestellt.
Die Ukraine-Krise bestimmte auch den Kreistag am Freitag. So begann die Sitzung mit einer von Kreispräsident Hans-Werner Harmuth vorgetragenen Erklärung und einer Schweigeminute für die Opfer des Krieges und alle von dem Konflikt Betroffenen. „Der Stormarner Kreistag verurteilt den brutalen und völkerrechtswidrigen Angriff Russlands aufs Schärfste und erklärt seine Solidarität mit der Ukraine“, so Harmuth wörtlich. Der Angriff sei auch ein Angriff auf das Streben nach Frieden, Freiheit und Demokratie und richte sich damit zugleich gegen grundlegende europäische Werte.
Viele Abgeordnete verlassen Saal aus Protest
Laut Harmuth habe der russische Überfall auf das Nachbarland, dessen volle Souveränität umgehend wieder hergestellt werden müsse, zu einer einmaligen Krise in Europa geführt. Darüber seien sich alle Fraktionen einig. Für einen Eklat sorgte hingegen der AfD-Abgeordnete Arnulf Andreas Fröhlich, als er in einer Erklärung für seine Fraktion auf 15.000 getötete Russen in den ostukrainischen Autonomiegebieten Donezk und Luhansk verwies. „Wir unterscheiden nicht nach guten und schlechten Toten in diesem Konflikt“, so Fröhlich wörtlich.
Der von der Ukraine vermeintlich forcierte Genozid in den von Separatisten ausgerufenen „Volksrepubliken“ im Donbass, der vornehmlich von russischstämmigen Einwohnern besiedelt ist, diente Russlands Präsident Wladimir Putin als Hauptvorwand für seinen Einmarsch in die Ukraine. Dass dies von Fröhlich anscheinend verteidigt wurde, veranlasste viele Kreistagsabgeordnete, den Saal aus Protest zu verlassen.
Aktuell bietet Kreis 340 Plätze in Erstaufnahmen
Unterdessen stellt der anhaltende Flüchtlingsstrom längst auch den Kreis Stormarn vor neue Herausforderungen. Knapp drei Millionen Euro wird der Kreis deshalb zur Verfügung stellen. Das Geld ist für die Bereitstellung von Unterkünften und die Beschaffung notwendiger Ausstattung bestimmt. „Das ist notwendig, um bei der Koordinierung der Flüchtlingshilfe nicht die Kontrolle zu verlieren“, sagt Landrat Henning Görtz.
Aktuell unterhält Stormarn drei Flüchtlingsunterkünfte mit insgesamt 340 Plätzen, von denen aus die aus der Ukraine geflüchteten Menschen möglichst innerhalb von 48 Stunden an die Kommunen weiterverteilt werden. 200 Plätze sind in der Turnhalle der Beruflichen Schule in Ahrensburg geschaffen worden, 80 im Katastrophenschutzzentrum in der Turmstraße in Bad Oldesloe und weitere 60 in einer ehemaligen Pflegeeinrichtung in Braak.
Kreisverwaltung darf 13 neue Planstellen besetzen
„Das alles verursacht natürlich hohe Kosten und eine angespannte Personalsituation in der Verwaltung“, so Görtz. Daher plane der Kreis Verträge mit Hilfsorganisationen, die hauptamtlich die Organisation und Koordinierung in den Unterkünften gewährleisten sollen. Die dort anfallenden Kosten, etwa für zusätzliches Personal, werden zunächst vom Kreis getragen. Der Landrat geht allerdings davon aus, dass das Land das jetzt freigegebene Geld zurückerstattet.
„Die derzeitige Situation ist für den Kreis Stormarn eine teure Tasse Tee, und wir brauchen auch innerhalb der Verwaltung neues Personal, um die Aufgaben stemmen zu können“, erklärte der Landrat. Nachdem die zuständigen Gremien bereits im Vorfeld zugestimmt hatten, wurde der Landrat jetzt auch vom Kreistag ermächtigt, kurzfristig neun befristete und vier unbefristete Stellen zu besetzen. Sie sollen in der Ausländerbehörde, im Katastrophenschutz und in der Personalabteilung geschaffen werden.
Auch viele Haustiere müssen versorgt werden
Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Versorgung mitgebrachter Haustiere. Diese wird freiwillig vom Kreis übernommen. Nach Angaben der Verwaltung kommen etwa fünf Prozent der Ukraine-Flüchtlinge mit Hunden, Katzen oder anderen Haustieren an. Diese könnten allerdings nicht in jedem Fall, zumindest am Anfang, gemeinsam mit ihren Familien untergebracht werden.
„Wenn eine Turnhalle mit 200 Menschen voll belegt ist, können da nicht noch Hunde und Katzen aufgenommen werden“, erklärte Görtz. Deswegen sei vor der Halle eine Unterbringungsmöglichkeit geschaffen worden. Seine Mitarbeiter seien in enger Abstimmung mit dem Tierschutz, um die Situation bestmöglich zu meistern. In einigen Fällen werden die Tiere auch in Pflegefamilien untergebracht.
Kreis rechnet mit Aufnahme von 3000 Flüchtlingen
Bis Ende der Woche wurden in Stormarn 1020 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine registriert. Hinzu kommt noch immer eine Dunkelziffer privat Einreisender. Wegen der Reisefreiheit ist es möglich, dass die Menschen temporär auch bei Freunden oder Verwandten unterkommen, ohne sich anzumelden.
Da inzwischen die Prognosen hinsichtlich der zu erwartenden Flüchtlinge im Land Schleswig-Holstein deutlich nach oben korrigiert worden sind, rechnet der Kreis inzwischen mit der Aufnahme von bis zu 3000 ukrainischen Flüchtlingen.