Bad Oldesloe. Politiker kritisieren im Hauptausschuss Umgang mit Geflüchteten und ihre Unterbringung. Oldesloer Verwaltung weist Kritik zurück.

Stinkende Zimmer, versiffte Gemeinschaftsküche, dreckige Wände: Oldesloer Politiker haben im Hauptausschuss „menschenunwürdige Zustände“ in der Flüchtlingsunterkunft Kastanienallee kritisiert. Dort wurden in dieser Woche die ersten Ukrainer einquartiert. Auch bei der Registrierung der Flüchtlinge im Rathaus soll es teils chaotisch zugegangen sein. Die Stadtverwaltung verteidigte sich, nachdem das Gremium das Thema per Dringlichkeit auf die Tagesordnung gebracht hatte.

Politiker berichten von unfreundlichem Umgang

Am Dienstag schickte der Kreis Stormarn knapp 40 Flüchtlinge nach Bad Oldesloe. Die Ankunft sorgte offenbar für einige Schwierigkeiten. Das zumindest schilderten einige Ausschussmitglieder. „Die Menschen wurden mit einem Bus nach Bad Oldesloe gebracht und hier dann regelrecht abgeladen“, sagte Andreas Lehmann (fraktionslos). Einige hätten auf dem Marktplatz gestanden, ohne zu wissen, wo sie hin müssten.

Derzeit ist der Vordereingang des Stadthauses geschlossen. Den Hinweis, dass der Hintereingang des Gebäudes genutzt werden muss, versteht nur, wer Deutsch lesen kann. „Für mich ist es schon sehr entscheidend, wie Menschen bei uns begrüßt werden. Ich erwarte eine Beschilderung auf Russisch und Ukrainisch. Und dass die Geflüchteten freundlich in Empfang genommen werden“, so Lehmann. Ihm sei berichtet worden, dass städtische Mitarbeiter teils nicht sehr freundlich mit ihnen umgesprungen seien. Er plädierte für eine Koordinierungsstelle, die für eine geordnete Ankunft und Begrüßung sorgt.

112 ukrainische Geflüchteten haben Asyl beantragt

Kritik hagelte es zudem an den Zuständen in der Oldesloer Flüchtlingsunterkunft Kastanienallee. Dort gibt es 15 Doppelzimmer, 13 davon sind seit Dienstag belegt. Seit einigen Tagen kursieren Fotos, die verschmutze Küchengeräte und Schränke, dreckige Böden und Wände zeigen. In einem Raum, in dem zwei junge Frauen untergebracht sind, stinke es bestialisch, so Lehmann: „Die Situation ist menschenunwürdig. Abflüsse funktionieren nicht. Wir bezahlen dort einen Träger, der das verwalten soll. Und es passiert gar nichts.“ Das alles werde Menschen angeboten, die gerade dem Krieg entronnen sind.

115 aus der Ukraine Geflüchtete sind in Bad Oldesloe melderechtlich erfasst. 112 davon haben Asyl beantragt. Neben der Unterkunft an der Kastanienallee (30 Plätze) sind auch Klassenzimmer in der Schule am Kurpark hergerichtet worden. Hier gibt es aktuell 72 Schlafplätze, 21 davon sind bereits belegt. Hinzu kommen noch städtische Wohnungen, die eigentlich für die Unterbringung von Obdachlosen genutzt werden, aber derzeit leer stehen. Die Stadtverwaltung spricht von insgesamt 140 Schlafplätzen. Hinzu kommen private Wohnungs- und Zimmerangebote. Die Stadt befindet sich seit kurzem in Gesprächen mit Wohnungseigentümern und Unternehmen, um weitere Kapazitäten zu schaffen.

Bürgermeister Jörg Lembke verteidigt seine Mitarbeiter

Thomas Sobczak, Leiter des Bürgerbüros, spricht von einer dynamischen Entwicklung. Vor allem am Dienstag, als Verwaltungsmitarbeiter die Geflüchteten in mehreren Wellen registrieren mussten. Dass es dabei zu größeren Schwierigkeiten kam oder Flüchtlinge sich selbst überlassen wurden, verneint Sobczak: „Die Schilderung deckt sich in keinster Weise mit meiner Wahrnehmung. Wir wussten, dass die Flüchtlinge kommen, ich selbst stand an der Tür.“ Die Behauptung, dass man mit ihnen misslaunig umgegangen sei, „finde ich schon stark unter der Gürtellinie“.

Bürgermeister Jörg Lembke stellte sich vor seine Mitarbeiter, „die gerade sechs Tage in der Woche arbeiten“. Andreas Lehmann hatte tags zuvor öffentlich disziplinarische Maßnahmen gegen Stadtmitarbeiter gefordert, die sich den Geflüchteten gegenüber respektlos verhalten. „Was Sie hier für ein Bild zeichnen von der Verwaltung, ist gelinde gesagt eine Frechheit und entspricht nicht im Ansatz der Wahrheit“, so Lembke.

Die Wählergemeinschaft sieht keinen Handlungsbedarf

Die Wählergemeinschaft Freie Bürger Oldesloe (FBO) gab sich mit den Ausführungen der Stadtverwaltung zufrieden. Matthias Rohde (FBO) sagte: „Ich will nicht, dass der Hauptausschuss ein Signal in die Verwaltung sendet, dass die Mitarbeiter alles falsch machen, und sie demotiviert.“ Dass innerhalb von drei Wochen so viele Unterkünfte nutzbar gemacht wurden, sei eine tolle Leistung. Die Johanniter als Träger der Kastanienallee seien in der Pflicht, die Räume in einem guten Zustand zu halten.

Auch die CDU stimmte gegen die Einrichtung einer Koordinierungsstelle und dass die Stadtverwaltung alle Unterkünfte auf ihren Zustand hin überprüfen soll. Jens Wieck (CDU): „Dass die Unterkunft in der Kastanienallee in einem grenzwertigen Zustand ist, ist nicht schönzureden. Aber der Verwaltung hier die Schuld zuzuschieben, ist der falsche Weg.“ Eine Zustimmung hätte seiner Meinung nach einen Beigeschmack gehabt: „Wir als Politik haben da eine Teilschuld. Flüchtlingen, egal aus welchem Land, sollte unsere Aufmerksamkeit gehören. Wir hätten hier schon vor dem Ukraine-Krieg tätig werden müssen.“

Die Verwaltung hat angekündigt, die Zustände in der Unterkunft Kastanienallee zu überprüfen und Kontakt mit den Johannitern aufzunehmen. Am 31. März (18 Uhr) ist ein Treffen mit Oldesloer Hilfsorganisationen in der Festhalle geplant. Ehren- und Hauptamtliche, die sich für Flüchtlinge engagieren, sollen so zusammengebracht werden.