Ahrensburg. Zwei alte Haus- und Sperrmülldeponien zwischen Stemwarde und Neuschönningstedt müssen noch zehn Jahre saniert werden.

Eines der größten und schwierigsten Altlasten-Areale in Stormarn befindet sich unweit des Barsbütteler Ortsteils Stemwarde. Hier haben der Kreis und die Stadtreinigung Hamburg zwischen 1972 und 1979 gemeinsam zwei Deponien für Haus- und Sperrmüll betrieben. Eine liegt nördlich von Neuschönningstedt und südlich der Autobahn 24, die andere zwischen A 24 und der Siedlung Stemwarde. Beide Deponien beschäftigen den Kreis nach mehr als 40 Jahren noch immer, weil Zersetzungsprozesse nach wie vor zu Einschwemmungen ins Grundwasser und Ausgasungen führen.

Aerobisierung forciert Abbau organischer Substanzen

„Wegen starker Grundwasserbelastungen und um die Nachsorgephase der Deponien zu verkürzen, wird seit 2001 über sogenannte Gasbrunnen Sauerstoff in die Flächen gesaugt“, erklärt Dietrich Peters, Leiter des Fachdienstes Abfall, Boden und Grundwasserschutz in der Kreisverwaltung. Durch die Aerobisierung würden organische Substanzen bis zu 20-mal schneller abgebaut als beim anaeroben Abbau unter Methanbildung. Die wiederum 25-mal klimaschädlicher sei als der Austritt von CO2.

Über solche Gasbrunnen wird Sauerstoff unter leichtem Überdruck in die Deponiefläche gepresst.
Über solche Gasbrunnen wird Sauerstoff unter leichtem Überdruck in die Deponiefläche gepresst. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Um diesen Prozess zu forcieren, wurden die Sanierungsanlagen 2012/2013 ertüchtigt und auf eine aktive Luftzugabe über mehr Messpegel umgestellt. Seitdem wird der Luftsauerstoff unter leichtem Überdruck in die Deponie Stemwarde II gedrückt. Diese Vorgehensweise ist südlich der A 24 nicht möglich, um den angrenzenden Siedlungsbereich Neuschönningstedt vor schädlichen Emissionen zu schützen.

Deponie hat sich um fast drei Meter gesenkt

Als zunehmend problematisch erwies sich unterdessen, dass die ursprünglich aufgebrachte Deckschicht Niederschlagsversickerungen nicht mehr in ausreichendem Maße verhindern konnte. Das beeinträchtigte die notwendige Versorgung weiter Deponiebereiche mit Sauerstoff.

„Deshalb sind 2012 Entwässerungsgräben errichtet und an ein Regenwassersammelbecken angeschlossen worden“, berichtet Peters. Dennoch habe die Aerobisierung seit 2012 zu einer weiteren Setzung des Deponiekörpers Stemwarde II um fast einen Meter auf nun 2,8 Meter geführt. Womit der Abfluss von Oberflächenwasser aus Niederschlägen zusätzlich eingeschränkt wurde.

Verstärkte Methangasbildung schon nach sechs Wochen

So habe sich 2020 die drängende Frage gestellt, ob eine erneute Ertüchtigung der Sanierungsanlagen samt jahrelang folgendem Lüftungsbetrieb überhaupt noch lohne. 2021 wurde daher die Aerobisierung ausgesetzt. Mit drastischen Folgen. Bereits nach sechs Wochen setzte wieder eine verstärkte Methangasbildung ein, die sich innerhalb eines halben Jahres auf große Bereiche der Deponie ausgedehnt hatte.

Unbefugten ist der Zugang zur komplett eingezäunten Deponie untersagt.
Unbefugten ist der Zugang zur komplett eingezäunten Deponie untersagt. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Zudem wurden erhebliche Ausgasungen an der Deponie-Oberfläche registriert. „Der natürliche Gasabbau im Oberflächenboden reicht nicht aus, um Methanaustritte in die Atmosphäre zu verhindern“, so Peters. Zudem sei es auch wieder zu einer höheren Belastung des Grundwassers gekommen.

Maßnahmen sollen Sanierung für weitere zehn Jahre sichern

Mit Blick auf die beiden Siedlungsgebiete im Norden und Süden stand der Kreis sodann in der Pflicht umgehend zu ermitteln, wie eine Zunahme der Einschwemmungen und Ausgasungen effektiv unterbunden werden kann. Auf Basis eines Ende des Vorjahres vorgelegten Gutachtens sollen nun die Oberflächenentwässerung für 121.500 Euro ertüchtigt, alle Belüftungseinrichtungen für 94.600 Euro optimiert und alle notwendigen technischen Anlagen der beiden Deponien für 199.000 Euro umfassend modernisiert werden.

„Der Kostenschätzung zugrunde gelegt wurde die Zielstellung, dass alle Maßnahmen einen zehnjährigen Weiterbetrieb der Sanierung erlauben“, erläutert Peters. Angesichts der momentanen Materialengpässe und des Auslastungsgrads der Baufirmen müsse indes mit Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent gerechnet werden.

Rückstellung muss um 303.000 Euro aufgestockt werden

Um die erforderlichen Finanzmittel in Höhe von mehr als 415.000 Euro aufzubringen, soll die Altlastenrückstellung des Kreises um 303.000 Euro aufgestockt werden. Allerdings will man sich zugleich um Fördergeld bemühen. Etwa für die anlagenbezogenen Maßnahmen zur Verhinderung der Methangasbildung. Hier seien über die nationale Klimaschutzinitiative NKI 50 Prozent der Investitionskosten förderfähig, so Fachdienstleiter Peters.

Der Barsbütteler Ortsteil Stemwarde liegt nur dreihundert Meter von der Deponie II entfernt.
Der Barsbütteler Ortsteil Stemwarde liegt nur dreihundert Meter von der Deponie II entfernt. © Lutz Kastendieck | Lutz Kastendieck

Voraussetzung sind indes sowohl die Vorlage einer Potenzialstudie, als auch Bau und Betrieb einer Abluftreinigung nach dem aktuellen Stand der Technik. Allerdings ist auch die Potenzialanalyse selbst förderfähig. Mit ihr soll unter anderem ermittelt werden, wie hoch das restliche Methangasbildungspotenzial noch ist. Hierzu sind unter anderem Bohrungen und Feststoffanalysen des Deponieinhaltes erforderlich. Die Kosten aller Untersuchungen und Auswertungen werden sich voraussichtlich auf 100.000 Euro belaufen.

Kosten der Potenzialstudie trägt Kreis zu 40 Prozent

„Auch hier ist eine 50-Prozent-Förderung durch den NKI-Fonds möglich. Der Restbetrag würde zwischen Stadtreinigung Hamburg und dem Kreis Stormarn im Verhältnis von 60:40 aufgeteilt“, so Dietrich Peters. Der überdies aber noch einmal betonte, dass es zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdungslage für die Bewohner der benachbarten Siedlungen gegeben habe. Dennoch sei es aber Aufgabe des Kreises das Grundwasser und das Klima bestmöglich zu schützen.