Kappeln/Westerland. Die kleine Tourismusregion bei Kappeln hat gezeigt, wie Urlaub unter Corona-Auflagen gehen kann. Das Modellprojekt hat Folgen.

Von diesem geschickten Schachzug werden die Touristiker im Norden noch lange sprechen. Nicht die deutschlandweit, vielleicht sogar europaweit bekannten Badeorte Kampen, St. Peter-Ording oder Timmendorfer Strand haben mitten in der Pandemie für Schlagzeilen gesorgt, sondern Kappeln, Maasholm und Arnis – nicht gerade die Avantgarde der Reiseziele in Norddeutschland.

 Der Schleiregion und Eckernförde ist es mitten in der Corona-Pandemie als Erste in Schleswig-Holstein gelungen,Tourismus wieder zuzulassen. Und das hat Folgen – positive Folgen.

Urlaub an der Schlei plötzlich sehr populär

„Marketing brauchen wir aktuell nicht mehr zu machen“, sagt Max Triphaus, Tourismus-Chef der Schleiregion, mit einem breiten Lächeln. „Wir standen zwölf Tage lang ganz allein im Fokus der Medien.“ Aus ganz Deutschland seien Anfragen von Journalisten gekommen, gefolgt von einer hohen Zahl an Berichten in Zeitungen, auf Internetseiten, in TV- und Radiosendern.

Kostenlose Werbung – und das fast zwei Wochen lang, ohne die Erwähnung lästiger Konkurrenten. Ein Traum für jedes Unternehmen, ein Traum für die Schlei. „Der Imagegewinn für die Region ist riesengroß, die Bekanntheit hat extrem zugenommen“, sagt der Tourismus-Chef.

Konzept für Modellregion an der Ostsee schnell fertig

Triphaus und der Eckernförder Tourismus-Chef Stefan Borgmann haben sich zunutze gemacht, was den großen Konkurrenten an Nord- und Ostsee fehlt – die Wendigkeit. An der Schlei ist die Zahl der touristischen Anbieter überschaubar. Kurze Wege, schnelle Abstimmung, ein Gesundheitsamt, das mitspielte und sogar bereit war, die wissenschaftliche Begleitung zu übernehmen: Schon war das Konzept für die Modellregion fertig.

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Und weil auch die Corona-Inzidenz in den beiden beteiligten Kreisen niedrig war und weil es sicher nicht geschadet hat, dass Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Eckernförder ist, konnte der Tourismus an der Schlei und in Eckernförde am 19. April starten.

Fast zwei Wochen lang war man damit allein auf weiter Flur. Am 1. Mai kam zunächst der Kreis Nordfriesland dazu. Die Modellregion Innere Lübecker Bucht an der Ostsee startet sogar erst an diesem Sonnabend.

Urlaub an der Ostsee ist sehr beliebt

Zwei Wochen, die sich auch auf die Einnahmen ausgewirkt haben. Weil lange nicht klar war, wann Urlaub auf Sylt, Amrum und Föhr, an der Ostsee oder in Büsum möglich wird, haben viele Inter­essenten eben an der Schlei gebucht – da ging es ja. Und so sind in der Modellregionsphase, die noch bis Sonntag, 16. Mai, geht, 400.000 Übernachtungen zusammengekommen. „Das sind rund 20 Millionen Euro an Einnahmen“, rechnet Max Triphaus vor. Tagesgäste sind in dieser Rechnung noch gar nicht enthalten.

Dieser Erfolg ist natürlich auch ein Ergebnis harter Arbeit. Triphaus und seine Mitarbeiter haben viele Überstunden gemacht. „Aber wenn man das jetzt sieht, dann weiß man: Das hat sich gelohnt“, sagt der Tourismuschef. „Von diesem Imagegewinn werden wir in Zukunft profitieren können.“

Ist Urlaub an der Schlei trotz Corona sicher?

Tatsache ist allerdings auch: Es hätte auch manches danebengehen können. Klappt das mit den Testungen der Urlauber und der Beschäftigten in der Gastronomie und Hotellerie? Wird es nicht mehr Corona-Fälle geben, wenn Touristen aus ganz Deutschland kommen – also auch aus Hochinzidenzgebieten?

Fragen, auf die zu Beginn des Modellprojekts niemand eine Antwort wusste. Triphaus setzte auf Testungen und auf Kontrollen bei Touristen und Anbietern von Unterkünften. Sein Motto: „Wir haben nur diese eine Chance, die wollen wir nicht verbocken.“ Ein Restrisiko blieb dennoch. „Wenn es schiefgegangen wäre, hätten wir ein Negativ-Image gehabt“, sagt er.

Menschen froh, wieder Urlaub machen zu können

 Aber dazu ist es nicht gekommen. Denn die Urlauber waren froh, wieder Urlaub machen zu können. Und die Hoteliers und Ferienhausvermieter waren froh, endlich wieder Gäste zu haben. Alle zogen mit. 24.000 Schnelltests wurden in der Schleiregion bislang vorgenommen.

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 Die wenigen positiven Tests wurden einer genaueren PCR-Testung unterzogen. Ergebnis: fünf Corona-Fälle. Drei bei Touristen, zwei bei Einheimischen. Zwei der drei Touristen traten sofort die Heimreise an, einer ging in seinem Feriendomizil in Quarantäne. Die Corona-Inzidenz ist in der Region dennoch nicht etwa gestiegen, sondern gefallen.

Versuch zu Urlaub an der Schlei läuft bald aus

Das erfolgreiche Modellprojekt wird bald auslaufen. Ab Montag, 17. Mai, kann in ganz Schleswig-Holstein nach den Regeln in der Schleiregion Urlaub gemacht werden. Das hat die Landesregierung am Mittwoch verkündet. Triphaus freut sich. „Wir hoffen, dass wir damit in eine Art Regelbetrieb zurückkommen“, sagt er.

 „Und wir freuen uns natürlich, dass wir mit unserer Modellregion Vorbild für andere im Land sind.“ Die kleine Tourismusregion Schlei, so scheint es, hat es den Großen im Land, hat es den Syltern, Scharbeutzern und Timmendorfern gezeigt, wie man Urlaub in Pandemiezeiten organisieren kann.