Kappeln. In Schleswig-Holstein ist das erste Modellprojekt für Tourismus gestartet. Wie das Angebot angenommen wird.
Für Silke Hössermann und ihre Kollegen war der gestrige Montag ein besonderer Tag. Zum ersten Mal nach mehr als fünf Monaten konnte ihre Agentur Meerzeit für Ferien wieder Gäste empfangen. „Wir freuen uns so, dass es losgeht“, sagt die junge Frau. Hössermann und ihre Kollegen verwalten 75 luxuriöse Häuser im Ostseeresort Olpenitz. „Und alle sind in dieser Woche belegt.“ Nur einzelne Tage seien noch in dem einen oder anderen Objekt verfügbar. Bereits am Morgen seien die ersten Gäste angereist. „Es ist eine wunderbare Stimmung hier.“
Die Agentur hat allerdings durch die Regelung der Modellregion viel mehr Arbeit mit den Gästen. Besonders die Kontrolle der negativen Corona-Tests bereite ihr derzeit ein wenig Kopfzerbrechen. „Wir kriegen Testergebnisse per SMS, WhatsApp oder E-Mail – und müssen die jetzt den jeweiligen Häusern zuordnen.“ Das gestalte sich derzeit noch schwierig, „aber mit der Zeit wird das sicherlich zur Routine werden“. Zudem werde ein eigenes Testzentrum in Olpenitz aufgebaut. „Dann können die Gäste online einen Termin reservieren und direkt um die Ecke die erforderlichen Tests machen.“ Das sei für alle bequem. „Insgesamt wurden die Testkapazitäten in der Region so aufgestockt, dass auf jeden Fall in nächster Nähe eine Testmöglichkeit besteht.“ Vielfach sogar ohne Termin.
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Inzidenzwerte der Modellregionen müssen stabil unter 100 liegen
Zum Hintergrund: Seit Montag dürfen Touristen wieder in die Schleiregion reisen. Damit sind die Orte zwischen Steinbergkirche im Norden und Schleswig und Eckernförde im Süden die ersten in Deutschland, die wieder ihre Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen öffnen dürfen. Auch die Außengastronomie hat in der Region geöffnet, Campingplatzbesitzer dürfen Gäste empfangen. Die Lübecker Bucht, Büsum an der Westküste sowie Nordfriesland wollen Ende April/Anfang Mai nachziehen. Schleswig-Holstein ist das Bundesland mit der niedrigsten Sieben-Tage-Inzidenz. Im Kreis Schleswig-Flensburg, in dem die meisten Ferienorte der Schleiregion sind, liegt der Wert gerade bei 37,3.
Dem Tourismusministerium zufolge sollen die Projekte zeigen, dass sicherer Urlaub in der Pandemie möglich ist. Dafür müssen die Inzidenzwerte der Modellregionen stabil unter 100 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Bewohner binnen sieben Tagen liegen. Zudem müssen Gäste einen frischen negativen Corona-Test vorweisen und diesen am Zielort binnen zwei, drei Tagen wiederholen. Sollte sich das Virus zu stark verbreiten, endet das Projekt. Insgesamt wird das Modellprojekt vier Wochen lang laufen, bis zum 16. Mai. Danach wird entschieden, wie es in den Regionen weitergeht.
Die Telefone stehen nicht mehr still
Max Triphaus, Geschäftsführer des Ostseefjords Schlei, der Tourismusorganisation für die Region, hat federführend an dem Konzept mitgewirkt. Er ist zufrieden mit dem Start in die neue Saison. „Wir liegen mit den Buchungen jetzt schon sechs Prozent über den Zahlen aus dem Jahr 2019“, sagt er. „Uns ist es sehr wichtig, dass jetzt auch alles reibungslos klappt“, so Triphaus. Deshalb gebe es seit vergangener Woche eine Arbeitsgruppe, die sich täglich zusammensetze und alle wichtigen Themen bespreche und regele. „Wir wollten bei den Modellregionen dabei sein – nun müssen wir beweisen, dass wir es können. Zumal jetzt ganz Deutschland auf uns blickt.“
Das Interesse an der Region ist groß: Im Reetdorf an der Geltinger Birk stehen seit über einer Woche die Telefone nicht mehr still. Montag war der erste große Anreisetag. „Wir haben jetzt schon eine Auslastung von 80 Prozent“, sagt Norbert Essing, der zusammen mit seiner Frau Marion das Dorf mit 48 Reethäusern gebaut hat. Im Laufe der Woche steige die Auslastung sogar auf 90 Prozent: „Die Gäste sind alle so glücklich, dass sie endlich kommen dürfen.“
Modellregion: Einige Hotelliers warten noch ab
Es gibt aber durchaus auch kritische Stimmen zu dem Modellprojekt. „Ich warte erst einmal ab, wie es sich alles entwickelt“, sagt beispielsweise Uta Janbeck, die bei Gelting das Ökohotel Janbecks Fairhaus betreibt. Sie sehe sich als Gastgeberin und nicht als Kontrolleur ihrer Gäste. „Was soll ich denn tun, wenn jemand sich weigert, sich testen zu lassen. Oder wenn mir Eltern sagen, ihr Kind sei noch nicht sechs Jahre alt und muss nicht getestet werden? Die müsste ich nach Hause schicken.“ In eine solche Situation wolle sie erst gar nicht geraten. Dabei hätten bereits viele Stammgäste angefragt, „von denen ich weiß, dass es natürlich klappen würde“. Dennoch, zumindest die erste Woche werde sie sich nun einmal alles genau anschauen.
Auch das Hotel Strandleben in Schleswig hat nicht gleich am ersten Tag wieder eröffnet. „Wir haben vergangenes Wochenende die Außengastronomie in einem ersten Schritt aufgemacht“, sagt Inhaber Joscha Hofeldt. Das Angebot sei sehr gut angenommen worden, sodass er nun auch ein Konzept für die Eröffnung des Hotels eingereicht habe. 16 Zimmer hat das kleine Boutique-Hotel und für das kommende Wochenende jede Menge Anfragen. „Die Menschen wollen einfach wieder raus“, so Hofeldt.