Grosshansdorf. Der 46-Jährige scheitert bei Eröffnung eines Girokontos, weil sein indonesisches Ausweisdokument keine sichtbare Signatur mehr enthält.
Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Daten auf dem Pass des Indonesiers Muhammad Ilham Nirwan nicht wesentlich von einem deutschen Ausweisdokument. Name, Geburtstag, Staatsangehörigkeit, Ausstellungsdatum, Gültigkeit und Ausweisnummer sind unter anderem darauf zu finden. Erst bei genauerem Hinsehen fällt auf: Es fehlt die Unterschrift. „Seit September 2020 gibt es in Indonesien nur noch Pässe ohne sichtbare Unterschrift“, sagt der 46-Jährige. „Meine Unterschrift und Fingerabdrücke müssten digital hinterlegt sein.“
Bei den Kontrollen am Flughafen gab es keine Probleme
Ende vergangenen Jahres ist der Familienvater von seinem Heimatland zu seiner Frau und seinem fünfjährigen Sohn nach Großhansdorf gezogen. Weder beim Abflug in der indonesischen Hauptstadt Jakarta noch beim Umsteigen in Istanbul habe es Probleme mit dem neuen Reisepass gegeben. „Er wurde einfach durch das Lesegerät gezogen und gescannt“, sagt Nirwan. Auch bei der Einreisekontrolle auf dem Hamburger Flughafen lief alles reibungslos, genauso wie anschließend beim Meldevorgang in der Ausländerbehörde in Bad Oldesloe.
Umso erstaunter ist der Großhansdorfer, dass der Pass nun bei der Eröffnung eines kostenlosen Girokontos ein anscheinend unüberbrückbares Hindernis darstellt. „Zur Identitätsprüfung muss ich am Post- oder Webident-Verfahren teilnehmen“, sagt er. Doch als der 46-Jährige beim Videochat seinen Personalausweis vorzeigen soll, wird er wegen der fehlenden Unterschrift abgewiesen. „Der Mitarbeiter hat den Vorgang sofort abgebrochen“, sagt er.
Auf dem Aufenthaltstitel befindet sich eine Unterschrift
Muhammad Ilham Nirwan versucht es daraufhin persönlich in der Postfiliale in Ahrensburg. Dort ergeht es ihm ähnlich. „Eine Mitarbeiterin hat bestimmt sieben oder acht Mal versucht, den Pass durch ein Lesegerät zu ziehen, aber das hat nicht geklappt“, sagt seine Frau Saskia van der Heijden. „Sie hat uns dann mit den Worten abgewiesen, dass eine Unterschrift fehle und sie nichts machen könne. Ich habe mehrfach nachgefragt, ob es keine andere Möglichkeit gibt.“
Eine Woche später sei sie noch einmal zur Postfiliale gefahren, um zu fragen, ob sich ihr Mann stattdessen mit seinem Aufenthaltstitel ausweisen könne, den die Ausländerbehörde in Bad Oldesloe ausgestellt hat. Auf diesem Dokument ist auch eine sichtbare Unterschrift des Indonesiers zu finden. „Doch auch das wurde abgelehnt“, sagt sie. „Eine Problemlösung wurde uns überhaupt nicht angeboten.“ Das habe sie besonders geärgert.
Konsulat berichtet von Bürgern, die ähnliche Schwierigkeiten haben
Das Ehepaar sucht daraufhin im indonesischen Konsulat in Hamburg Rat. „Dort haben wir erfahren, dass auch Bürger aus anderen Ländern ähnliche Akzeptanzprobleme mit ihren Pässen haben“, sagt van der Heijden. „Das Konsulat hat angeboten, uns eine Bestätigung auszustellen, dass es auf den neuen indonesischen Pässen keine Unterschrift mehr gibt. Aber auf Nachfrage bei der Post habe ich die Antwort bekommen, dass das nicht genügt.“ Auch die Deutsche Kreditbank (DKB), bei der Muhammad Ilham Nirwan das Konto eröffnen will, habe ihr mitgeteilt, dass es ohne Unterschrift auf dem Pass nicht gehe und dass die Unterschrift auf dem Aufenthaltstitel nicht ausreiche.
Ein digitaler indonesischer Pass sei in etwa mit der deutschen eID vergleichbar, sagt DKB-Sprecher Tobias Campino-Spaeing. Und weiter: „Grundsätzlich sind wir bei der Identitätsprüfung auf die zuverlässigen Dritten wie WebID und Deutsche Post angewiesen, und das Repertoire der akzeptierten Dokumente ist sehr umfangreich.“ Für Indonesien sei aktuell allerdings nur der klassische Reisepass prüfbar. „Damit ist hinsichtlich der Legitimation die Eröffnung möglich“, sagt Campino-Spaeing. „Eine andere Alternative besteht für diesen konkreten Fall im Moment nicht.“
Postsprecher: „Alle aktuellen Reisepässe sind prüfbar“
Ein Postsprecher sagt auf Anfrage dieser Redaktion, dass beim Postident-Verfahren alle derzeit im Umlauf befindlichen Reisepässe prüfbar seien, auch die aus Indonesien. „Dabei ist unerheblich, ob eine Unterschrift draufsteht oder nicht.“ Warum es in dem konkreten Fall nicht funktioniert habe, wisse er nicht.
„Ich fühle mich als Ausländer alleingelassen, weil mir keine Lösung angeboten wurde“, sagt Muhammad Ilham Nirwan. „Es war eine seltsame Situation. Ich stand doch persönlich vor der Postmitarbeiterin.“ Der Indonesier und seine Frau haben sich 2007 kennengelernt, als er digitale Medien in Bremerhaven studiert hat. Seit 2010 sind sie verheiratet, lebten zwischenzeitlich in Indonesien. Sie hatten sich mit einem Schuhgeschäft selbstständig gemacht, verkauften ihre selbst designten Modelle im eigenen Laden und weltweit über einen eigenen Onlineshop. „Durch Corona ist das Unternehmen leider pleite gegangen“, sagt Nirwan. „Deshalb bin ich erst mal zurück nach Deutschland gekommen.“
Momentan sind beide auf Jobsuche. Denn auch Saskia van der Heijden, die bereits 2018 aus Indonesien zurückkehrte, verlor wegen der Corona-Pandemie ihre Arbeit. Deshalb will der Großhansdorfer unbedingt ein kostenloses Girokonto nutzen. „Ich habe noch ein altes Konto aus meiner Studienzeit in Deutschland“, sagt er. „Aber dafür sollen demnächst Gebühren erhoben werden. Von dem wenigen Geld, das unserer Familie momentan zur Verfügung steht, möchte ich nicht noch Kontogebühren zahlen müssen.“