Oststeinbek. Der einzige Markt in der Ortsmitte macht bald dicht – für ältere Bürger ein Problem. Es gibt schon Hinweise auf einen Nachmieter.
Eine Ära geht zu Ende. Seit Jahrzehnten ist in der Oststeinbeker Einkaufspassage an der Möllner Landstraße eine Edeka-Filiale beheimatet, der einzige Supermarkt in der Ortsmitte. Demnächst verschwindet das gelb-blaue Logo. Am 3. März startet der Räumungsverkauf, sechs Tage später gibt es 30 Prozent Rabatt auf alle Waren. So steht es auf einem Plakat im Eingangsbereich.
Dann schließt der Laden. Das Entsetzen ist vor allem bei Senioren groß, die in den angrenzenden Geschosswohnungen leben. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Allerdings besteht Hoffnung, dass die Bürger dort auf Sicht wieder Lebensmittel des täglichen Bedarfs erwerben können.
Edeka in Oststeinbek: Wegfall der Frischetheke ärgert Kunden
Christian Höfling betreibt das Geschäft in der 9000 Einwohner zählenden Gemeinde seit rund fünf Jahren, im Januar 2020 übernahm er zudem die Edeka-Filiale an der Bahnhofstraße in Ahrensburg und hält sich vorwiegend in der Schlossstadt auf. Zu Beginn der Corona-Pandemie stellte der Unternehmer in seinem neuen Supermarkt einen Roboter im Kassenbereich auf, der Kunden auf den Mindestabstand aufmerksam machte. Höfling dachte fortschrittlich und betonte die Service-Erhöhung. In Oststeinbek war davon wenig zu sehen.
Früher öffnete der Betrieb bereits um 7 Uhr am Sonnabend, während die Konkurrenz im Gewerbegebiet des Ortes, zum Beispiel Aldi und Lidl, eine Stunde später Kunden einließ. Dann schwenkte der Edeka-Markt auf 8 Uhr um, was manch einem Frühaufsteher bitter aufstieß. Worüber sich Oststeinbeker aber noch mehr ärgerten, war der Wegfall der Frischetheke. Verkäuferinnen schnitten Käse, ein Metzger bereitete zum Beispiel Gyros mit Marinade vor. Man kannte sich und hielt nebenbei Klönschnack. Stattdessen gab es nur noch abgepackte Waren. Bei den Angeboten der Woche waren einige Artikel gerade im Getränke-Segment nicht immer zu bekommen.
Frust in der Edeka-Belegschaft sei groß
„Ich denke, das alles hat uns das Genick gebrochen“, sagt eine Mitarbeiterin. Der Frust in der Belegschaft sei groß ob der Schließung. Der Unternehmer habe seinen Mitarbeitern angeboten, nach Ahrensburg zu wechseln. Doch nicht jeder im Kollegenkreis verfüge über ein Auto. Christian Höfling wollte zu den Ereignissen gegenüber dieser Redaktion keine Stellung nehmen und verwies auf die Edeka-Pressestelle.
Auf Facebook in der Oststeinbek-Gruppe gibt es Dutzende Reaktionen. Ein User schreibt: „Schade um die Einkaufsmöglichkeit, aber nicht schade um den Laden.“ Ein weiterer Kommentar: „Das ist ja nicht schön, das war vorauszusehen. Schade.“ Harald Evensen bedauert das Aus des Supermarkts. Der alteingesessene Oststeinbeker ist Vorstandsmitglied im Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der rund 300 Mitglieder zählt.
Edeka schließt: "Es ist eine Katastrophe"
Der 75-Jährige sagt: „Es ist eine Katastrophe. Im Ortszentrum leben auch viele Senioren. Wer nicht mehr richtig mobil ist und sich zum Beispiel nur noch mithilfe eines Gehwagens fortbewegen kann, benötigt das Geschäft.“ Der Weg ins Gewerbegebiet sei für solche Personen zu weit. An der Landesgrenze zu Hamburg gibt es neben den Discountern auch das Ostkreuz-Center mit einem großen Real-Markt.
Oststeinbeks Bürgermeister Jürgen Hettwer sind die Hände gebunden. Er kann auf die künftige Nutzung der Fläche nicht wirklich Einfluss nehmen, hat erst Anfang dieser Woche von der Schließung erfahren. Natürlich hat sich der Verwaltungschef umgehört. „Voraussichtlich wird es auch weiterhin ein Lebensmittelgeschäft geben“, so Hettwer.
Das wäre für jene Menschen von Vorteil, die demnächst in die neuen Seniorenwohnungen an der Brückenstraße nahe der Feuerwehrwache ziehen. Die Firma Semmelhaack baut nur wenige Hundert Meter von der Einkaufspassage entfernt 80 Einheiten, 24 davon sind öffentlich gefördert. Die ersten Mieter werden im April erwartet. Das Projekt kostet rund 16 Millionen Euro. Die Firmen Bestlüd und Vitanova sind Kooperationspartner für die ambulante Pflege.
Edeka-Personal soll in umliegenden Märkten unterkommen
Vermieter der Ladenflächen im Ortszentrum ist Peter Schneeberg, der mit seiner Immobilienfirma von Hitzacker aus agiert. Zu Gesprächen mit potenziellen Nachmietern gibt er keine Auskunft. Aus verlässlichen Quellen heißt es, Höfling wollte vor einiger Zeit den Laden vergrößern und unter anderem Änderungen an der Rampe vornehmen, kam mit Schneeberg aber nicht auf einen Nenner.
Die Edeka-Gruppe soll deswegen verstimmt gewesen sein. Ihre Kritik richtete sich demnach nicht gegen Höfling. „Edeka Nord hat als Mieter des Objektes in Abstimmung mit unserem selbstständigen Kaufmann Christian Höfling den Mietvertrag gekündigt. Dieser läuft zum 31. März aus“, sagt ein Sprecher der Handelsgesellschaft auf Anfrage dieser Redaktion. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen würden in den umliegenden Märkten übernommen.
Die durchschnittliche Verkaufsfläche der Filialen in der Region beträgt rund 1200 Quadratmeter. Der Laden in Oststeinbek kommt auf 735 Quadratmeter. Im Ort kursiert das Gerücht, ein Netto-Discounter werde Nachfolger. Es soll bereits verhandelt werden.