Hamburg. Einerweltmeister Oliver Zeidler holt bei Ruder-EM in Slowenien mit Bronze die einzige deutsche Medaille in den 14 olympischen Klassen.

Als am Sonntagmittag auch der Topfavorit seiner Rolle nicht gerecht werden konnte, war bei den Europameisterschaften auf dem Bleder See in Slowenien das nächste Desaster für den Deutschen Ruder-Verband (DRV) perfekt. Mit nur einer Bronzemedaille in den 14 olympischen Klassen wiederholte das Team die Minusleistung der Heim-EM in München im August 2022. Damals hatte Alexandra Föster (21/Meschede), die diesmal wegen Formschwäche fehlte, im Einer das einzige Edelmetall geholt.

Einerweltmeister Oliver Zeidler, als Goldkandidat gehandelt, musste im Finale dem Niederländer Leonard van Lierop (29/6:46,91 Minuten) den Titel überlassen, landete mit 1,23 Sekunden Rückstand noch hinter dem griechischen Olympiasieger Stefanos Ntouskos (27/6:47,87) auf dem Bronzerang.

Zeidler froh über Bronze

Dennoch war der 26-Jährige aus Dachau nicht unzufrieden. "Ich wollte natürlich mehr, bin aber froh über die Medaille. Jetzt sind wir noch am Anfang der Saison. Bei der Weltmeisterschaft im September will ich meinen Titel erfolgreich verteidigen", sagte er.

Weil zum Abschluss der Titelkämpfe der Achter der Frauen in einem Viererfeld abgeschlagen hinter Rumänien, Großbritannien und Italien Letzter wurde, reist das Team an diesem Montag ohne Goldmedaille zurück nach Deutschland. Das beste Ergebnis war Silber für den gemischten Paravierer mit Steuermann in der Schadensklasse PR3, in nur sechs der 14 olympischen Klassen wurde das A-Finale erreicht.

"Wenn man nüchtern auf das Ergebnis schaut, kann man sich schon fragen, was sich im Vergleich zum vergangenen Jahr verändert hat", sagte Chefbundestrainerin Brigitte Bielig im Fazitgespräch mit dem Abendblatt. "Wir haben aber zwei A-Finals mehr erreicht und in einigen Bootsklassen die Abstände verringern können."

Ziel bleibt die Olympiaqualifikation

Das jedoch reiche nicht, um bei der WM in Serbiens Hauptstadt Belgrad (3. bis 10. September) das Saisonziel, die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris, in allen 14 Klassen zu erreichen. "Insbesondere fehlt es weiterhin an der Physis. Da hilft nur harte Arbeit, die wir in den kommenden Monaten leisten werden", sagte Bielig, die sich von Zeidler, dem Doppelvierer der Männer, der das A-Finale verpasste, und dem Männerachter mehr erhofft hatte.

Letzterer hatte bereits am Sonnabend eine ernüchternde Niederlage erlitten. Die Crew, zu der auch die Hamburger Torben Johannesen (28), Benedikt Eggeling (24/beide RC Favorite Hammonia) und Marc Kammann (25/Hamburger und Germania RC) zählen, hatte als Vierter des A-Finales 6,30 Sekunden Rückstand auf Weltmeister Großbritannien (5:28,09 Minuten), der seinen Titel mit fünf Hundertstelsekunden erfolgreich vor Rumänien und den Niederlanden (+0:52 Sekunden) verteidigte.

"Das war ernüchternd. Wir können mehr, konnten es aber heute nicht so gut umsetzen", sagte der als Schlagmann neu ins Team gerückte Kammann. "Unser System ist noch relativ anfällig. Heute war das Wasser etwas unruhig. Das darf uns nicht stören, hat uns aber gestört und uns letztlich den Schneid abgekauft."

Männerachter agiert zu harmlos

Die neue Achter-Bundestrainerin Sabine Tschäge, die den Posten des in der Vorbereitung abgesetzten Uwe Bender übernommen hatte, sagte mit Blick auf den Einbruch des Bootes zwischen 250 und 750 Metern der 2000-Meter-Distanz: "Wir sind zu schnell ins Hintertreffen geraten, da kommt man dann bei diesem Feld nicht mehr heran. Die drei Boote vorn waren sehr überlegen, wir waren über die gesamte Strecke zu harmlos."

Immerhin hatte das DRV-Paradeboot im Vergleich zu Rang fünf im Bahnverteilungsrennen am Donnerstag Italien und erneut Polen hinter sich lassen können. "Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Lücke zuzufahren, um bei der WM, wenn die Überseenationen dazukommen, konkurrenzfähig zu sein", sagte Tschäge. Bei der WM in Belgrad muss der Achter mindestens Rang fünf belegen, um die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris zu sichern.

Wenig erfolglos verliefen die Titelkämpfe auch für die anderen drei Hamburger Aktiven. Schlagmann Tim Ole Naske (27/RG Hansa) schaffte es mit dem Doppelvierer im B-Finale auf Rang zwei. "Wir konnten noch gar nicht umsetzen, was im Training gut geklappt hat. Aber wir sind auch erst seit wenigen Wochen zusammen, das merkt man", sagte der Jurastudent.

Harte Arbeit bis zum Weltcup

In den kommenden Wochen bis zum Weltcup in Varese (Italien/16. bis 18. Juni) müsse nun an den Defiziten gearbeitet werden. "Wir können ein gutes Niveau fahren, müssen aber unsere Schritte weitergehen, um besser zu performen. Noch sind wir zu langsam, aber wenn wir das Renntempo steigern können, dann wird das schon werden", sagte er.

Einen Lichtblick gab es für den Vierer ohne Steuermann mit Malte Großmann (27/RC Favorite Hammonia), der immerhin das B-Finale gewinnen konnte und damit Siebter wurde. Dagegen war Sylvia Pille-Steppat (55/RC Wilhelmsburg) mit ihrem neuen Partner Paul Umbach (21/Nürtingen) im B-Finale des paralympischen Mixedzweiers gegen den einzigen Kontrahenten Italien mit mehr als zwölf Sekunden Rückstand chancenlos.

Die Aufarbeitung der EM begann bereits am Sonntagnachmittag. Chefbundestrainerin Bielig erklärte, dass in einigen Bootsklassen, darunter auch der Männerachter, personelle Umbesetzungen durchaus angedacht sind. "Wir haben nur den Kader, mit dem wir hier waren. Aber innerhalb dessen steckt noch einiges an Potenzial, das wir in den beiden Weltcups vor der WM ausprobieren wollen", sagte sie. Man darf gespannt sein.