Hamburg. Der Hamburger Ruderclub Favorite Hammonia muss für seine Eliteathleten erheblichen Aufwand betreiben. Warum er das gerne tut.
Wochenenden wie das vergangene schätzt Mark Schreyer sehr, weil sie unterstreichen, dass sein Weg der richtige ist. Beim Langstreckentest der deutschen Nationalmannschaft in Leipzig stellte der RC Favorite Hammonia, mit rund 820 Mitgliedern der größte Ruderverein Hamburgs, mit acht Athleten das bundesweit größte Kontingent aller Clubs.
„Das ist für uns eine schöne Wertschätzung, auf die wir ein bisschen stolz sein können“, sagt der 55-Jährige, der im vergangenen Jahr als Vorsitzender das Ruder bei der „Fari“ übernommen hatte. Die Formulierung „sein Weg“ allerdings würde der frühere U-23-Weltmeister und langjährige Nationalkaderruderer, dessen Vater Dirk 1968 in Mexiko-City Olympiasieger mit dem Achter war, sofort zurückweisen. „Wir in der Fari verstehen uns als Einheit, die Entscheidungen gemeinsam trifft“, sagt er.
Ein Grundsatz des 1854 gegründeten Vereins lautet, einen klaren Fokus auf den Leistungssport zu legen, obwohl dessen Finanzierung Ruderclubs an ihre Grenzen bringen kann. „Es gehört aber zur DNA unseres Vereins, dass Leistungs- und Breitensport miteinander funktionieren. Wir legen bewusst Wert darauf, weil wir es als gesellschaftlichen Auftrag verstehen, Leistungssport zu fördern“, sagt Schreyer.
Rudern: Vier von 20 Hamburger Clubs haben Eliteathleten
Warum das längst nicht mehr alle Clubs so sehen – unter den gut 20 Hamburger Vereinen zum Beispiel sind im Elitebereich neben der Fari nur RG Hansa, RC Allemannia und der Hamburger und Germania RC aktiv, wird deutlich, wenn man um die Kosten weiß, die daraus entstehen.
Ein Beispiel: Mitte März wurden die U-23-Kaderathleten Jannis Matzander (21) und Paul Krüger (22) sowie die Nachwuchshoffnungen Hanno Wetjen und Theo Töpfer (beide 18) vom Deutschen Ruderverband (DRV) ins Trainingslager nach Italien eingeladen. Die Kosten dafür, rund 7500 Euro, musste Favorite Hammonia tragen, weil dem DRV die Mittel fehlen.
Ein vereinsinternes Trainingslager Anfang März in Italien, an dem acht A- und zehn B-Junioren mit Fari-Chefcoach Jan Strempel teilnahmen (der im siebenköpfigen Trainerteam der einzige in Vollzeit beschäftigte Hauptamtliche ist), schlug mit rund 1200 Euro pro Person zu Buche.
5000 Euro im Jahr kostet ein Nachwuchsathlet
Der Nachwuchsbereich ist besonders kostenintensiv, da in der Altersklasse zwischen 14 und 18 keinerlei andere Förderung greift. Wer es in den U-19-Nationalkader geschafft hat, trainiert kaum noch im Verein, sondern am jeweiligen Stützpunkt und kann von der Stiftung Deutsche Sporthilfe oder der lokalen Fördergemeinschaft Team Hamburg profitieren, A-Kader-Athleten kommen zudem für einen Platz in der Sportfördergruppe der Bundeswehr infrage.
„Dann kostet uns ein Athlet nur noch 1500 Euro im Jahr, während es im Nachwuchsbereich locker zwischen 3000 und 5000 Euro sind“, sagt Mark Schreyer, der den Kosten allerdings die Werte gegenüberstellt, in die der Verein investiert. „Wir wollen, dass unsere Talente optimal gefördert werden, damit sie eine Bindung an den Club entwickeln und uns möglichst lebenslang als Mitglieder erhalten bleiben.“
Zu den Aufwendungen für Personal und Reisen kommen als dritter Posten Ausrüstung und Material hinzu. Rund 100 Boote im Gesamtwert von gut einer Million Euro besitzt der Verein, der sein Gelände am Alsterufer von der Stadt gepachtet hat. „Ein leistungssporttauglicher Achter kostet heute zwischen 50.000 und 60.000 Euro“, sagt Mark Schreyer. Der hält zwar viele Jahre, Investitionen in die Flotte müssen jedoch regelmäßig getätigt werden.
Leistungssportetat beträgt bis zu 200.000 Euro
Insgesamt beträgt der Leistungssportetat beim RC Favorite Hammonia, der mit den Riemern Torben Johannesen (28), Malte Großmann (27) und Benedict Eggeling (24) sowie dem zu dieser Saison neu dazugestoßenen Skuller David Junge (25) vier A-Kader-Athleten stellt, zwischen 150.000 und 200.000 Euro pro Jahr.
Ein Gehalt bezieht dabei keiner der Sportler, maximal werden Aufwandsentschädigungen und Fahrgeld gezahlt. Der Leistungssportetat kann über die normalen Mitgliedsbeiträge – ein Vollzahler bringt jährlich 680 Euro in die Vereinskasse – längst nicht mehr aufgebracht werden. Die zweite Säule der Finanzierung ist deshalb das Mäzenatentum. „Ohne die großzügigen Spenden aus der Mitgliedschaft könnten wir unser Modell nicht aufrechterhalten“, sagt Mark Schreyer.
Warum sie es unbedingt aufrechterhalten wollen? „Weil wir überzeugt davon sind, dass es unserer Vereinskultur zuträglich ist.“ Man brauche Leuchttürme wie die im Januar 2018 vom RC Bergedorf gekommenen Johannesen-Brüder Torben und Eric, die bei Olympischen Spielen Medaillen gewinnen, um Anreize zu schaffen.
Bundesliga-Achter ist ein wichtiges Element
„Außerdem erzeugt eine intensive Leistungssportförderung auch eine Sogwirkung, die uns neue Mitglieder beschert“, sagt Schreyer, der im Hauptberuf den mittelständischen Versicherungsmakler Fester und Co. führt. Auch der Bundesliga-Achter „Active-City-Xpress“, den Favorite Hammonia in Kooperation mit anderen Hamburger Vereinen betreibt, sei ein wichtiges Element, weil er Sportlern, die es nicht in die Nationalkader schaffen, aber dennoch wettkampforientiert rudern wollen, diese Möglichkeit bietet.
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Dass die Symbiose aus Breiten- und Leistungssport funktioniert, zeigt sich regelmäßig, wenn im Vereinshaus die Eliteathleten für ihre internationalen Erfolge geehrt werden. „Daran nimmt der ganze Club Anteil. Und die Leistungssportler zahlen zurück, indem sie als Vorbilder agieren und sich im Verein engagieren“, sagt Schreyer.
Möglichkeiten, das System zu optimieren, sieht der Vorsitzende kaum. Man arbeite zwar daran, Unternehmen für einen externen Sponsorenpool zu gewinnen, die „Friends for Fari“, um die Finanzierung auf ein breiteres Fundament zu stellen. „Aber das ist in Hamburg traditionell nicht einfach. Deshalb glaube ich, dass viel mehr als das, was wir machen, nicht geht“, sagt Mark Schreyer. Wochenenden wie das vergangene machen ihm Mut, dass das Geld gut angelegt ist.