Hamburg. Ihre Tochter wird durch den Streik täglich vier Stunden weniger in Kita betreut. Wie sie den Spagat zwischen Job und Kind meistert.
Sie ist eine derjenigen, die der Kita-Streik besonders hart trifft: Juliane, 35, ist Mutter eines dreijährigen Mädchens, das eine bestreikte Kita besucht. Vielmehr in die Notbetreuung dieser aufgenommen wurde, da Mutter Juliane täglich 7,5 Stunden in einer Agentur arbeitet und ihr Kind allein aufzieht. Auch sind weder Eltern noch Freunde in der Lage, auf die Kleine aufzupassen.
Zusätzliches Problem: Die Frau ist in der Probezeit, hat den neuen Vollzeitjob erst vor vier Monaten angetreten, weshalb sie in diesem Bericht auch nur Juliane genannt wird. „Ich bin wirklich am Ende meiner Kräfte“, sagt sie, „auch, wenn ich grundsätzlich die Forderungen der streikenden Pädagogen verstehe.“
Der Spagat, dem Arbeitgeber gerecht zu werden und gleichzeitig sicher zu sein, dass es dem eigenen Kind gut geht, ist kaum zu schaffen. „Ich erfahre immer erst, wenn ich mein Kind abhole, wie lange ich es am nächsten Tag dort lassen kann.“
Im Schnitt seien es vier Stunden weniger pro Tag. Mal soll sie um 15 Uhr kommen, dann am nächsten Tag schon um 12 Uhr. Dazu kommt für Juliane eine gute halbe Stunde Fahrtweg von ihrer Arbeitsstelle zur Kita.
Die jeweilige Gefühlslage des Tages ist davon abhängig, wer die Notbetreuung für ihr Kind übernimmt. Vorher weiß sie es nie. Ein Erzieher? Zwei? Teilweise stünden nur FSJler zur Verfügung, kein ausgebildeter Pädagoge ist bei der Kindergruppe. „Mittlerweile wird es auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, meine Tochter ist total verwirrt, sie ist in anderen Gruppenräumen, die Erzieher sind auch mal von anderen Kitas, vieles ist unbekannt. Seitdem schläft sie schlechter und redet dauernd von ihren Kita-Freunden, die sie gerade nicht sieht“, so Juliane. „Es tut mir in der Seele weh.“
Zudem bemängelt sie: „Wir Eltern bekommen keine vernünftigen Informationen. Wie sollen wir denn mit den Erziehern an einem Strang ziehen, wenn wir beispielsweise gar nicht wissen, wann und wo es wieder eine spontane Demonstration gibt?“
Einziger Lichtblick: Der Chef hat Verständnis, er ist selber Papa. Auch sein Kind besucht eine Kita, die aktuell geschlossen ist.