Hamburg. Stadt reduziert Miete für neue Hallen deutlich. Zahl der Mitarbeiter soll wachsen. Aber im neuen CCH treten immer noch Mängel auf.
Ausstellungen sind in Hamburg nach den Corona-bedingten Einbrüchen wieder gut besucht. Bei der Hamburger Messe knallen deshalb im übertragenen Sinne die Sektkorken. Noch ist das Jahr nicht ganz abgeschlossen, aber schon jetzt können die beiden Geschäftsführer Uwe Fischer und Heiko Stutzinger verkünden, dass 2024 ein Rekord-Jahr wird.
So bitten sie in der Adventszeit zu einem Gespräch in ihrem Büro im Schatten des Fernsehturms, um diese positive Neuigkeit zu verbreiten. Fischer legt gleich los: „Wir haben 2024 ein Umsatzwachstum von 20 Prozent gegenüber unserem bisher besten Jahr 2016 verzeichnet. Und wir werden das erste Mal seit der Fertigstellung der neuen Messe 2007 das Geschäftsjahr nicht mit einem Verlust, sondern mit mehr als einer schwarzen Null abschließen“, sagt Fischer. Wie viel mehr, das wollen die beiden Messechefs nicht konkret sagen. Nur so viel: „Es handelt sich um einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag.“
Hamburger Messe macht 2024 überraschend Gewinn
Das Ergebnis ist dennoch bemerkenswert, weil Fischer selbst zu Beginn des Jahres noch von einem klaren Minus der Messegesellschaft von drei Millionen Euro für 2024 ausgegangen war. Allerdings äußerte er da schon die Hoffnung, ein besseres Ergebnis zu erzielen. Interessant: Am Ende des Jahres 2023 hatte in den Büchern noch ein Verlust von knapp 39,7 Millionen Euro – allein für den Messebetrieb – gestanden. „Insofern haben die Zahlen den Charakter einer Mondlandung“, ergänzt Stutzinger mit Stolz. Er gießt aber sogleich Wasser in den Wein, indem er hinzufügt: „Wir gehen aber nicht davon aus, dass uns dies auch 2025 gelingen wird.“ Stutzinger rechnet für das kommende Jahr eher wieder mit einem zweistelligen Millionenverlust.
Das liegt in der Natur des Hamburger Messewesens: Die umsatzstärksten Großveranstaltungen wie die Schiffbaumesse SMM (Shipbuilding, Machinery & Marine Technology), die WindEnergy und die Fachmesse für Elektro, Sanitär und Heizung Get Nord finden nur alle zwei Jahre statt. So wechseln sich die gewinnträchtigen geraden Jahre mit den schwachen ungeraden Jahren ab.
Vor allem Spitzenmessen wie SMM sind Gewinnbringer in Hamburg
„Noch ist das so. Aber auch das wollen wir ändern“, fügt Stutzinger hinzu. Beim Hamburger Senat hört man das gerne. Denn bisher musste er Jahr für Jahr die Verluste der städtischen Gesellschaft aus dem Haushalt ausgleichen. Und diese sind, wie 2023 gezeigt hat, zumeist nicht unerheblich.
Um dies auf Dauer zu beenden, haben die Verantwortlichen bereits vor einiger Zeit das Ruder herumgerissen und sich von veralteten Publikumslieblingen wie der Messe „Du und Deine Welt“ oder die „Hanseboot“ getrennt. „Das Einkaufsverhalten der Menschen hat sich völlig verändert“, sagt Fischer. „Konsumentenmessen haben es schwer und sind wirtschaftlich kaum mehr tragbar.“
Messe Hamburg: immer noch Mängel im CCH
Ausnahmen gebe es allerdings auch, wie Fischer versichert: zum Beispiel die Manga-Messe Polaris und das Festival für digitales Marketing OMR. Solche auf eine bestimmte Gruppe von Konsumenten ausgerichteten, identitätsstiftenden Veranstaltungen seien gefragt. „Da wird auch konsumiert. Die Verkäufer von Kostümen der Comichelden füllen eine ganze Halle.“
Doch allein damit kann die Messe die ertragsschwachen ungeraden Jahre auch nicht in die Gewinnzone heben. Sie benötigt neue Veranstaltungen. „Dazu haben wir einen Messe-Inkubator ins Leben gerufen“, sagt Stutzinger. „Das ist ein kleines Team, das sich mit der Konzeption von neuen Eigenveranstaltungen befasst.“ Konsumentenmessen würden dabei tatsächlich kaum noch eine Rolle spielen, mit einer Ausnahme: „Wir überlegen, etwas zum Thema Gesundheit zu machen.“ Konkreter will Stutzinger aber noch nicht werden.
Messe Hamburg will Personal sukzessive aufstocken
Um die Messe darüber hinaus finanziell zu entlasten, ist ihr die Stadt erheblich entgegengekommen.: Musste das Unternehmen bisher 22 Millionen Euro jährlich an Mietkosten für ihre neuen Hallenflächen entrichten, so hat man sich nun auf eine neue Jahresmiete von nur sieben Millionen Euro verständigt.
„Auch ohne diesen Mieterlass waren wir 2024 wirtschaftlich profitabel, weil wir ihn nicht eingerechnet haben“, beeilt sich Stutzinger zu erklären. Dennoch helfe die Entlastung bei der Entwicklung neuer Formate, wie beispielsweise der Wasserstoffmesse Hydrogen Technology Expo. „Sie hat unsere Erwartungen übertroffen und ist absolut erfolgreich verlaufen“, sagt Stutzinger.
Erstmals seit Langem: Messe Hamburg schreibt schwarze Zahlen
Großes Potenzial rechnet die Doppelspitze dieser und ähnlicher Veranstaltungen zu, „weil sie die Transformation betreffen und genau in die Strategie der Stadt passen“, wie Fischer betont. Hatte die Corona-Pandemie die Messe in schweres Fahrwasser geführt und zur Einführung von Kurzarbeit bei den Beschäftigten gezwungen, so hat sie als positiven Effekt den Aufbau einer digitalen Plattform zur Folge gehabt, über welche die Messe trotz Lockdown weiter für den internationalen Austausch ihrer Kunden sorgte. Heute ist die digitale Messeplattform ein wichtiges Werkzeug, um das ganze Jahr über mit den Kunden im Gespräch zu sein.
Dafür benötigt die Messe weitere Arbeitskräfte. „Wir bauen weiter Personal auf und suchen Leute vor allem mit den von uns benannten Kompetenzen, beispielsweise für die Digitalisierung“, sagt Fischer. Über etwa 280 Vollzeitstellen verfügt die Messe derzeit. Vor Corona waren es 265.
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Als Erfolg bezeichnen die beiden auch das nach jahrelangem Umbau 2022 wiedereröffnete Congress Centrum CCH („ein wunderbares, tolle Haus“). Dabei wird in dem Gespräch schnell klar: Komplett rund läuft der Betrieb des fast 300 Millionen Euro teuren Veranstaltungszentrums immer noch nicht. Auch wenn die 2022 aufgetretenen Baumängel zu einem Großteil behoben sind, gibt es noch immer funktionale Defizite, die behoben werden müssen, etwa bei der Lichttechnik oder der Aufzugsteuerung.
Richtig deutlich werden Fischer und Stutzinger bei dem Problem nicht. „Bei der Größe des Bauvorhabens ist es nicht ungewöhnlich, dass es zu einer Reihe von Nacharbeiten kommt“, sagt Fischer. Voll nutzbar scheint das CCH aber immer noch nicht zu sein. 76 Veranstaltungen habe es in diesem Jahr gegeben. Für das kommende Jahr peilen die Messechefs 100 an. Darunter sind Konzerte von Stars wie Jamie Cullum (29. März), Anastacia (6. April) und Suzie Quatro (29. November), aber auch internationale Tagungen und Konferenzen.
Einer, den Fischer und Stutzinger gerne in ihrem Haus sehen würden, kommt allerdings nicht: Superstar Robbie Williams. Aber daran können die beiden ja noch arbeiten.