Hamburg. Die vier jungen Erben der Bank wollten die Anteile an der Bank verkaufen. Doch dann setzte ein Umdenken ein. Jetzt sprechen die Vorstände.

Noch im Sommer des Jahres schien das Schicksal der kleinen Hamburger Privatbank Otto M. Schröder besiegelt. Mit der deutlich größeren Merkur Privatbank wurden Verkaufsverhandlungen geführt. Doch dann wurde das Fusionsprojekt plötzlich gestoppt. Zur Erleichterung der knapp 40 Mitarbeiter, wie zu hören ist. Jetzt sprechen die beiden Bankvorstände über die Hintergründe und wie es mit dem Geldinstitut weitergehen soll.

Hamburg hat noch eine vielfältige Bankenlandschaft. Neben Marktführer Haspa gehören dazu Genossenschaftsbanken, private Geschäftsbanken wie Commerzbank und Deutsche Bank und die beiden großen Privatbanken Berenberg und Warburg. Mit der Schröder-Bank und dem Bankhaus Goyer & Göppel, das in diesem Jahr 100 Jahre besteht, gibt es in der Hansestadt weitere Privatbanken, die sich auf die vermögende Kundschaft spezialisiert haben.

Schröder-Bank: Warum Erben vom ursprünglichen Plan abrückten

Doch der Name des Bankhauses Schröder wäre beinahe vom Hamburger Markt verschwunden. Mitte Juli hatten sich die beiden Banken bereits über grundsätzliche Eckpunkte des Zusammenschlusses mit der Münchner Merkur Privatbank geeinigt. Angesichts der Größenverhältnisse hätte es sich tatsächlich eher um eine Übernahme gehandelt. Die börsennotierte Merkur Privatbank, gegründet 1923, ist gemessen an der Beschäftigtenzahl und der Bilanzsumme ungefähr zehnmal so groß wie die Schröder-Bank.

Kürzlich dann die Kehrtwende. In einer dürren Mitteilung hieß es: „Nach intensiven und offenen Beratungen ist man im besten gegenseitigen Einvernehmen zu dem Ergebnis gekommen, das Fusionsprojekt nicht weiterzuführen.“ Das Bankhaus Otto M. Schröder will künftig ohne Partner auskommen. Das setzte auch einen Wandel bei den vier Erben voraus, die sich eigentlich von den Anteilen der Bank trennen wollten. Dies war die Initialzündung für den professionellen Verkaufsprozess. Die Merkur Privatbank war eine von möglichen Käufern, die angesprochen worden sind.

Schröder-Bank: Hinterbliebene konnten lange Zeit nicht über Erbe verfügen

„Um den Abbruch des Verkaufsprojekts besser einordnen zu können, muss man etwas zu den Hintergründen wissen“, sagt Helmuth Spincke, Vorsitzender des Vorstands der Schröder-Bank im Gespräch mit dem Abendblatt. „Die Familie Schröder ist in dritter Generation an der Bank beteiligt. Die vier Geschwister sind noch recht jung und mehrheitlich branchenfremd.“ Zunächst hatten sie wegen der Nachlassverwaltung keinen Zugriff auf ihre Beteiligung.

„Erst im Jahr 2021 übernahmen die Eigentümer die Direktverantwortung aus der Nachlassverwaltung“, sagt Spincke. Da ein dominanter Teil des Familienvermögens die Bankbeteiligung ist, sei eine Diversifizierung angestrebt worden. Ein Verkauf lag nahe, aber die Familie wollte sich bei einem Zusammenschluss auch an der Merkur Privatbank beteiligen.

Differenzen zwischen den beiden Geldhäusern traten offenbar erst in den fortgeschrittenen Verhandlungen zutage. „Es war zu spüren, dass ein Zusammenschluss nicht die Attraktivität haben würde, die man sich vorgestellt oder erhofft hatte, auch mit Blick auf die Mitarbeiter, die der Eigentümer-Familie besonders wichtig sind“, sagt Norbert Kistermann, Vorstand der Schröder Bank. „Die Mitarbeiter waren letztlich erleichtert, dass es nicht zur Übernahme gekommen ist, denn sie identifizieren sich sehr mit ,ihrer Bank‘ und schätzen es, dass sie in unserer Mannschaft eher generalistisch denn ausschließlich spezialisiert arbeiten können.“

Schröder-Bank: Fusion vom Tisch – Familie steht hinter der Bank

Wie geht es nun weiter mit der kleinen Privatbank? „Das Fusionsvorhaben ist jetzt vom Tisch. Die Familie hat sich klar zur Bank bekannt und wird das noch stärker tun, indem ein zweites Mitglied in den Aufsichtsrat rückt“, sagt Spincke. Als Ausgleich für die Familie wird es eine veränderte Ausschüttungspolitik geben, die bisher eher restriktiv war. Künftig soll ein größerer Teil des Gewinns an die vier Erben ausgeschüttet werden.

Die Bank kann sich das leisten. Sie hat sich auf die Vermögensverwaltung und die Zwischenfinanzierung von Wohnimmobilien spezialisiert und liegt mit einer Kernkapitalquote von rund 20 Prozent deutlich über dem Branchenschnitt.  Dazu kommen stille Reserven. So ist man auch für schwierige Zeiten gerüstet.

Schröder-Bank: Immobiliengeschäft zieht wieder an

Das Erbe einer Bank ist auch eine Herausforderung. „Nur der älteste Sohn arbeitet bei uns in der Bank, die Familie hat aber entschieden, nicht in die operative Führung der Bank einzusteigen“, sagt Spicke. „In diesem Prozess hat sich die Eigentümer-Familie nochmals intensiver und sehr detailliert mit der Otto M. Schröder Bank auseinandergesetzt und insbesondere auch im Vergleich gesehen, was sie an der Bank hat.“

Spincke arbeitet inzwischen mehr als zwei Jahrzehnte bei der Bank als Vorstand und ist inzwischen 73 Jahre alt. Zeit für eine Nachfolgelösung. „Wir suchen einen zweiten Vorstand für die Bank“, sagt Kistermann. „Wichtig ist, dass die Person nicht nur die obligatorischen Fähigkeiten mitbringt, sondern auch sehr gut zu unserer Kultur passt und der Vorstand somit weiterhin ein unternehmerisch handelndes Führungsduo darstellt.“

Schröder-Bank: Vermögende Kunden ab einer einer Million Euro werden beraten

Inzwischen zieht das Immobiliengeschäft der Bank wieder an. Das Geldhaus erwartet für 2024 bessere Ergebnisse als geplant. „Bei unseren Zwischenfinanzierungen für Immobilienvorhaben spüren wir inzwischen wieder eine Belebung des Marktes, auch weil wir unser Geschäft auf vergleichsweise gut funktionierende Märkte wie Hamburg und Berlin konzentrieren, wo es zudem einen großen Wohnungsmangel gibt“, sagt Kistermann.

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In der Vermögensverwaltung stellt sich die Bank weiter auf ein inflationäres Umfeld ein. „Neben ausgewählten Aktien, Fonds, Immobilien und Gold, die mehrheitlich in einem solchen Umfeld profitieren können, interessieren sich unsere Kunden auch für tendenziell knappe Anlagen wie Kunst, Edelsteine und Kryptowährungen“, sagt Kistermann.

In der Nische will sich die Schröder-Bank weiter eigenständig behaupten. Die rund 1000 vermögenden Kunden werden ab einer Einlage von einer Million Euro beraten. Volumen ist weder im Kreditgeschäft noch in der Vermögensanlage eine Zielgröße. Vielmehr will die Bank auch in schwierigen Marktphasen profitabel sein.