Hamburg. Otto M. Schröder wagt positive Prognose bei Häusern und Wohnungen. Für den Aktienmarkt sind die Experten allerdings eher skeptisch.
Beim Hamburger Bankhaus Otto M. Schröder hat man gute Gründe, den Immobilienmarkt sehr genau zu beobachten. Denn eines der beiden Geschäftsfelder des 1932 gegründeten Unternehmens besteht in der Vergabe von Zwischenfinanzierungen mit Laufzeiten zwischen einem Jahr und drei Jahren an professionelle Wohnimmobilieninvestoren in Hamburg und Berlin.
Mit dem rasanten Zinsanstieg im Jahr 2022, der die Preise für Wohnungen und Häuser deutlich sinken ließ, ist dies jedoch erheblich riskanter geworden. Allerdings sieht Helmuth Spincke, der Vorstandsvorsitzende der Bank mit knapp 40 Beschäftigten, inzwischen Licht am Ende des Tunnels: „Wir erwarten eine echte Wende am Immobilienmarkt für 2025.“ Allerdings werde es einige Jahre dauern, bis die Preise wieder das Spitzenniveau vom Frühjahr 2022 erreichen könnten.
Hamburger Bankhaus erwartet Immobilienmarkt-Wende für 2025
„Ungeachtet der Preisrückgänge in den vergangenen beiden Jahren sind die Mieten enorm gestiegen und sie werden weiter steigen“, sagt Spincke. „Damit lohnt es sich für Kapitalanleger jetzt immer mehr, wieder in Immobilien zu investieren.“
Tatsächlich beginne sich aktuell die Nachfrage wieder zu beleben. Das gleiche gelte für das Neugeschäft der Schröder-Bank. „Während die Bilanzsumme bis 2022 stetig zugenommen hat, ist sie im vorigen Jahr um gut zwölf Prozent gesunken, weil wir ganz bewusst nur noch sehr selektiv neue Finanzierungen abgeschlossen haben“, so Spincke.
Preise für Neubauten haben nur leicht nachgegeben
Während ältere Immobilien mit ungünstigen Energiewerten heute teils sehr viel niedriger bewertet werden als noch vor drei Jahren, haben die Preise für Neubauten – dem für die Schröder-Bank hauptsächlich relevanten Marktsegment – in Hamburg nach der Beobachtung von Spincke nur um fünf bis zehn Prozent nachgegeben.
Weil sich gleichzeitig aber das Wohnen insgesamt deutlich verteuert hat, sind nun vor allem kleine Wohnungen gefragt. „Dabei wird die Fläche, die früher als Zwei-Zimmer-Wohnung verkauft worden wäre, heute häufig auf drei Zimmer verteilt, denn viele möchten einen separaten Raum für das Home-Office“, sagt Spincke. „Der Trend zu immer mehr Fläche ist jedenfalls gebrochen.“
Auf dem platten Land sind Preise besonders stark gesunken
Aus der Sicht des Chefs der Schröder-Bank war es aus heutiger Sicht eine gute Entscheidung, im Immobilienfinanzierungsgeschäft nur auf die Städte Berlin und Hamburg und das engere Umfeld der beiden Metropolen zu setzen: „Auf dem ‚platten Land‘ sind die Preise zuletzt noch stärker gefallen als hier.“
Das zweite Tätigkeitsfeld der Bank neben den Zwischenfinanzierungen für die Wohnungswirtschaft ist die Wertpapierberatung für vermögendere Privatpersonen und Organisationen wie Stiftungen, Versorgungswerke und kirchliche Institutionen.
Rücksetzer am Aktienmarkt ist wahrscheinlich
Zwar ist die Schröder-Bank hier traditionell sehr aktienorientiert ausgerichtet. Dennoch lässt man sich von der Feierstimmung an der Börse mit zuletzt immer neuen Höchstständen im Deutschen Aktienindex (DAX) nicht anstecken. „Wir sind der Auffassung, dass die Märkte aktuell schon sehr ausgereizt sind“, sagt Vorstandsmitglied Norbert Kistermann. „Die Kurse sind von den Kennziffern her für uns nicht nachvollziehbar.“ Lediglich einzelne Sektoren, Unternehmen etwa aus den Bereichen Erneuerbare Energien, Künstliche Intelligenz oder Rüstung, profitierten zweifellos von einer „Sonderkonjunktur“. Insgesamt aber hält Kistermann einen „Rücksetzer“ von fünf Prozent im DAX in den nächsten Monaten für nicht unwahrscheinlich.
Nachdem es der Schröder-Bank im Jahr 2021 gelungen war, beim verwalteten Vermögen die Marke von einer Milliarde Euro zu knacken, ist das Volumen seitdem ungefähr konstant geblieben. Kistermann sieht nun aber „gute Möglichkeiten“, gerade von Organisationen wie Stiftungen, Versorgungswerken und kirchlichen Institutionen weitere Mittel hinzuzugewinnen. In diesem Zusammenhang will man das Team der Wertpapierberater von derzeit zehn Personen um zwei zusätzliche Positionen ausbauen.
Der Markt für Fachkräfte bei den Banken ist hart umkämpft
Ganz einfach ist es jedoch nicht, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diesen Bereich zu finden. „Wir merken schon, dass der Hamburger Markt sehr umkämpft ist“, so Spincke. In den vergangenen Monaten haben Wettbewerber hier entweder einen neuen Standort für die Betreuung vermögender Privatkunden und Stiftungen in der Hansestadt eröffnet oder sie vergrößern ihre bestehenden Teams. So hatte die Haspa angekündigt, für ihren Private-Banking-Bereich von rund 150 Beschäftigten bis zum Jahreswechsel 2024/2025 sogar 50 weitere Beraterinnen und Berater finden zu wollen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat die Schröder-Bank den Gewinn leicht auf 3,3 (3,2) Millionen Euro verbessert. Um die Refinanzierung breiter aufzustellen, bietet das Unternehmen seit Januar einen attraktiven Tagesgeldzinssatz von 3,5 Prozent an. Allerdings können Privatkunden, die das Angebot nutzen wollen, nicht direkt Kunde des Bankhauses werden. Einlagen von Neukunden sind nur über die Zinsplattform WeltSparen möglich.
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Nahezu alle Anteile an der Bank sind weiterhin im Familienbesitz – was in der Branche inzwischen eine Seltenheit geworden ist. Eines Tages könnte nach 22 Jahren auch wieder ein Mitglied der Gründerfamilie dem Vorstand angehören: Ein Enkel von Otto M. Schröder arbeitet seit etwa zwei Jahren in der Bank mit.