Hamburg. Der Stromversorger steigt ins Geschäft mit Wärmepumpen, PV-Anlagen und Wallboxen ein. Hinter welchen Firmen der Energieriese bereits steht.

Die meisten Kunden in Hamburg und Umgebung kennen Vattenfall vor allem als Stromlieferanten – schließlich sind die Schweden seit dem Kauf der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) vor mehr als 20 Jahren immer noch der Grundversorger in der Stadt. Doch im Zuge der Energiewende bietet der Konzern seinen fünf Millionen Kunden in Deutschland mittlerweile auch andere Dienstleistungen an wie etwa die Installation von Wärmepumpen, Solaranlagen oder Wallboxen zum Laden von E-Autos.

Das nötige handwerkliche Know-how und Personal kauft Vattenfall durch die Übernahme von entsprechend spezialisierten Betrieben ein – wie der Werner Harm GmbH in Hamburg-Bahrenfeld. Nach außen wird der Besitzerwechsel gar nicht sichtbar, was durchaus Absicht ist, weil die Schweden die oft über Jahrzehnte etablierten guten Namen der Betriebe weiter nutzen wollen.

Vattenfall kauft in Hamburg und Umgebung Handwerksbetriebe auf

Erst wenn man sich auf der Homepage die vielen Jobangebote der Firma Harm anschaut, findet man dort den Hinweis, dass es sich um „ein Unternehmen der Vattenfall Gruppe“ handelt. Das unterscheidet den Konzern von Konkurrenten wie dem Hamburger Start-up 1,5Grad, das im gleichen Segment durch den Zukauf von Handwerksbetrieben wächst, diese aber unter dem eigenen Namen weiterführt.

„Unsere mehr als fünf Millionen Kunden in Deutschland erwarten von uns heute nicht nur Strom- und Gasverträge, sondern Lösungen für die Energiewende zu Hause wie Wärmepumpen, PV-Anlagen, Stromspeicher oder Wallboxen“, sagte der Finanzchef von Vattenfall in Deutschland, Robert Zurawski, am Montag dazu und warb für das noch recht junge Angebot: „Wir koordinieren hier den gesamten Prozess von der individuellen Vor-Ort-Beratung bis zur technischen Installation der Anlagen.”

Firmen Werner Harm aus Hamburg und Meiners aus Glückstadt gehören schon zu Vattenfall

Bundesweit kooperiere Vattenfall bereits mit rund 150 Handwerksbetrieben und gliedere dabei einzelne in die Unternehmensgruppe ein, „um die Energiewende zu den Menschen zu bringen“, wie es heißt. Beispiele dafür seien die Firma Geosolar für den Großraum Berlin und eben Werner Harm in Hamburg. Ende 2023 hatte man bereits die Unternehmensgruppe Meiners aus Glückstadt mit ihren rund 80 Beschäftigten übernommen. Sie ist vor allem nordwestlich von Hamburg, zwischen Elmshorn und Itzehoe, eine etablierte Marke.

„In Zeiten des Fachkräftemangels und demografischen Wandels sind Handwerks- und Installationsexperten wertvoller denn je“, hatte Kai Schütz, Leiter dezentrale Energielösungen bei Vattenfall, damals erklärt. Schütz ist mittlerweile zusammen mit Jan-Peter Hagge auch Geschäftsführer der Werner Harm GmbH.

Trotz Trump-Triumph bei US-Wahl: Vattenfall investiert fünf Milliarden in Energiewende

Während die Bekämpfung des Klimawandels durch den Vormarsch von Rechtspopulisten wie dem neuen US-Präsidenten Donald Trump ausgebremst zu werden droht, setzt Vattenfall weiter voll auf das Thema Energiewende. Mehr als fünf Milliarden Euro wolle man bis zum Jahr 2028 allein in Deutschland, dem wichtigsten Markt des Unternehmens, investieren. „Deutschland ist der am schnellsten wachsende Markt für erneuerbare Energien in Europa“, sagte Zurawski.

„Deutschland ist der am schnellsten wachsende Markt für erneuerbare Energien in Europa.“

Robert Zurawski,
Finanzchef von Vattenfall in Deutschland

Der Strombedarf hierzulande werde bis 2030 voraussichtlich um 40 Prozent steigen und könnte sich bis 2045 sogar verdoppeln, erwartet der Vattenfall-Manager: „Für unser wachsendes Geschäft aus fossilfreier Erzeugung und Energiedienstleistungen sehen wir hier vielfältige Wachstumschancen.“ Das Unternehmen beschäftigt in Hamburg rund 1400 Mitarbeiter und steuert von hier aus große Teile seiner Geschäfte mit erneuerbaren Energien.

BASF kauft Strom aus Offshore-Windparks von Vattenfall

Die enormen Investitionen sollen in neue Windparks auf See und an Land, in Solarparks (auch solche, unter denen Landwirtschaft möglich ist, Stichwort „Agri-PV“) und in Pumpspeicherkraftwerke fließen, die überschüssigen Strom speichern können. Vattenfall betreibt bereits rund die Hälfte dieser Kraftwerke in Deutschland, darunter das in Geesthacht, und will diese „größte Batterie des Landes“ weiter ausbauen, unter anderem in Thüringen. Zudem wolle man 500 Millionen Euro in die Ladeinfrastruktur für E-Autos investieren und darüber Strom verkaufen.

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Zunehmende Bedeutung hätten auch „Strompartnerschaften“ mit großen Industrieunternehmen. So beteiligt sich BASF mit 49 Prozent an den Offshore-Windparks „Nordlicht 1“ und „Nordlicht 2“ nördlich von Borkum. Nach deren Fertigstellung 2028 nimmt der Chemieriese knapp die Hälfte des dort produzierten Stroms ab, um seine Fabriken am Laufen zu halten.

Vattenfall kauft Handwerksbetriebe in Hamburg und Umgebung auf

Mit dem Chemiekonzern Evonik und dem Stahlproduzenten Salzgitter, Großaktionär der Hamburger Kupferhütte Aurubis, hat Vattenfall ähnliche Vereinbarungen. Für Zurawski eine Win-win-Situation: „Strompartnerschaften bieten Erzeugern und industriellen Verbrauchern von erneuerbarem Strom gleichermaßen Investitionssicherheit, stabile Preise und Risikostreuung.“