Hamburg. Aufgenommene Kreditsumme steigt, aber monatliche Belastung aus der Finanzierungsrate sinkt um 500 Euro. Das sind die Hintergründe.

Für den Einzug in die eigenen vier Wände verschulden sich die Hamburger aktuell wieder deutlich stärker als in den vergangenen Monaten. Ein Grund können gesunkene Zinsen für die Finanzierung und wieder leicht steigende Immobilienpreise sein. Nach den Zahlen des Baugeldvermittlers Dr. Klein, die dem Abendblatt exklusiv vorliegen, nahmen die Hamburger im dritten Quartal 2024 im Schnitt 441.535 Euro für einen Immobilienkauf auf.

Verglichen mit dem zweiten Quartal 2024 gibt es damit einen Anstieg von 12,2 Prozent bei der Kreditaufnahme innerhalb von nur drei Monaten. Damals liehen sich die Hamburger 393.640 Euro für die Anschaffung von Wohnung oder Haus. Gegenüber dem Vorjahresquartal steigt die Kreditsumme um 2,4 Prozent.

Hamburger erreichen wieder höchste Kreditsumme seit dem Jahr 2021

Blickt man auf die Daten des jeweils vierten Quartals, so ist die aktuelle Kreditsumme der höchste Wert seit 2021. Damals, auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms, verschuldeten sich die Hamburger mit fast 500.000 Euro. Durch den anschließenden Zinsanstieg waren solche Beträge kaum noch finanzierbar.

Doch inzwischen hat sich die Lage grundlegend geändert. Die Zinsen für Immobilienfinanzierungen sind deutlich gefallen. Lagen die Konditionen vor einem Jahr noch bei über vier Prozent, so steht heute bei vielen Finanzierungsangeboten wieder eine Zwei vor dem Komma, wenn die Kreditnehmer eine zehnjährige Zinsbindung wählen.

Zinsen für Immobilienkredite wieder unter drei Prozent

Bei einem angenommenen Kaufpreis von 600.000 Euro lassen sich die rund 442.000 Euro Kredit zu einem Zins von knapp drei Prozent finanzieren. Der Baugeldvermittler Interhyp bietet einen Zinssatz von 2,83 Prozent, ebenso die BB-Bank, die eine Filiale in Hamburg unterhält. So lässt sich die Kreditsumme von 441.535 Euro mit einer monatlichen Kreditrate von knapp 1600 Euro finanzieren. Unterstellt ist dabei eine anfängliche Tilgung von 1,62 Prozent, der Durchschnittswert für die Hamburger.

Die Hamburger sparen nun bei der Finanzierung ihrer Immobilie rund 500 Euro im Monat, als wenn sie vor einem Jahr abgeschlossen hätten. Obwohl damals rund 10.000 Euro weniger Kredit im Schnitt aufgenommen wurden, lag mit Monatsrate aus Zinsen und Tilgung wegen der deutlich höheren Zinsen bei rund 2100 Euro. Das zeigt, wie sich die Rahmenbedingungen für die Finanzierung einer Immobilie verbessert haben.

Hamburger „sparen“ bei der Tilgung ihrer Immobilienkredite

Doch es gibt neben den gesunkenen Zinsen wegen niedrigerer Inflationsraten und schwacher Konjunktur noch einen anderen Grund für diese Entwicklung. Die Hamburger „sparen“ bei der Tilgung. Sie drücken die anfängliche Tilgung des Kredits so weit wie möglich nach unten, denn Zinshöhe und Tilgungsrate bestimmen die monatliche Finanzierungsrate.

So liegt die aktuelle Tilgungsrate der Hamburger im Schnitt bei 1,62 Prozent. Im dritten Quartal 2020, als die Zinsen für Immobilienkredite noch bei weniger als einem Prozent waren, betrug dieser Wert noch 2,56 Prozent und ist seitdem immer weiter gesunken. Einige Banken sind inzwischen auch mit einer anfänglichen Tilgung von nur einem Prozent einverstanden.

Nach drei Jahrzehnten Abzahlen noch immer knapp 100.000 Euro Restschuld

„Doch je geringer die Tilgung ist, desto länger dauert die Abbezahlung des Kredits“, sagt Dirk Scobel, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. Von den rund 442.000 Euro Immobilienkredit der Hamburger verbleibt nach zehn Jahren Zinsbindung noch eine Restschuld von rund 350.000 Euro.

Mehr zum Thema

Geht man von unveränderten Zinskonditionen aus und hält die Finanzierungsrate stabil bei 1600 Euro im Monat, wäre nach weiteren zehn Jahren immer noch eine Restschuld von 243.000 Euro vorhanden. Auch nach einem dritten Jahrzehnt mit einer monatlichen Rate von 1600 Euro wären immer noch knapp 95.000 Euro Restschuld vorhanden.

Eigenkapital kommt aus Schenkungen und vorgezogenem Erbe

Das zeigt, wie gefährlich hohe Kreditsummen sein können, wenn nicht über Sondertilgungen, etwa aus Erbschaften, Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Schuldenstand während der Laufzeit stärker reduziert wird. Eventuell steigende Zinsen nach der ersten Zinsbindung sind in diesem Szenario noch gar nicht berücksichtigt. Die Zinsen bleiben unverändert, nur die Tilgungsrate fällt immer höher aus.

Angenommen wurde ein Kaufpreis von 600.000 Euro, keine ungewöhnlich hohe Summe für Hamburg. Und bei einem Kreditbetrag von rund 442.000 Euro waren also immerhin 158.000 Euro Eigenkapital plus die Erwerbsnebenkosten vorhanden. Das ist schon eine komfortable Ausstattung mit Eigenkapital.

Wo kommt das Geld her? „Ob Schenkung, vorgezogenes Erbe oder ein Kredit von den Eltern mit Rückzahlungsvereinbarung: In der Praxis beobachte ich vermehrt die Tendenz, dass junge Käufer viel finanzielle Rückendeckung von der Verwandtschaft erhalten“, sagt Björn Pätzold vom Baugeldvermittler Dr. Klein. „Sich Unterstützung aus dem familiären Umfeld zu holen ist ohne Zweifel eine der besten Optionen, um die Eigenkapitalquote zu erhöhen“, sagt der Experte.