Hamburg. Die Erdnusssauce aus Hamburg scheitert in der „Höhle der Löwen“. Was die Gründer hinter dem Produkt über ihren TV-Auftritt sagen.
„Es war ein Gefühl, als hätte man mir fünfmal hintereinander ganz doll in den Bauch geboxt“, sagt Valentina Heuschmidt. Ihr Kompagnon Maximilian Arntzen hat ganz ähnliche Erinnerungen an den 25. Januar 2024. Es war der Tag, an dem die Gründer des Hamburger Start-ups mySuperFruits in einem Kölner TV-Studio waren. Dort wurde der Auftritt der beiden in der Show „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) aufgezeichnet. Ihr Ziel: einen Investor zu finden, der ihrer Erdnusssauce namens Karanga zum Durchbruch in deutschen Supermärkten verhilft. Ihr Angebot: 70.000 Euro für 10 Prozent der Firmenanteile.
„Die Höhle der Löwen“: Kein Deal mit Ralf Dümmel, aber Karanga begeistert Rewe und Edeka
Wie es „Valli“ und „Max“, wie sie sich gegenseitig nennen, dabei erging, war am Montagabend im Fernsehsender Vox zu sehen: kein Deal. Die Karanga-Macher bekamen zwar jede Menge Lob und Komplimente für den Geschmack der Sauce. Doch danach kamen die Absagen von Janna Ernstthaler, Carsten Maschmeyer und Judith Williams. Auch der Handelsexperte Ralf Dümmel wollte nicht einsteigen. Begründung: Er habe bereits Saucen-Start-ups im Portfolio. Tilman Schulz, der Spezialist für Food-Produkte in der Löwen-Höhle, war ebenfalls raus. Der Tenor der Absagen: zu teuer, von Konkurrenten zu leicht nachzuahmen.
„Wenn man davon überzeugt ist, ein ganz tolles Produkt zu haben, ist das schon bitter“, sagt Heuschmidt (37). „Ich hatte im Studio Watte im Kopf, wollte noch überzeugende Argumente bringen, aber die fielen mir gar nicht mehr ein“, erinnert sich Arntzen (34). Nach der Pleite im DHDL-Studio sei es ihnen drei Tage lang mental nicht so gut gegangen.
„Höhle der Löwen“: Diese Supermärkte verkaufen die Erdnusssauce aus Hamburg
Sieben Monate später ist die Enttäuschung verflogen. Vor allem wohl, weil sich gerade zeigt, dass Karanga auch ohne die Hilfe eines „Löwen“ Chancen hat, sich in den Saucenregalen der großen Supermarktketten zu etablieren. „Wir haben gerade die Listung bei Kaufland bekommen, das sind von Oktober an noch einmal 350 Märkte zusätzlich“, sagt Valentina Heuschmidt.
Auch bei Edeka sei die sogenannte Quetschflasche mit 250 Milliliter (276 Gramm) Inhalt bereits präsent. In etwa 150 Märkten in der Nordhälfte der Republik. In Hamburg gehören unter anderem Edeka in der Rindermarkthalle und die Niemerszein-Filialen dazu. „Bei Rewe sind wir bundesweit gelistet“, sagt Arntzen – was allerdings nicht bedeutet, dass Karanga in jeder Filiale vorhanden ist. Doch es seien deutschlandweit etwa 1000. Tendenz steigend, heißt es.
All dies nahm seinen Anfang durch einen geradezu skurrilen Zufall. Die studierte Betriebswirtin, aufgewachsen in einer Heidelberger Eisdiele und mit reichlich Erfahrung im Ausland und als Angestellte bei NGOs wie Brot für die Welt, traf bei einem Vierer-Abend auf St. Pauli erstmals auf Arntzen. Der hat ein abgeschlossenes Grafikstudium an der Hochschule für bildende Künste und eine Jugend in Hamburg und Glinde. Schnell stellte sich bei der Miniparty heraus: Beide waren gerade mit jungen Firmen am Start, die auf dasselbe Produkt setzten – Leggins.
„Seitdem machen wir geschäftlich alles gemeinsam“, sagt Arntzen. Die Leggins-Start-ups sind nicht mehr aktiv, „Valli“ und „Max“ gründeten mySuperFruits und belieferten Firmen, die nett zu ihren Beschäftigten sein wollen, mit Nussrationen fürs Büro im Abonnement. Dann kam Corona, und das Geschäftsmodell war praktisch tot.
Karanga: Die Sauce ist fast Erdnuss pur
Doch gerade noch rechtzeitig erinnerte Arntzen sich, dass er Jahre zuvor beim Besuch der Familie seines Großvaters in Uganda die dort weitverbreitete Erdnusspaste kennen- und schätzen gelernt hatte, die in Afrika bei der Zubereitung von Saucen verwendet wird. „Ich habe gesagt: Entweder machen wir diese Erdnusssauce, oder wir machen pleite.“ Gut 50 Rezeptexperimente und eine wegen Überlastung abgerauchte Küchenmaschine später stand das Produkt: 86 Prozent Erdnüsse, geröstetes Erdnussöl, Rapsöl, Reis- und Kokosblütensirup, Salz und Sesam. In der ugandischen Landessprache heißt Erdnuss „Karanga“. Ende Dezember 2021 nahm als erster Supermarkt Edeka Heitmann an der Hoheluftchaussee die Sauce ins Sortiment.
Viele der Zutaten sind bio, die Produktion übernimmt eine Firma bei Hamburg. Die Erdnüsse kommen allerdings zumeist nicht aus Afrika. „Dort haben sie einen für europäische Gaumen ungewohnten Geschmack“, weiß „Max“. Die unverbindliche Preisempfehlung von 5,99 Euro pro Viertelliter ist allerdings ambitioniert. Größere Flaschen mit Chili- oder süßsaurer Asia-Sauce kosten meist kaum die Hälfte.
5,99 Euro für einen Viertelliter – der Preis ist ambitioniert
Der Preis war es auch, an dem ein Deal in der „Höhle der Löwen“ scheiterte. Tilman Schulz gab Karanga nur dann eine Chance, wenn die Sauce im Handel 1,99 Euro, maximal 2,49 Euro kostet. „Dann hätten wir große Zugeständnisse beim Rezept machen müssen. Das wollten wir nicht“, sagt Valentina Heuschmidt. Außerdem geht ein Teil des Ertrags jeder Flasche an die Organisation „Hand in Hand 4 Africa“, die Kinder in Namibia unterstützt.
Eine andere Hürde neben dem hohen Preis: Erdnusssauce hat hierzulande kein klares Profil. Sie geht zu Süß und zu Herzhaft, zum Kochen, Grillen, Braten, Würzen, Backen, Garnieren und eigentlich zu allem am Morgen, Mittag, Abend. Während Saté, die andere Sauce auf Erdnussbasis, klar mit gegrilltem Geflügelfleisch verbandelt ist, fehlt Karanga eine solche eindeutige Zuordnung bislang. „Es ist eben ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt“, sagt Valentina Heuschmidt.
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In diesem Jahr seien bislang 70.000 Flaschen produziert worden, zwei Chargen von je 50.000 sollen noch folgen. Auch um den Bestellboom bedienen zu können, der nach der Show erfahrungsgemäß losbricht. Zum Leben reichen die Einnahmen noch nicht. Die zweifache Mutter lebt mit der Familie inzwischen in der Schweiz, arbeitet drei Tage pro Woche als Lehrerin in einer Inklusionsschule. „Bei mir geht es langsam los mit Geldverdienen“, sagt Arntzen.
„Höhle der Löwen“: Bald kommen drei neue Varianten von Karanga
Und dann sind da noch die Pläne für neue Produkte. Ab Oktober soll es von Karanga neben dem Standardprodukt pur auch die Varianten scharf, würzig und süß geben. Im nächsten Jahr dann Saucen auf Basis anderer Nusssorten. Das allein zu stemmen wird für die beiden Gründer, denen jeweils die Hälfte der Firma gehört, wohl nicht einfach. „Valli“ Heuschmidt sagt: „Wir sind auf der Suche nach einem Investor.“