Hamburg. Burchardkai soll bis Ende 2025 effizientestes Containerterminal in Europa werden. HHLA-Chefin Titzrath: „Sind auf der Zielgeraden“.
Das Umfeld ist perfekt. Es ist warm und wolkenlos. Der tiefblaue Himmel spiegelt sich in den Wellen der brackigen Elbe. Ein guter Tag für große Ankündigungen. Ausgestattet mit großer Armani-Sonnenbrille besteigt die Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Angela Titzrath, in der Speicherstadt die kleine Hafenbarkasse. Mit dabei ist der operative Vorstand der HHLA, Jens Hansen.
Die Stimmung unter den mitfahrenden Journalisten ist gelöst, aber auch erwartungsvoll. Eine Woche vor der endgültigen Abstimmung der Bürgerschaft über die umstrittene Beteiligung der Schweizer Reederei MSC an der HHLA will der Vorstand des Hafenkonzerns sein Umbauprogramm zur Automatisierung des Containerterminals Burchardkai (CTB) vorstellen.
HHLA investiert weitere 1,7 Milliarden Euro in den Hafenausbau
Die Digitalisierung des größten und ältesten Hamburger Umschlagterminals, die vor fünf Jahren begann, befinde sich auf der Zielgeraden, sagt Titzrath durch das Bordmikrofon. „Wir werden noch einmal 300 Millionen Euro in den Umbau des CTB investieren. Das Programm soll Ende 2025 abgeschlossen sein.“
Insgesamt habe die Hamburger Hafen und Logistik AG in den vergangenen fünf Jahren 1,1 Milliarden Euro in die Hafenlogistik, also die Terminals, die Internationalisierung und den Ausbau des Hinterlandnetzwerks investiert. Bis 2028 sollen weitere 1,7 Milliarden Euro folgen, betont Titzrath. Als automatisierter Container-Hub soll der CTB ein wichtiger Bestandteil des europäischen Netzes der HHLA sein.
HHLA-Chefin zieht kurze persönliche Bilanz
Zuvor zieht die Konzernchefin eine kurze persönliche Bilanz: Zwei wichtige Entscheidungen habe sie getroffen, als sie 2017 zur HHLA gekommen sei, sagt Titzrath. Die eine sei es gewesen, das Unternehmen stärker zu internationalisieren. Mit den zusätzlichen Standbeinen in den Häfen der estnischen Hauptstadt Tallinn 2018 und dem italienischen Triest 2021 sei das gelungen.
Die zweite Entscheidung sei der Aufbau eines starken Hinterlandnetzwerks gewesen, um die Ladung, die im Hafen ankommt, per Schiene weiter in Europa zu verteilen. Auch das sei eingetreten. Die Bahntochter der HHLA, Metrans, erwirtschaftet inzwischen fast die Hälfte des HHLA-Umsatzes. In Europa wachsen vielerorts neue Containerbahnhöfe der HHLA. In diesem Jahr kommen zwei weitere Terminals in Serbien und zwei in Ungarn hinzu.
Hamburgs Konkurrenzhäfen sind effizienter
Und dann gibt es noch die Automatisierung der Hafenterminals. Das ist weniger eine bewusste Entscheidung als vielmehr eine Notwendigkeit, wenn die HHLA überleben will. Denn die Konkurrenzhäfen in Rotterdam und Antwerpen schlafen nicht. Sie treiben die Automatisierung genauso voran und haben in Sachen Effizienz und Umschlaggeschwindigkeit dem Containerterminal Burchardkai den Rang abgelaufen.
Die Barkasse bringt die kleine Delegation nach Waltershof. Dort steigen HHLA-Vorstand und Journalisten in einen Bus, der direkt auf das Terminal fährt. „Machen Sie sich auf etwas gefasst. Wir werden gleich den Fuß in die Zukunft setzen“, sagt Titzrath. Der Umbau des Terminals Burchardkai sei das derzeit größte sogenannte Brownfield-Projekt der Branche in Europa. Das bedeutet, dass Innovationen im laufenden Betrieb in die bestehende Terminalstruktur integriert werden.
Fahrerlose Transportfahrzeuge bringen Container ins Lager
Im Kern wird der horizontale Containertransport umgestellt: Nach dem Vorbild des Terminals Altenwerder sollen statt bemannter Hubwagen, Van-Carrier genannt, künftig fahrerlose Transportfahrzeuge die Container, die vom Schiff abgeladen werden, in die inzwischen automatisierten Blocklager bringen. Die vom Schiff gelöschten Container werden auch nicht mehr wie bisher an der Kaikante abgesetzt, sondern direkt auf die Transportroboter verladen. Komplette Arbeitszwischenschritte fallen damit weg und machen die Schiffsabfertigung schneller und effizienter.
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Die sogenannten Automated Guided Vehicles (AGV) werden wie der Rest des Terminals durch Strom aus erneuerbaren Energien angetrieben. Das Blocklager zum Abstellen der Container läuft ebenfalls automatisiert. Drei Kräne pro Lagerblock – mehr als in Rotterdam und Antwerpen, wo nur zwei Kräne pro Lagerblock arbeiten – fahren übereinander und untereinander hindurch und stapeln bis zu sechs Stahlboxen aufeinander.
Der Geschäftsführer des CTB, Ingo Witte, ist zugestiegen. Er zeigt, woran man derzeit konkret arbeitet. Vorne an der Kaikante kommen zwei riesige Containerbrücken hinzu, die die weltgrößten Frachter problemlos löschen können. Am Ende werden es an den drei Großschiffsliegeplätzen 18 Kräne sein.
Neues Blocklager hat doppelt so viele Kapazitäten
Das neue Blocklager dahinter ist fast fertig. Die letzten Kräne werden gerade in Betrieb genommen. Da Container höher und enger gestapelt werden, hat es fast doppelt so viele Kapazitäten wir das alte Lager. Dahinter liegt der Güterbahnhof, der inzwischen von fünf auf zehn Gleise angewachsen ist.
An der Kaikante steht eine Landstromanlage der Hamburg Port Authority, die noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden soll. Davor ist die Testfläche, auf der die fahrerlosen AGVs leise ihre Runden drehen. Sobald die Testphase abgeschlossen ist, sollen sie nach und nach den Containertransport auf dem Terminal übernehmen.
Hafenarbeiter der HHLA bangen um ihre Jobs
Bei der Belegschaft sorgt das natürlich für Unruhe, trotz einer Betriebsvereinbarung, die die HHLA mit dem Betriebsrat geschlossen hat. Am Ende werde mindestens 180 Van-Carrrier-Fahrer ihren Job verlieren. Titzrath beruhigt: Wir werden sie weiterqualifizieren und in anderen Bereichen einsetzen. Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen.“
Dann ist die Vorführung vorbei. „Wenn wir hier fertig sind, werden wir das effizienteste und modernste Terminal in Europa haben“, sagt Titzrath abschließend. Es klingt ein wenig wie Trotz. Denn in den vergangenen Wochen hat sich die Diskussion im Zusammenhang mit dem Einstieg der Reederei MSC mehr darum gedreht, dass man einen strategischen Partner braucht, um die HHLA flottzumachen.
Braucht die HHLA MSC also gar nicht? Darauf geht Titzrath nicht weiter ein. „Das ist eine politische Entscheidung, die die Bürgerschaft zu treffen hat. Wir sind vorbereitet und haben unsere Aufgaben erledigt“, sagt die Vorstandschefin.