Hamburg. 40 Prozent der Ausbildungsplätze bislang nicht besetzt. Für einige Berufe gibt es genug Nachwuchs, andere suchen händeringend Azubis.
Von den mehr als 10.000 angebotenen Ausbildungsplätzen in Hamburg konnten gut 40 Prozent bislang nicht besetzt werden. Wie die Arbeitsagentur Hamburg auf Abendblatt-Anfrage mitteilte, hätten sich mit Stand 31. Juli auf exakt 10.028 Lehrstellen nur 6482 Bewerber und Bewerberinnen gemeldet. Da nicht jede Bewerbung auch erfolgreich ist, seien noch 4171 Ausbildungsplätze unbesetzt gewesen.
Immerhin: Mit 41,5 Prozent unbesetzten Lehrstellen steht Hamburg aktuell etwas besser da als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, als noch 47,4 Prozent der Stellen frei waren. Im zurückliegenden Ausbildungsjahr 2023/2024 konnten laut einer Untersuchung der Industrie- und Handelskammern (IHK) bundesweit sogar 49 Prozent aller Ausbildungsbetriebe nicht alle Plätze besetzen – ein neuer Rekordwert. Besonders betroffen seien die Industrie, das Gastgewerbe, der Handel, die Verkehrsbranche und das Baugewerbe.
Ausbildung Hamburg: In diesen Berufen sind die meisten Plätze frei
Auch in Hamburg gibt es nur noch wenige Branchen, in denen die Zahl der Bewerber die der angebotenen Stellen übersteigt: Bei den Medizinischen Fachangestellten (MFA) kommen zum Beispiel 464 Bewerberinnen und Bewerber auf 330 Ausbildungsplätze. Auch bei den Kfz-Mechatronikern (342 zu 153) gibt es einen deutlichen Überschuss, ebenso bei Fachinformatikern (241 zu 129), Friseuren (143 zu 63), Tischlern (132 zu 29), Immobilienkaufleuten (103 zu 53) und Kosmetikern (95 zu 14).
Viele andere Berufe sind dagegen von Nachwuchssorgen geprägt: Bei den Einzelhandelskaufleuten kommen zum Beispiel auf 984 gemeldete Berufsausbildungsstellen nur 278 Bewerber und Bewerberinnen. 467 Lehrstellen waren Ende Juli noch unbesetzt. Auch wer Verkäufer (347 freie Ausbildungsplätze), Handelsfachwirt (202 freie Stellen), Bürokaufmann (162) oder Fachkraft für Lagerlogistik (138) werden möchte, hat noch Chancen auf einen Ausbildungsplatz.
Sogar Mechatroniker und MFA werden noch gesucht
Sogar bei den beliebten Berufen mit Bewerber-Überschuss wie Kfz-Mechatroniker (47 freie Lehrstellen) oder MFA (83) gibt es noch Vakanzen, da eben nicht jede Bewerbung auch zu einer Anstellung führt. Wie Reinhold Wellen, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Hamburg, sagte, hatten Ende Juli von den 6482 gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern erst 1798 ihren Anschluss gefunden.
Dass der 1. August als klassischer Start für die betriebliche Ausbildung verstrichen ist, heißt nicht, dass nun keine Stellen mehr besetzt werden: „Die Auswahlverfahren laufen wie jedes Jahr noch bis in den Oktober hinein“, so Wellen. „Bei den freien Plätzen sind wir uns sicher: Da geht noch was! Die heiße Phase sind jetzt die zwei kommenden Monate. Wer noch sucht, kann jetzt loslegen und die Chance nutzen, um durchzustarten.“
Bis zum Herbst ist noch Bewegung bei den Ausbildungsverträgen
Auch die Kammern erwarten bis in den Herbst hinein noch viel Bewegung bei den Ausbildungsverträgen. So gab es in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Hamburg (www.lehrstelle-handwerk.de) zum Ausbildungsstart noch 579 freie Lehrstellen für dieses Jahr und bereits 781 für 2025. Mit insgesamt 1360 freien Ausbildungsplätzen hatten die Handwerksbetriebe Ende Juli 16,9 Prozent mehr Stellen in der Onlinebörse eingetragen als ein Jahr zuvor.
Auch aus der Handelskammer heißt es, dass noch „viel Dynamik“ im Bereich Ausbildung sei. Ende Juli seien in der bundesweiten Lehrstellenbörse für Hamburg noch 935 freie Stellen verzeichnet gewesen: Ganz oben standen 82 freie Lehrstellen für Einzelhandelskaufleute, gefolgt von je 75 im Groß- und Außenhandel sowie für Bankkaufleute. Angeboten wurden auch noch 40 Ausbildungen zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, 34 Lehrstellen für Verkäufer und 29 für Fachlageristen.
Kammern und Stadt werben für die duale Ausbildung
Bis zum 13. August waren davon zwar nur noch 391 Ausbildungsplätze übrig, doch das müsse nicht bedeuten, dass diese nun alle besetzt sind, erklärte ein Sprecher der Kammer. Denn viele Unternehmen würden ihre freien Stellen nur befristet bis zum 31. Juli melden – danach fallen sie automatisch aus dem System, auch wenn kein geeigneter Bewerber oder eine Bewerberin gefunden wurde.
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Grundsätzlich sei die Lage mit dem Vorjahr vergleichbar, so die Kammer. „Damals wie heute gilt: Viele Unternehmen können ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen.“ Daher setzen sich die Kammern ebenso wie die Stadt und die Arbeitsagentur über ihre Jugendberufsagentur dafür ein, die Akzeptanz der dualen Ausbildung gegenüber dem Studium wieder zu erhöhen.