Hamburg. Mehr Interessenten an Eigenheimen, mehr Kaufverträge. Exklusive Umfrage deutet auf Marktbelebung hin. Branche etwas optimistischer.
Es ist auch eine gute Nachricht für Haus- und Wohnungsbesitzer in Hamburg, die in den vergangenen zwei Jahren einen massiven Wertverfall ihres Grundbesitzes erleben mussten. Und für Immobilienbesitzer, die über kurz oder lang verkaufen möchten und fürchten müssen, weniger zu erlösen als erhofft: Am Hamburger Immobilienmarkt zeichnet sich zwei Jahre nach Ausbruch der Immobilienkrise eine Belebung ab. Es werden wieder mehr Immobilienkäufe beurkundet, die Vermarktungszeiten haben sich verkürzt, und selbst ältere Immobilien finden wieder mehr Interessenten.
Auch die Verkaufspreise beginnen sich zu stabilisieren. Der Preisrückgang hat sich verlangsamt, ist aber noch nicht gänzlich gestoppt. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage des Immobilienverbandes IVD Nord unter Hamburger Maklern, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt. Mehr als 60 Immobilienvermittler gaben dabei ihre Einschätzung zur Entwicklung des Marktes in den vergangenen sechs Monaten ab.
Preisverfall bei Immobilien schon gestoppt? So sehen Hamburgs Makler die Lage
„Wir sehen erste Tendenzen zur Normalisierung der Lage, und bei den Preisen zeichnet sich eine Bodenbildung ab“, sagt Anika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des Vorstandes des IVD Nord. Die Einschätzung der Makler zur Preistendenz habe sich gegenüber der Umfrage zuvor – Ende 2023 – deutlich verbessert.
Wenn man das aus dem Blickwinkel der Verkäufer sieht, die möglichst hohe Verkaufspreise erzielen wollen. Solange die Preise stark fallen, halten sich auch potenzielle Käufer weitgehend zurück und hoffen auf weitere fallende Preise. Inzwischen aber kommen zu Besichtigungen wieder mehr Interessenten, heißt es in der Branche. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft kommt in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie sogar zum Ergebnis, die Trendwende bei den Preisen sei bereits eingeläutet. So seien Eigentumswohnungen in Hamburg im zweiten Quartal 4,3 Prozent teurer gewesen als im Vorquartal.
Immobilien Hamburg: Preise von Eigentumswohnungen fallen weniger stark
Dagegen berichten 72 Prozent der Makler weiterhin von fallenden Preisen bei Eigentumswohnungen, Einzel-, Doppel und Reihenhäusern (siehe Grafik) aus dem Bestand. Vor einem halben Jahr gaben aber 91 Prozent diese Einschätzung ab. Ein wachsender Teil der Vermittler sieht jetzt gleichbleibende Preise bei ihren Verkaufsobjekten. Im Januar kamen weitaus weniger zu dieser Einschätzung. Nur drei Prozent der Makler sprechen bereits von steigenden Preisen für Bestandswohnungen.
Auch das Ausmaß der Preisrückgänge hat sich deutlich verringert. Sprachen im Januar 2024 bei Eigentumswohnungen noch 29 Prozent der Makler von Preisrückgängen von mehr als 20 Prozent, so sehen das in der aktuellen Umfrage nur noch 14 Prozent der Vermittler so. Preisrückgänge von zehn bis 20 Prozent sehen unverändert 48 Prozent der Experten. Preisrückgänge bis zehn Prozent sehen aktuell 38 Prozent der Befragten, zu Jahresbeginn waren es nur 23 Prozent.
Makler: Viele Verkäufer haben zu hohe Preisvorstellungen
Ob Eigentumswohnung oder Haus: Die Preisfindung, um Käufer anzulocken, ist jetzt schwieriger als vor drei Jahren. „In den letzten 24 Monaten gab es nur sehr wenige Verkäufe zu ganz anderen Preisen, während die Makler zuvor immer von steigenden Preisen ausgehen konnten“, sagt Schönfeldt-Schultz.
Obwohl in den Medien viel über sinkende Kaufpreise berichtet wird, glauben nach wie vor nur wenige potenzielle Verkäufer, dass das auch für ihr Eigenheim gilt. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Makler sagen, dass die Situation auf dem Markt den Verkäufern immer noch nicht bewusst sei. Gegenüber dem Januar hat sich dieser Wert nur geringfügig reduziert.
„Viele beziehen die Preisentwicklung nicht auf ihre eigene Immobilie“, sagt Schönfeldt-Schulz, denn beim eigenen Haus gehe es um sehr viel Psychologie. „Es gibt eine nostalgische Wahrnehmung der eigenen Immobilie und die Erinnerung an den ehemaligen Nachbarn, der sein Haus vor zwei, drei Jahren noch zu einem hohen Preis verkauft hat.“ Auch Modernisierungen am Haus, die schon vor ein oder zwei Jahrzehnten erfolgten, würden von den Besitzern so wahrgenommen, als sei das erst vor Kurzem geschehen.
Es werden wieder mehr Eigentumswohnungen verkauft
Bei Eigentumswohnungen gebe es mehr Verkaufsabschlüsse als vor einem halben Jahr, heißt es. Ein Käufer könne binnen sechs Monaten gefunden werden, sagen 67 Prozent. Zuvor waren es nur 55 Prozent. Mittlerweile 14 Prozent der Experten berichten von einer steigenden Zahl notarieller Kaufbeurkundungen. Vor einem halben Jahr kamen lediglich zwei Prozent zu dieser Einschätzung.
Bei Einfamilienhäusern sind die großen Preisrückgänge vorbei
Auch bei Einfamilienhäusern zeigen sich der Umfrage zufolge erste Anzeichen für eine Preisstabilisierung. Zwar sehen 72 Prozent der Makler weiterhin fallende Preise. Doch die ganz großen Preissprünge nach unten scheinen vorbei zu sein. Nurmehr ein Viertel (im Januar die Hälfte) der Makler sieht bei den von ihnen vermittelten Objekten Rückgänge im Bereich von zehn bis 20 Prozent. Und auch Einfamilienhäuser verkaufen sich wieder schneller. 55 Prozent der Objekte finden binnen sechs Monaten einen Käufer. Vor einem halben Jahr war das nur ein gutes Drittel (35 Prozent) der Häuser.
Interesse an Immobilien mit älterem Baujahr wächst wieder
Gleichzeitig wächst auch das Interesse der Käufer an Immobilien mit älteren Baujahren. Die Gebäude mit schlechter Energieeffizienz haben etwas ihren Schrecken verloren. Zwar ist rund jeder vierte Kaufinteressent auf der Suche nach einem Neubau, der Anteil ist höher als im Januar. Aber wie gut oder wie schlecht das Haus gedämmt ist, steht etwas weniger stark im Vordergrund bei einer Kaufentscheidung, so der Eindruck der Makler.
„Es gibt wieder mehr Käufer, die sich ein älteres Haus zutrauen“, sagt Peter-Georg Wagner, Geschäftsführer des IVD Nord. Allerdings müssen dann zum Kaufpreis noch zusätzliche Sanierungskosten von 1000 Euro bis 1500 Euro pro Quadratmeter kalkuliert werden. Dass die Nachfrage zunimmt, zeigt sich auch daran, dass weniger Makler von einem Angebotsüberhang sprechen. Es sind jetzt 62 Prozent im Vergleich zu 78 Prozent im Januar 2024.
Immobilien Hamburg: Große Preissprünge nach oben erwartet die Maklerchefin nicht
Am stärksten werden Häuser mit einer Wohnfläche von 110 bis 125 Quadratmetern nachgefragt. Zu dieser Einschätzung kommen fast 90 Prozent der Makler, und zu 93 Prozent konzentriert sich die Nachfrage auf normale und gute Lagen. Das Interesse der Hauskäufer an äußeren Stadtlagen und sehr guten Lagen hat im Vergleich zum Januar noch einmal abgenommen.
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Wie geht es jetzt weiter am Hamburger Immobilienmarkt? „Wir werden eine weitere Normalisierung der Lage sehen, aber große Preissprünge nach oben sehe ich nicht“, sagt Schönfeldt-Schulz. „Dazu müssten die Zinsen für Immobilienkredite deutlich fallen.“ IVD-Nord-Geschäftsführer Wagner ergänzt: „Die Faktoren, die zum Umbruch am Immobilienmarkt geführt haben, sind noch da. Steigende Baukosten, höhere Finanzierungszinsen, Kriege und wirtschaftliche Unsicherheit im Inland.“ Das führe dazu, dass langfristige Investitionen wie ein Immobilienkauf nur sehr vorsichtig getätigt würden.