Hamburg. Die Tarife ziehen bereits an – und es dürfte für Kunden noch schlimmer kommen. Das Abendblatt gibt Tipps, wie man bis zu 680 Euro spart.
Bei den hochsommerlichen Temperaturen denken die meisten Hamburger wahrscheinlich nicht an ihren Gastarif. Doch die Entwicklung an den Beschaffungsmärkten zeigt, Gas könnte im kommenden Winter wieder teuer werden.
Wer also nicht langfristig an einen Anbieter gebunden ist, etwa weil er in der Grundversorgung von E.on steckt, sollte sich jetzt noch einen günstigen Tarif für die nächste Heizperiode sichern. So lassen sich noch knapp 700 Euro im Jahr gegenüber der Grundversorgung sparen.
Gasanbieter in Hamburg: Seit dem Ende der Heizperiode steigt der Gaspreis
Bisher lebten die Verbraucher mit der Tatsache, dass die schlimmsten Auswirkungen der Energiekrise, ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, überwunden sind. Denn von September 2022 bis zum März 2024 fielen die Verbraucherpreise für Gas deutlich. Doch mit dem Ende der Heizperiode 2023/24 zeichneten sich wieder gegensätzliche Entwicklungen ab.
So verteuerte sich der Durchschnittspreis für die Kilowattstunde (kWh) Erdgas bei einem Neuabschluss von 9,8 Cent pro kWh im März auf 11,54 Cent/kWh im Juli, wie Daten des Vergleichsportals Verivox zeigen. Das ist ein Anstieg von 18 Prozent in wenigen Monaten, der die Energierechnung – bei einem Verbrauch von 20.000 kWh – um rund 350 Euro im Jahr verteuert.
An den Beschaffungsmärkten wurde Gas um 50 Prozent teurer
Noch schlägt der Preisanstieg an den Beschaffungsmärkten nicht ungebremst auf die Verbraucher durch, denn dort ist im gleichen Zeitraum der Preis für die Megawattstunde Erdgas um rund 50 Prozent auf 36,85 Euro gestiegen. Aus den Erfahrungen der Energiekrise dürften sich die Gasanbieter jetzt eher mit langfristigen Verträgen eingedeckt haben. Wer als Großhändler jetzt Erdgas zur Lieferung im Dezember 2024 bestellt, zahlt bereits 40,57 Euro pro Megawattstunde. Dabei sind die Gasspeicher in Deutschland mit rund 90 Prozent gut gefüllt.
„Den mittelfristig zu erwartenden Gaspreis sehen wir mit 40 Euro pro Megawattstunde noch etwas oberhalb der aktuellen Notierung“, heißt es in einer aktuellen Kapitalmarkt- und Konjunkturstudie der Hamburger Sparkasse (Haspa). „Vereinzelt ausfallende Anlagen treiben immer wieder Sorgen um die Versorgungssicherheit“, schreiben die Autoren. Der ungewöhnlich warme Frühling in Ostasien habe die Nachfrage von Gas zum Betreiben von Klimaanlagen steigen lassen.
Streiks, Probleme bei der Förderung und Lieferunterbrechungen gefährden Versorgung
Zuletzt schränkte ein Ausstand norwegischer Öl- und Gasarbeiter die Förderung ein. Die Niederlande stoppen nach 60 Jahren wegen zunehmender Erdbebengefahr die Förderung von Erdgas ab Herbst. Die Ukraine will die Durchleitung russischen Erdgases zum Jahresende beenden. Ein entsprechender Vertrag läuft aus und soll wegen des Krieges mit Russland nicht erneuert werden.
Besonders davon betroffen sind Ungarn, Österreich, die Slowakei und Tschechien. Die EU sucht nach Alternativen. „Kleine Versorgungsunterbrechungen können zu starken Preisschwankungen führen“, sagte der Energieexperte Francesco Sassi dem „Handelsblatt“. Nach seiner Einschätzung „ist die Energiekrise noch lange nicht vorbei, und sie wird weiterhin parallel zu den zunehmenden geopolitischen Spannungen verlaufen“.
Experte: Erdgas-Preis wird im Sommer nicht mehr niedriger
Die Verbraucher sollten schnell handeln, um sich noch einen günstigen Tarif zu sichern. „Trotz des sommerlichen Wetters gehen wir davon aus, dass die Großhandelspreise für Erdgas und damit auch die Angebote für Haushalte eher steigen als sinken werden. Wer jetzt einen günstigen Gastarif mit Preisgarantie abschließt, kann sich das aktuelle Preisniveau noch für die kommende Heizperiode sichern“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.
Nur schnell müssen Verbraucher sein, denn die Preise steigen von Tag zu Tag. Beim günstigsten Anbieter Maingau Energie kostete die kWh Gas zunächst bei Beginn dieser Recherche vor wenigen Tagen 7,10 Cent. Bei Abschluss dieser Recherche war der Preis schon auf 7,14 Cent geklettert.
Hamburger können bis zu 680 Euro im Jahr sparen
Wer in der Grundversorgung bei E.on 20.000 kWh bezieht, zahlt insgesamt 2290 Euro. Das geht bis zu 680 Euro günstiger, wie die Abendblatt-Analyse mithilfe des Vergleichsportals Check24 zeigt. Die Grundversorgung kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Berücksichtigt wurden nur Tarife, die von Check24 mit mindestens „sehr gut“ bewertet wurden und eine Preisgarantie von zwölf Monaten haben. Die zu beziehende Menge sind 20.000 kWh.
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Bei Verträgen von alternativen Anbietern mit einer Laufzeit von einem Jahr beträgt die Kündigungsfrist meist einen Monat oder vier Wochen. Auch hier kann sich ein Wechsel lohnen, wenn das Ende der Vertragslaufzeit naht. „Wir raten den Kunden, nicht nur den monatlichen Abschlag, sondern vor allem Grund- und Arbeitspreis zu vergleichen“, sagt Jan Bornemann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Hamburg.
Ein Anbieter führt seit Monaten die Preislisten an
Den derzeit günstigsten Arbeitspreis mit 7,14 Cent hat Maingau Energie, ein Anbieter, der seit Monaten die Vergleichslisten anführt. Allerdings ist der Grundpreis mit 15 Euro im Monat recht hoch. Unterm Strich bleibt er aber der günstigste Anbieter im Vergleich, und gegenüber der Grundversorgung von E.on ergibt sich eine Ersparnis von rund 680 Euro im Jahr.
Im Unterschied zu vielen anderen günstigen Tarifen liegt der Preisvorteil auch nicht an einem hohen Neukundenbonus. Der vergünstigt den Preis nur im ersten Jahr. Wer Boni nutzt, muss sich in der Regel nach einem Jahr erneut einen günstigen Anbieter suchen, wenn er die Preisvorteile konsequent halten will. „Boni können zu Schwierigkeiten führen, wie wir aus Beschwerden von Verbrauchern wissen“, sagt Verbraucherschützer Bornemann. Inzwischen spielen Boni wieder eine große Rolle bei der Gewinnung von Neukunden.
Kunden werden mit Boni bis zu 380 Euro gelockt
Da einige Verbraucher bei den hohen Boni von bis zu 380 Euro aber skeptisch sind, hat das Abendblatt Tarife mit und ohne Boni ausgewählt. Die Tarife mit Boni versprechen im Schnitt eine etwas höhere Einsparung im ersten Jahr. Dafür liegen die kWh-Preise über den Tarifen ohne Boni.
So beträgt der Durchschnittswert der Einsparungen bei den Boni-Tarifen 615 Euro und bei denen ohne Boni 585 Euro. Günstigster Anbieter bei den Tarifen mit Boni ist Goldgas mit einem kWh-Preis von 8,99 Cent und einer jährlichen Einsparung von 664 Euro gegenüber der Grundversorgung.
Wer lieber einen großen Konzern als Vertragspartner hat, findet beim Hamburger Anbieter Vattenfall eine Alternative. Beim Tarif Easy 12 Gas mit 300 Euro Bonus und einem kWh-Preis von 9,05 Cent beträgt die Ersparnis noch 565 Euro im Jahr.