Hamburg. Christian Kunsch fällt hartes Urteil über Wettbewerb der Airlines in Deutschland. Welche Flugverbindungen ihm von Hamburg aus fehlen.
Fliegen wird immer teurer – diese Erfahrung hat auch Hamburgs Flughafen-Chef gemacht. Er habe Verwandtschaft im Stuttgarter Raum und sei vor einiger Zeit mit seiner Familie von Hamburg aus dorthin geflogen. 1800 Euro kosteten ihn die drei Hin- und Rückflugtickets, sagte Christian Kunsch im Luftfahrtpresseclub: „Das macht man wirklich privat nur, wenn es ein ganz wichtiges Familienfest gibt.“
Der Airport-Manager kritisierte die mangelnde Konkurrenz auf Strecken in der Bundesrepublik. „Es gibt innerdeutsch keinen Wettbewerb. Die Preise sind sehr hoch“, sagte Kunsch. Den Markt zwischen deutschen Städten dominieren nach der Insolvenz von Air Berlin vor einigen Jahren Lufthansa und ihre Tochter Eurowings mit etwa 98 Prozent.
Fliegen: Hamburgs Flughafen-Chef kritisiert sehr hohe Ticketpreise
Künftig kommt zwar eine dritte Airline hinzu: Mit Lufthansa City Airlines ist es aber wieder eine Tochter des Kranich-Konzerns. „Wettbewerb sorgt normalerweise dafür, dass erstens mehr Frequenzen angeboten werden, also bessere Flugverbindungen. Und zweitens, dass die Preise normalerweise sinken. Das haben wir beides zurzeit nicht“, so Kunsch.
Nach der Pandemie liegt der Flugverkehr in der Bundesrepublik weiterhin hinter den Vor-Corona-Werten zurück. In vielen europäischen Ländern liege die sogenannte Erholungsrate in diesem Sommer schon wieder bei 100 Prozent oder mehr. In Griechenland seien es 122 Prozent, in Portugal 113 und in Spanien 108. Es wird also mehr geflogen als vor Covid-19. Der EU-Schnitt liege bei 95 Prozent, in Deutschland seien es nur 83 Prozent.
Flughafen Hamburg: Verbindungen nach Stuttgart, Düsseldorf und Köln fehlen
Hamburg stehe mit 86 Prozent im nationalen Vergleich noch gut da. Besonders gering sei das Angebot aber auf innerdeutschen Strecken. Zwar seien die Anzahl der Verbindungen nach Frankfurt und München zu den Drehkreuzen der Lufthansa relativ stabil geblieben. Aber: „Wir haben noch ein Defizit bei den Frequenzen Richtung Düsseldorf, Stuttgart, Köln. Da gab es früher mehr Verbindungen“, sagte Kunsch.
Auf den Routen mit den beiden nordrhein-westfälischen Städten liege die Auslastung der Maschinen unterhalb der 50-Prozent-Marke. Die Passagierzahl erreiche aufgrund des geringeren Angebots sogar nur 25 bis 30 Prozent von früheren Werten. Vor allem Wirtschaftsvertreter und Geschäftsleute würden sich häufigere Verbindungen wünschen, um mehr Auswahl bei den Flugzeiten zu haben.
Flughafen Hamburg: Wieder mehr innerdeutsche Flüge erwartet
Momentan könnten die Airlines diesem Wunsch aber nicht folgen, weil weder ausreichend Flugzeuge noch Crews verfügbar seien. Zwar sei er davon überzeugt, dass im Vergleich zu früher „innerdeutsch weniger geflogen wird in Zukunft“, sagte Kunsch. Schließlich gebe es mit Videokonferenzen gute Alternative zu einigen kurzen Vor-Ort-Terminen.
Aber er erwartet auch, dass es wieder mehr innerdeutsche Flüge geben wird, wenn Personal und Fluggerät ausreichend einsatzbereit sind. Ein wichtiger Grund dafür ist auch die Deutschen Bahn. In deren Zügen und auf deren Gleisen sollen die Reisenden politisch gewollt als „grünes“ Verkehrsmittel umsteigen.
Hamburgs Flughafen-Chef stellt sich Wettbewerb mit der Bahn
Das Bahnprodukt werde derzeit aber sogar wieder schlechter, sagte Kunsch. Im Juni waren laut „Bild“ nur noch 52,5 Prozent der Fernzüge pünktlich, hatten also maximal fünf Minuten und 59 Sekunden Verspätung. Das hatte mit den Unwettern in Süddeutschland allerdings auch gravierende wetterbedingte Gründe.
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Auf Strecken, die mit vier bis fünf Stunden Bahnfahrt erreichbar seien, habe man die Erfahrung gemacht, dass Passagiere zum Umstieg auf die Schiene bereit seien – wenn die Bahn ein wettbewerbsfähiges Produkt anbiete, so Kunsch: „Wir stellen uns dem Wettbewerb. Und je besser die Bahn ist, umso weniger Leute werden innerdeutsch fliegen.“