Hamburg. Streik der Hafenarbeiter soll bis Donnerstagmorgen dauern. Experte sieht Ansehen des Hamburger Hafens in Gefahr. Die Details.
- Hafenarbeiter setzen am Mittwoch Warnstreik im Hamburger Hafen fort
- Streik Hamburger Hafen: Ver.di fordert drei Euro mehr Lohn pro Stunde
- Demonstrationszug durch die Hamburger Innenstadt zum Rathaus
Die Tarifauseinandersetzung im Hamburger Hafen spitzt sich zu. Die Gewerkschaft Ver.di hatte erneut zu einem Warnstreik aufgerufen. Nach zwei kürzeren Arbeitsniederlegungen im Juni legen die Beschäftigten der Seehafenbetriebe aktuell mit ihrem Streik den Hamburger Hafen lahm. „Der Streik hat am Dienstag mit der Frühschicht um 6.30 Uhr wie geplant begonnen“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Ver.di.
Demo durch Hamburger City behindert Verkehr in der Innenstadt
Am Mittwochvormittag gaben Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter ihren Forderungen zudem mit einer Kundgebung beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) Nachdruck. Die Gewerkschaft erwartete dabei nach eigenen Angaben rund 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Seit 10 Uhr führt außerdem ein Demonstrationszug vorbei an der Zentrale des Hafenlogistikers HHLA zum Gewerkschaftshaus. Dieser sollte um 10 Uhr starten und durch die Hamburger Innenstadt führen.
An der Zentrale der HHLA vorbei, führt der Demonstrationszug die Bergstraße hinauf bis zur Mönckebergstraße. Dort soll es in Sichtweite des Hamburger Rathauses eine Zwischenkundgebung geben. Im Rathaus tagt um 13 Uhr die Bürgerschaft und berät über den Einstieg der Reederei MSC bei der HHLA, der von den Hafenarbeitern mehrheitlich abgelehnt wird. Anschließend soll der Protestzug bis zum Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof gehen, wo die Kundgebung endet.
48-Stunden-Streik schadet Ansehen des Hamburger Hafens
Die Beschäftigten waren am Dienstagmorgen in einen Warnstreik getreten, betroffen waren und sind auch Häfen in Niedersachsen und Bremen. Die vierte Verhandlungsrunde im Tarifstreit ist für Donnerstag und Freitag in Bremen geplant. Erst am Donnerstag zur Frühschicht würden die Kollegen die Arbeit wieder aufnehmen, so der Gewerkschaftssprecher. Aufgerufen waren zum Streik rund 6000 Hamburger Hafenarbeiter.
„Der Streik ist sehr erfolgreich, an den großen Umschlagterminals steht die Arbeit still“, ergänzte der Gewerkschaftssprecher. Nicht nur die Terminals sind betroffen, sondern auch der Schiffsverkehr auf der Elbe. Drei große Seeschiffe, die nach Hamburg kommen sollten, mussten stoppen, wie die Hafenbehörde Hamburg Port Authority bekannt gab. Sie liegen jetzt auf Tiefwasserreede in der Deutschen Bucht.
48-Stunden-Streik stoppt Schiffe für den Hamburger Hafen
Der Präsident der europäischen Seehafenbetriebe, Gunther Bonz, sagte, der Streik sei für die deutschen Seehafenbetriebe nicht gut. Zum einen seien die Fahrpläne der Schiffe wegen der Umfahrung der Gefahrenzone im Roten Meer ohnehin außer Takt. Durch die zusätzliche Störung würden die Verzögerungen vergrößert. Zum anderen bestünde die Gefahr, dass Reeder kurzfristig auf andere europäische Häfen ausweichen würden, um ihre Landung an Land zu bringen. „Um zwei Tage Stillstand im Hamburger Hafen aufzuarbeiten, benötigen die Terminals ungefähr zwei Wochen“, sagte Bonz.
Auch der Schifffahrtsexperte vom Branchendienst Alphaliner, Jan Tiedemann, warnt: „Die häufigen Streiks werden in der Branche registriert. Bisher galten die deutschen Seehäfen wie die belgischen als sehr verlässlich, weil es nur selten Arbeitskämpfe gab. Nun wandelt sich das Bild, was dem Ansehen der Häfen schadet.“
Zumal der Arbeitsausstand nicht nur punktuell ist. Bei der HHLA werde der Großteil der Tochterunternehmen am Standort Hamburg bestreikt, bestätigte eine Sprecherin des Unternehmens. Das betreffe unter anderem die Containerterminals der HHLA. „Der Betrieb an den Terminals wird bis zum Ende der dritten Schicht am Donnerstag, 11. Juli, um etwa 7 Uhr, streikbedingt ruhen“, so die Sprecherin. Derzeit gebe es noch keinen Stau vor den Terminals, sagte sie am Dienstagmittag.
Seehäfen kritisieren 48-Stunden-Streik
Ein Notdienst vor Ort werde sichergestellt. Dieser könnte beispielsweise schnell reagieren, wenn es zu Schwierigkeiten bei der Stromversorgung der Kühlcontainer komme. „Die HHLA hat ihre Kunden und Partnerunternehmen entsprechend informiert. Wir bemühen uns, Verzögerungen in der Abfertigung zeitnah zu kompensieren.“
Mit den Warnstreiks im Hamburger Hafen will die Gewerkschaft Ver.di in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Seehäfen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Die nächste Verhandlungsrunde zwischen Ver.di und dem Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) ist für Donnerstag und Freitag dieser Woche in Bremen geplant.
Die Arbeitgeber reagierten auf den Streik mit Kritik: „Das Streikrecht ist in Deutschland grundgesetzlich verankert. Bei der Ausübung des Streikrechts sollte allerdings Maß und Mitte bewahrt werden. Im Lichte der bisherigen konstruktiven Verhandlungsrunden und des vorgelegten fairen Angebotes gibt es aus Sicht des ZDS aktuell keine Veranlassung für Warnstreiks, die die Zuverlässigkeit der deutschen Seehäfen beeinträchtigen“, teilte der ZDS mit.
Streik Hamburger Hafen: Ver.di fordert drei Euro mehr Lohn pro Stunde
Ver.di-Verhandlungsführerin Maren Ulbrich weist die Kritik zurück: „In der dritten Verhandlungsrunde lagen wir noch weit auseinander“, sagte sie. „Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist für uns so nicht akzeptabel. Gerade bei den angebotenen Lohnerhöhungen müssen sich die Arbeitgeber noch bewegen.“ Die Ausweitung der Warnstreiks in Hamburg werde nun noch einmal ein sehr deutliches Signal an die Arbeitgeber senden, dass die Beschäftigten es mit ihren Forderungen ernst meinen.
Ver.di fordert eine Erhöhung der Stundenlöhne um drei Euro rückwirkend zum 1. Juni 2024 sowie eine entsprechende Anhebung der Schichtzuschläge, inklusive des Nachholens der ausgebliebenen Erhöhung der Schichtzulagen im Tarifabschluss 2022, bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten.
„Es kommt darauf an, dass insbesondere die unteren Lohngruppen durch die Lohnerhöhungen finanziell entlastet werden“, sagte Verhandlungsführerin Ulbrich. Die Inflation der vergangenen Jahre habe sie besonders schwer getroffen. Zudem müssten die Lohnunterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen reduziert werden.
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Der ZDS bietet bei einer Laufzeit von zwölf Monaten ein Gehaltsplus von 2,9 Prozent, mindestens aber 80 Cent mehr pro Stunde. Man arbeite mit Hochdruck daran, „auf Basis des fairen und nochmals erhöhten Angebotes aus der vergangenen Verhandlungsrunde“ eine Einigung herbeizuführen, teilte der Verband der Seehafenbetriebe mit.