Hamburg. Claus Ebole brachte Club-Mate nach Hamburg und verkaufte als einer der ersten Fritz-Kola. Nun braut er Bier - gutes Gewissen inklusive.
Claus Ebeloe kennt sich aus mit Flüssigem. Er ist gelernter Bierbrauer, handelt seit Jahrzehnten mit allem, was Menschen gerne trinken. Und er ist immer auf der Suche nach neuen, innovativen Getränkeideen. Der 54-Jährige hat vor Jahren die Szene-Limonade Club-Mate nach Hamburg gebracht und schließlich als einer der Ersten Fritz-Kola verkauft. „Ich erkenne, ob ein Getränk Potenzial hat“, sagt er.
Man liegt nicht falsch, wenn man ihn als Urgestein der Branche bezeichnet. Deshalb hat es ihn auch so gefuchst, dass eines seiner Lieblingsbiere in der Hansestadt so gar nicht lief. Schon länger hat er in seinem Getränkehandel auf dem Gelände der Kolbenhöfe in Ottensen die Produkte der Brauerei Felsenbräu gelistet. „Die machen nicht nur sehr ordentliches Bier“, sagt Claus Ebeloe, „sondern produzieren es auch komplett nachhaltig. Das finde ich richtig gut.“ Schon seit Jahren dürfen die Traditionsbrauer aus Franken deshalb als Erste in Deutschland als Solarbrauerei firmieren.
Hamburger beachteten das Bier zuerst nicht
Angesichts des wachsenden Umweltbewusstseins eine optimale Kombination, sollte man meinen. Die Wahrheit ist: Das hat kaum jemand wahrgenommen. Zumindest nicht im Norden der Republik. „Der Auftritt war so wenig ansprechend, dass ich die Biere trotz allen Bemühungen nicht verkauft bekommen habe“, sagt Getränke-Experte Ebeloe. Für ihn war dies die Initialzündung, ein eigenes klimaneutrales Bier zu entwickeln.
„Ich wollte die Marke so attraktiv machen, dass sich mehr Menschen für den Inhalt interessieren“, sagt der Mann, der so aussieht, als ob er locker mehr als eine Bierkiste auf einmal in die Höhe stemmen könnte. Seit dem vergangenem Jahr vertreibt er als erstes eigenes Produkt ein klimaneutrales Helles unter dem Namen Solarbräu. Und plötzlich läuft es besser. Im Mai hat die Metro Solarbräu bundesweit gelistet. In der Region Hamburg gibt es die neue Biermarke auch bei Edeka und Rewe.
Zusammenarbeit mit Felsenbräu-Chef Walter Gloßner
Im Sommer 2019 war Claus Ebenloe nach Thalmannsfeld im bayrischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gereist und hatte ein Gespräch von Brauer zu Brauer mit Felsenbräu-Chef Walter Gloßner geführt, der das bereits im Jahr 1928 gegründete Unternehmen mittlerweile in dritter Generation führt. Seitdem sind die beiden im Geschäft. Für sein Solarbräu hat Ebeloe die Rezeptur des Felsenbräu Hellen leicht angepasst, Marke und Etikett ein modernes Image verpasst. Produziert und abgefüllt wird das Bier bei dem Mittelständler.
„Und zwar wirklich klimaneutral“, betont der Solarbräu-Gründer nicht ohne Stolz. „Der Betrieb arbeitet seit 2007 unabhängig von fossilen Energieträgern.“ Stattdessen werden für die energieintensive Produktion Solarenergie, ein Hackschnitzelholzkraftwerk und Ökostrom eingesetzt. Als einzige Brauerei in Deutschland kühlt Felsenbräu das Bier zudem mit Natureis – zumindest in kalten Jahren. So werden nach Unternehmensangaben insgesamt etwa 140.000 Liter Heizöl pro Jahr eingespart. Das Solarbier-Zertifikat kommt von der Technischen Universität München-Weihenstephan (TUM).
Corona erschwerte die Vermarktung in Hamburg
„Das ist keine Showveranstaltung“, sagt Ebeloe, der Mitte der 1990er-Jahre den Getränkehandel KGB – das steht für Kollektive Getränke Basis – mitgegründet hatte und seitdem vor allem Szene-Bars beliefert. Von seinem Solarbräu ist er absolut überzeugt. „Es ist ein helles Lagerbier mit besonderer Würze und einem angenehmen Hopfenabgang“, sagt er. Im November kamen die ersten zehn Paletten Solarbräu in Hamburg an, in ausrangierten und umetikettierten Bierkisten – der Umwelt zuliebe und aus Kostengründen. 400 Kästen, 8000 Flaschen. Den CO2-Verbrauch für den Transport hat der Gründer über Zertifikate ausgeglichen.
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Doch als Ebeloe mit der Vermarktung so richtig loslegen wollte, kam Corona – und erst mal waren alle Gastronomiebetriebe dicht. „Das war zunächst ein schwerer Schlag. Ich hatte von einem Tag auf den anderen praktisch nicht mehr zu tun und auch keine Einkünfte“, sagt der Familienvater, der in Schleswig-Holstein lebt. Ebeloe versuchte, sein Solarbräu im Einzelhandel unterzubringen. „Aber da bin ich erst mal gegen eine Wand gelaufen.“
Die Wendung brachte ein Kontakt zum Handelskonzern Metro. Er verabredete mit der zuständigen Einkaufsleiterin einen Testlauf in den vier Hamburger Standorten. Im Dezember 2020, kurz vor Weihnachten, ging es los. Um auf sein Bier aufmerksam zu machen, baute Ebeloe Displays mit Plakaten und der Aufschrift: „Killt keine Viren, aber auch nicht das Klima.“ Die Sache kam ins Laufen, nach zwei Monaten war die Lieferung ausverkauft. Inzwischen hat Metro Solarbräu bundesweit ins Sortiment aufgenommen.
Klimaneutrales Bier in Hamburg noch nicht bekannt
Insgesamt hat der Unternehmer bislang 100 Paletten Solarbräu verkauft. Es ist ein Anfang. Ein Großhändler aus Pinneberg beliefert inzwischen Edeka- und Rewe-Märkte, auch einige Getränkehändler führen die neue Sorte. Mit 1,29 Euro für die Halbliterflasche und etwa 22 Euro pro Kasten ist Solarbräu im mittleren Preissegment – günstiger als viele Craft-Biere, aber teurer als Astra oder Becks.
„Noch läuft der Absatz eher schleppend“, sagt Solarbräu-Gründer Claus Ebeloe, der das Corona-Jahr nur dank staatlicher Hilfen überstanden hat. Jetzt hofft er nach der Wiedereröffnung der Gastronomie auf den Sommer. Im August sollen zwei neue Solarbräu-Sorten dazukommen: ein Hefeweizen und ein naturtrübes Alsterwasser. Das klingt gut, aber nachdem immer mehr Unternehmen ihre Produkte als klimaneutral bezeichnen, wächst auch die Skepsis bei den Verbrauchern. Braucht man wirklich auch noch ein klimaneutrales Bier? „Das Bier wird die Welt nicht retten“, sagt der Getränkefachmann, „aber es ist eine gute Sache. Und es schmeckt.“