Hamburg. Fridtjof Detzner ist einer der Köpfe hinter Jimdo. Jetzt investiert er in Umwelt- und Klimaschutz – und hat auch ein profanes Ziel.

Als er sein erstes Unternehmen gründete, war Fridtjof Detzner 16. Heute, mit 38, will er nicht mehr nur Geld verdienen, sondern die Welt retten. Jedenfalls ein bisschen und mindestens die Umwelt und das Klima. Der Mann, der vor 14 Jahren in Hamburg als Mitgründer das Baukastensystem Jimdo für Internetseiten ins Leben rief und die Firma zu einem Jahresumsatz von rund 30 Millionen Euro führte, hat heute vor allem ein Ziel: Er möchte „ein Wirtschaftssystem fördern, das innerhalb der planetaren Grenzen funktioniert“.

Sprich: Der Mensch soll nicht mehr auf Kosten des Planeten wirtschaften. Gute Geschäfte sind zwar erlaubt, aber diese sollen nicht mehr nur den Investoren nützen, sondern auch Mutter Erde.

Ziel: 100 Millionen Euro Wagniskapital

Dafür hat der in der Gegend von Cuxhaven aufgewachsene passionierte Kite-Surfer Detzner jetzt einen Wagniskapitalfonds aufgelegt und ihn Planet A Ventures genannt – weil es ja keinen Plan(eten) B gibt, wenn die Erde erst einmal kaputt ist. Planet A soll bis 2022 um die 100 Millionen Euro von Kapitalgebern einsammeln, so die ehrgeizige Ansage – und diese dann in junge europäische Firmen stecken, die mit guten Geschäftsideen gegen die Zerstörung des Planeten kämpfen.

„Klimawandel, Umweltzerstörung durch Plastik, Wasserknappheit. Planet A unterstützt Gründer, die etwas gegen die größten Umweltprobleme unternehmen“, heißt es auf der Internetseite des Unternehmens. Die Fondsmacher sorgen nach eigenem Bekunden nicht nur für die Investitionsmittel, sie unterstützen die Start-ups auch durch ein Mentorennetzwerk und Beratung – und berechnen den ökologischen Nutzen des Geschäftsmodells. Dafür gibt es bei Planet A fest angestellte Wissenschaftler.

Planet A – Ein klassischer Investor

„Wir finanzieren Unternehmen, die die Welt wirklich braucht“, sagt Detzner. „Unternehmen, die sich aktiv für den Umweltschutz engagieren und nachweislich nachhaltig handeln.“ Für die Firmen sei Planet A ein klassischer Investor. „Für Investoren schaffen wir die Möglichkeit, die Zukunft positiv mitzugestalten und zugleich wirtschaftlich zu profitieren.“

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Den blond gelockten Gründer, der nach eigenem Bekunden gerne Handstand macht und barfuß läuft, hat das Thema Klimawandel und Umweltzerstörung 2017 auf einer Asienreise gepackt. Damals traf er auf einen indischen Bauern, der wegen wiederholter Dürren einen Selbstmordversuch hinter sich hatte, wie Detzner kürzlich dem „Handelsblatt“ erzählte. Und das sei keinesfalls ein Einzelschicksal gewesen. „Die Selbstmordrate in der Region hängt mit den Wetterdaten zusammen“, so Detzner. Für ihn sei klar, dass an der Dürre auch Firmen schuld seien, die ihr Geschäft ohne Rücksicht auf Umwelt und Klima optimierten.

Die Macht des Geldes

„Wir können nicht mehr so weiterwirtschaften wie bisher“, sagt Detzner. „Wenn es darum geht, die Welt zu verbessern, haben Risikokapitalgeber eine große Gestaltungsmacht. Wir möchten eine Wirtschaft vorantreiben, die den Menschen und unserem Planeten dient – und wollen langfristig auf einen grundlegenden Umbau unseres Wirtschaftssystems hinarbeiten.“

Daher investiere Planet A nur in Unternehmen, von denen ein „positiver und skalierbarer ökologischer Effekt“ erwartet werde. Dabei lasse Planet A die „Lebenszyklusanalyse“ von Produkten und Dienstleistungen wissenschaftlich berechnen – also alle Auswirkungen von Rohstoffgewinnung über Produktion und Nutzung bis zur Abfallvernichtung.

Auch Weltretter reden ungern über Geld

Fragt man Detzner, wie weit er und seine Mitstreiter denn schon seien beim Einsammeln der ausgerufenen 100 Millionen Euro, dann wird der Niedersachse plötzlich schmallippig. Darüber könne er nichts sagen, das sei auch nicht üblich. Nur so viel lässt er wissen: Man sei „auf einem guten Weg“. Oder etwas formaler: „Die bisher gezeichneten Kapitalzusagen lassen ein First Closing in marktüblichem Umfang im Laufe dieses Sommers zu.“ Als „First Closing“ bezeichne man den Zeitpunkt, an dem erstmals Zeichnungen vom Fondsmanager angenommen und Investoren als Kommanditisten in die Fonds KG aufgenommen werden. Das ist normalerweise auch der Moment, von dem an der Fonds in Unternehmen investiert.

Allerdings hat Planet A laut Detzner schon jetzt Geld in sechs Firmen angelegt: in das Start-up Wildplastic, das nachhaltige Abfallbeutel aus recyceltem Plastik herstellt; in den E-Bike Verleiher Dance; in den innovativen Bioplastikhersteller Traceless aus Hamburg und in die Firma Makersite, die laut Detzner CO2-Emissionen von komplexen Produkten berechnet. Außerdem habe man bereits Geld in je ein Unternehmen aus den Bereichen Erdwärme und E-Fuel gesteckt, also eine Firma, die klimaneutrale oder jedenfalls umweltverträglichere Treibstoffe entwickeln will.

Prominente Hamburger beraten die Start-ups

Zu den Investoren bei Planet A Ventures gehört laut Detzner etwa der Trivago-Gründer Rolf Schrömgens. Im Netzwerk der „Mentoren“ sind auch bekannte Hamburger wie der Gründer des Online-Marketing-Rockstars-Festivals Philipp Westermeyer oder Viva-con-Agua-Gründer Benjamin Adrion vertreten.

Obgleich die Geldgeber womöglich auch von noblen Motiven getrieben werden – natürlich soll Planet A auch aus rein geschäftlicher Sicht ein Erfolg werden. Wer hier investiert, will auch Geld verdienen – gutes Geld im moralischen Sinn. Umweltfreundliches Wirtschaften komme nicht nur bei Kunden gut an, betont Detzner. Es werde künftig durch steigende Kohlendioxid-Abgaben und andere staatliche Regulierung auch für Investoren immer lukrativer.