Hamburg. Was tun, wenn das Lebensende gekommen ist? Eine Hamburgerin berät Klienten digital und macht ein Bestattungsangebot nach acht Klicks.
Victoria Dietrich steht vor ihrem Büro an der Großen Elbstraße. Sie lächelt über das ganze Gesicht, denn sie arbeitet gerne. Dabei ist der Alltag der 31-jährigen Unternehmerin ernst. Sie begleitet Trauernde auf dem Weg zum letzten Abschied: online, telefonisch und in Einzelfällen auch vor Ort. Das macht sie mithilfe ihres Start-ups Emmora, ein sogenanntes „DeathTech“-Unternehmen, das sich digital mit dem Tod befasst.
„Viele Kunden sind emotional sehr belastet und wissen oft überhaupt nicht, wo sie anfangen sollen. Das übernehmen wir“, sagt Dietrich. Mit „wir“ meint sie sich selbst und ihr sechsköpfiges Team. Gemeinsam betreuen sie die Online-Plattform emmora.de, über die Trauernde eine Bestattung planen oder selbst für den Ernstfall vorsorgen können, in acht Klicks. Online entscheiden sie zwischen einer klassischen, modernen oder anonymen Beisetzung, über die Art und das Budget. Das Team meldet sich nach einer Stunde per Mail oder Anruf, vermittelt dann eine Feuerbestattung ab 1100 Euro, eine Seebestattung ab 1300 Euro oder eine Erdbestattung ab 2800 Euro. Im Preis inbegriffen sind 15 Prozent Provision, die das Start-up behält.
Auch Partner aus Hamburg übernehmen Beerdigung
Die Ausführung übernimmt einer der rund 140 Partner in Deutschland, darunter etwa 40 Bestatterinnen und 50 Trauerredner, auch aus Hamburg. Das ist im Vergleich zur Branche wenig. Der Bundesverband Deutscher Bestatter (BDB) zählt etwa 4600 Mitglieder, die sich neben der Trauerfeier auch um Dienste wie Seelsorge oder Bestattungsvorsorge kümmern.
Durch Corona sei die Branche im Umbruch, sagt Dietrich. „Die meisten Menschen wollen nicht mehr irgendwo hingehen. Sie wollen nicht über die berühmte Schwelle eines Bestatters treten. Manche haben sogar Angst davor. Ihre erste Anlaufstelle ist deshalb das Internet, und da sind wir bestens vertreten.“ Sie vermutet, dass die Generationen ab 1975 den Trauerfall in der eigenen Familie ohnehin lieber digital planen würden.
Start-up Emmora nach Talentschmiede gegründet
Der BDB stimmt dieser Aussage nur zum Teil zu. Digitale Ansätze wie die von Emmora seien Indikatoren für eine veränderte Welt, weil sie dem Bedürfnis nach unmittelbarer digitaler Information nachkommen, sagt Sprecherin Elke Herrnberger. Trotzdem steht sie der digitalen Planung skeptisch gegenüber. Nach wenigen Klicks ein Angebot zu erhalten, sei zwar ein Vorteil, insbesondere für Menschen, die mit dem Internet aufgewachsen seien. Doch spätestens im zweiten Schritt sei das persönliche Verhältnis zum Bestatter wichtig und von Betroffenen gewünscht, am besten persönlich und vor Ort.
Lesen Sie auch:
- Hundehalsband Wowwow: Was nach der Vox-Show passierte
- Wie Avocados in Hamburg zum Millionengeschäft wurden
- Hamburger erfinden digitale Gesundheitsakte für Pferde
Emmora-Gründerin Dietrich nahm im Juli 2018 an einer dreiwöchigen Talentschmiede für Gründerinnen teil und lernte dort die heute 27-jährige Evgeniya Polo kennen. Kurz darauf stand fest: Die beiden werden gemeinsam gründen. Dietrich kündigte ihren Job bei der Container-Reederei Maersk, wo sie zuvor als strategische Einkäuferin gearbeitet hatte, finalisierte mit Polo die Geschäftsidee und gründete im Juli 2019 das Start-up Emmora. Seitdem leitet Dietrich den Sitz in Hamburg, Polo das Außenbüro in Berlin. Sie beraten ihre Klienten deutschlandweit.
Hamburger Start-up bietet digitale Trauerbegleitung an
Eine finanzielle Starthilfe haben die Gründerinnen vom Accelerator APX erhalten, dem fünf Prozent des Unternehmens gehören. Seit November bieten die Gründerinnen die digitale Trauerbegleitung an, haben seitdem einen fünfstelligen Umsatz gemacht. Dietrich geht von einer steigenden Nachfrage aus. Doch es gibt Unternehmen, die ähnliche Services anbieten, zum Beispiel das Berliner Unternehmen November. Dort ist die Angebotsrechnung allerdings standardisierter und deshalb im Vergleich weniger individuell.