Hamburg. Erstmals seit sieben Monaten hat wieder ein Luxusliner abgelegt. Hamburg freut sich – aber Konkurrent Kiel ist schon deutlich weiter.
In Hamburgs Hafen kehrt ein Stück Normalität zurück: Nach mehr als sieben Monaten coronabedingter Abstinenz ist am Dienstag wieder ein Kreuzfahrtschiff zu einer Seereise aufgebrochen. Kurz nach 18 Uhr hieß es „Leinen los“ für die „Hanseatic nature“ der Reederei Hapag-Lloyd Cruises. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Neustart sowie zur langen Unterbrechung und zeigt auf, warum die Rückkehr ins Geschäft so schwierig ist.
Wie hat Hamburg unter dem Kreuzfahrt-Lockdown gelitten?
Seit der „Europa 2“ am 2. November 2020 ist kein Kreuzfahrtschiff mehr aus der Hansestadt zu einer Seereise aufgebrochen. Schiffe kamen allenfalls wegen Wartungsarbeiten zur Werft Blohm + Voss oder zum Parken an die Kaianlagen. Bereits nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr hatte der Kreuzfahrtstandort Hamburg gelitten: Deutschlands größter Anbieter Aida Cruises mit Sitz in Hamburg und Rostock musste seine Rückkehr ins fahrende Geschäft mehrmals verschieben.
Erste Reederei am Markt war TUI Cruises, die ab Ende Juli 2020 wieder Kurzreisen anbot. Das Gros des Geschäfts spielte sich rund um die Kanaren und im Mittelmeer ab. 81 Anläufe von Luxuslinern gab es im vergangenen Jahr. 2019 waren es noch 210.
Was passiert zum Neustart?
Hapag-Lloyd Cruises hatte mit der „Europa 2“ zum letzten Mal vor dem Lockdown ein Schiff von Hamburg aus auf die Reise geschickt. Mit der „Hanseatic nature“ eröffnet die Reederei mit Sitz in Hamburg hier die Saison. Das Schiff bietet bis zum 10. August siebentägige Panoramareisen durch die norwegischen Fjorde an. Es ist ein kleiner Schritt, noch nicht die ganz große Tour: Anlegen dürfen die Schiffe nirgends, zudem ist die Zahl der Gäste stark begrenzt: Die Kapazität liegt bei 230 Passagieren.
Aber nur rund 90 haben am Dienstag das Schiff bestiegen. Grund sind Vorgaben der norwegischen Behörden: Sie haben die Zahl der erlaubten Personen an Bord für die Fahrten durch norwegische Gewässer auf 200 begrenzt. Das umfasst Gäste und Crew. Normalerweise zählt das Schiffspersonal allein schon rund 180 Köpfe. Es musste also kräftig abgespeckt werden.
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Was wird von den Passagieren verlangt?
Für den Kreuzfahrtbetrieb gelten in zahlreichen Ländern und Häfen gesonderte Regeln, die über die allgemeingültigen Einreisebestimmungen hinausgehen. Schon innerhalb Deutschlands sind die Vorgaben unterschiedlich. Voraussetzung für die Reise an Bord der „Hanseatic nature“ ist gemäß den aktuellen Hamburger Regularien für Kreuzfahrten ein von einem Labor zertifiziertes, negatives PCR-Testergebnis, das maximal 48 Stunden alt sein darf. Die Gäste erhalten als Kostenerstattung von Hapag-Lloyd Cruises 50 Euro Bordguthaben.
Als zusätzliche Schutzmaßnahme führt die Reederei im Terminal vor der Einschiffung einen weiteren Antigen-Test durch, und es erfolgt ein Gesundheitscheck, für den von den Gästen ein ausführlicher Fragebogen auszufüllen ist. Auch die Körpertemperatur wird gemessen. Wie im Rahmen aller Abfahrten ab Deutschland finden zudem alle 72 Stunden weitere Covid-19-Tests für Gäste und Crew statt. Außerdem wird vor der Ausschiffung ein Corona-Test durchgeführt.
Wie wurde der Neustart vorbereitet?
Auch während der Liegezeit war durchweg Crew an Bord, die Personalstärke ist in den vergangenen Wochen aber sukzessive wieder erhöht worden, um das Schiff startklar zu machen. Die Besatzung wurde vor Einsatzbeginn isoliert und absolvierte mindestens drei Covid-19-Tests. Um die Funktionstüchtigkeit des Schiffs nach der langen Liegezeit zu prüfen, war die „Hanseatic nature“ zudem von Sonnabend auf Sonntag zu einer Testfahrt nach Helgoland mit 200 Personen an Bord aufgebrochen. Dabei wurden Manöver gefahren, um zu prüfen, ob die Maschinen einwandfrei laufen. „Alles ging reibungslos, und die Crew freut sich nun auf die erste Reise mit Gästen in die norwegische Fjordwelt“, sagt eine Sprecherin der Reederei.
Was machen die anderen Anbieter?
MSC und Costa haben der Hansestadt für diese Saison ganz abgesagt. Die anderen Anbieter stehen in den Startlöchern, sind mit ihren Ankündigungen bezüglich Seereisen ab Hamburg aber noch verhalten. Aida Cruises will in den kommenden Tagen bekannt geben, wann es genau wieder losgeht. So viel ist bekannt: Die Reederei will im Juli in Hamburg starten. Hurtigruten plant indes „in den Sommermonaten“, wie es unkonkret heißt, 15-tägige Fahrten zwischen Hamburg und dem Nordkap anzusetzen. TUI Cruises hatte den Neustart ab Hamburg eigentlich schon für den Freitag vergangener Woche angekündigt, diesen aber kurzfristig zurückgezogen.
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Die sogenannten Blauen Reisen ohne den Besuch anderer Häfen mit „Mein Schiff 6“ wurden kurzerhand nach Kiel verlegt, von wo aus bereits „Mein Schiff 1“ zu Kurzreisen startet. Die offizielle Begründung der Reederei für die Verlagerung lautete: Reisen ohne Landgänge in der Ostsee seien für Passagiere interessanter. Tatsächlich soll aber die aus Sicht der Reedereien einfachere Abfertigung in Kiel eine Rolle gespielt haben.
Was hat Kiel Hamburg voraus?
Kiel verlangt im Gegensatz zu Hamburg keine Pflicht-PCR-Tests für Kreuzfahrtpassagiere. Zudem hat die Landesregierung Schleswig-Holsteins bereits im Mai wieder Kreuzfahrten zugelassen, während Hamburg erst jetzt mit der Öffnung der Hotellerie erneut Schiffe abfertigen darf. So haben sich die Reedereien auf Kiel als Startpunkt ihrer Seereisen konzentriert. Auch Aida Cruises bietet Fahrten ab Kiel an. Die Stadt an der Förde ist Hamburg einige Wochen voraus.
Wie reagiert der Hamburger Senat?
„Die Corona-Krise stellt die gesamte Tourismuswirtschaft und die Kreuzfahrtindustrie in besonderer Weise vor bislang nicht gekannte Herausforderungen“, sagt Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Jetzt gehe es darum, den ersehnten Neustart mit Augenmaß und der gebotenen Vorsicht zu gestalten. „Ich bin überzeugt davon, dass wir dann Stück für Stück Normalität zurückbekommen und das Reisen wieder genießen können.“ Die Kreuzfahrer seien in Hamburg willkommen, so der Senator.
Was sagt die Branche?
„Wir sind optimistisch gestimmt“, sagt Simone Maraschi, Geschäftsführer von Cruise Gate Hamburg. Verlässliche Aussagen über den weiteren Verlauf der Saison mag er aber auch nicht treffen, da die Reedereien noch in der Ausarbeitung der Fahrpläne seien.