Hamburg. Zwei Brüder aus Hamburg haben das Start-up d’cada gegründet. Was hinter den Durstlöschern mit Maracuja, Guave und Lulo steckt.

Schon mal Lulo probiert? Die meisten werden noch nicht einmal etwas von der südamerikanischen Frucht gehört haben. Naranjilla, kleine Orange, wird die Kiwi-Verwandte im Spanischen auch genannt. Bis nach Deutschland kommt sie selten oder nie. „Lulos sind ziemlich sauer, schmecken etwas olivig-nussig. Eine ideale Erfrischung“, sagt Henrik Jessen.

Gemeinsam mit seinem Bruder Konstantin will der Hamburger, der seit acht Jahren in Kolumbien lebt, die vitaminreichen Exoten jetzt auch hierzulande bekannt machen. In flüssiger Form. In der Millionenstadt Medellin, auf der früher der Ruf lastete, sie sei die Kokain-Hauptstadt des Planeten, betreiben die Jessen-Brüder das Getränke-Start-up d’cada. Und nun exportieren sie ihre Bio-Erfrischungsgetränke auch nach Europa – als eine Art transatlantisches Familienunternehmen.

40.000 Flaschen in Hamburg angekommen

Treffpunkt in einem Lager in Ro­thenburgsort. Auf hohen Regalen stehen Kartons mit d’cada-Flaschen. Drei Sorten gibt es: Neben Lulo auch Guave-Orange und Mango-Maracuja. Um Süße in ihre exotischen Bio-Erfrischungen zu bringen, verwenden die Jessens statt weißem Zucker Panela, einen aus Zuckerrohr gewonnenen Vollrohrzucker. Gerade ist der zweite Container mit 40.000 Flaschen in Hamburg eingetroffen.

„Wir produzieren und veredeln unsere Produkte komplett in Kolumbien“, sagt Konstantin Jessen, der inzwischen wieder in Hamburg lebt und von hier aus den Vertrieb auf dem Kontinent aufbaut. Für gewöhnlich werden nur die Früchte eingeführt, die Verarbeitung erfolgt aber meistens in Fabriken in Europa. „Wir wollen den fairen Handel revolutionieren, indem wir möglichst viel von der Wertschöpfungskette im Ursprungsland lassen und dort Arbeitsplätze schaffen“, erklärt sein Bruder Henrik die Idee hinter der Getränkemarke.

Hamburger gründeten 2016 das Start-up d’cada

2016 hatten die heute 36 und 30 Jahre alten Brüder ihr Start-up gegründet. „Wir wollten etwas Neues machen“, sagt Henrik, der drei Jahre zuvor als Student nach Kolumbien gegangen war. Ihm war aufgefallen, dass es außer dem Sortiment von Coca-Cola und von einem nationalen Konzern in dem südamerikanischen Land kaum andere Erfrischungsgetränke gab.

Nachdem ihm sein jüngerer Bruder Konstantin nach Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudiums gefolgt war, fingen die Planungen für d’cada an. „Wir wollten die erste biozertifizierte Getränkemarke des Landes auf den Markt bringen“, sagt Konstantin, der wie sein Bruder schon in Hamburg in der Branche gearbeitet hatte. Mit 50.000 Euro Kapital, das sie sich von Familie und Freunden liehen, starteten sie ihre Geschäftsidee.

Hamburger unterstützen regionale Kleinbauern

Anfangs sollte es eine prickelnde Schorle sein, doch der Saft der exotischen Früchte eignet sich auch gut im Mix mit stillem Wasser. „Es gibt viele kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke, aber kaum etwas ohne Sprudel“, weiß Henrik. Nun ist das Getränk eine Art Smoothie – nur verdünnt. „Stille Schorle“ nennen sie das. Zwei Jahre dauerte es, bis vom Rezept bis zu den lokalen Lieferketten alles stand. „Es gab quasi keine Infrastruktur“, sagt der jüngere der Jessen-Brüder. Ihre erste Sorte, Mango-Maracuja, lieferten sie vor allem in Bars und Restaurants in Medellin, aber auch Bioläden, Hotels und Hostels gehörten zu den Kunden.

Parallel bauten die Brüder einen Sozialfonds auf, der regionale Kleinbauern unterstützt. Ein Jahr später kam mit Guave-Orange die zweite d’cada-Sorte auf den Markt. Das Unternehmen expandierte in Kolumbiens Hauptstadt Bogota. 2019 verkauften die Deutschen in Kolumbien 100.000 Flaschen. Jährliche Wachstumsraten von 30 bis 50 Prozent brachten das Start-up nahe der Profitabilität. Dann kam Corona.

„Absatz in Kolumbien komplett eingebrochen“

„Seit Beginn der Pandemie ist der Absatz in Kolumbien komplett eingebrochen“, sagt Konstantin Jessen. Das Glück der Jungunternehmer: Sie hatten schon 2019 Vorbereitungen begonnen, die Getränke nach Europa zu bringen. Dafür entwickelten sie auf Basis von Lulo die dritte d’cada-Sorte.

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„Wir sind ziemlich die Einzigen, die auf dem deutschen Markt ein Getränk mit Lulo anbieten“, sagt Henrik. Inzwischen gibt es das Sortiment außer im eigenen Onlineshop auch in einigen Edeka- und Rewe-Märkten in Hamburg und im Umland. Preisempfehlung für die 340-Milliliter-Glasflasche: 1,89 Euro, plus Pfand.

Einige Hamburger Lokale bieten d’cada-Schorle an

„Unser Kernmarkt ist Hamburg“, sagt Konstantin Jessen. Auch einige Lokale auf St. Pauli, der Schanze und in Altona bieten die d’cada-Schorle bereits an. In diesem Jahr will das Unternehmen mit knapp zehn Beschäftigten die Zielmarke von 120.000 verkauften Flaschen knacken.

„Wir planen mit sechsstelligen Umsatzzahlen“, sagt Henrik Jessen. Schon 2022 sollen sich die Erlöse verdoppeln. Dabei setzen die Gründer auch auf weitere Absatzländer. In der Schweiz gibt es d’cada inzwischen schon. Gerade sind die Jessens mit der Supermarktkette Carrefour ins Geschäft gekommen. Diese will die stillen Exotenschorlen in 200 spanischen Läden ins Sortiment aufnehmen.

Saftschorlen auch im Hamburger Impfzentrum

Inzwischen ist auch die brüderliche Arbeitsteilung klar. Henrik wird in Medellin die Geschäfte führen, Konstantin ist Statthalter in Hamburg. Jetzt hoffen die Unternehmer, dass die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie weniger werden. Henrik musste beim aktuellen Heimatbesuch erst mal zwei Woche in Quarantäne. Regeln sind Regeln, da hilft es auch nichts, dass die Saftschorlen im Hamburger Impfzentrum gut ankommen. Im Juni hat d’cada 3000 Flaschen in die Messehallen geliefert.