Hamburg. Der Flugzeugbauer verdient 4,2 Milliarden Euro. Konzernchef Faury hält Hamburger Werk für „sehr wichtig“ bei der A320-Produktion.
Es ist keine zwei Jahre her, da sorgte sich Guillaume Faury um die Existenz seines Unternehmens. „Wenn wir nicht jetzt agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich“, schrieb der Vorstandsvorsitzende Ende April 2020 per Mail an die Mitarbeiter. Kurz zuvor hatte der Flugzeugbauer als Folge der coronabedingten Branchenkrise die Produktionsraten um ein Drittel gekürzt. Es folgten Monate, in denen es vor allem um den Abbau von Jobs ging. Allein in Hamburg wurden mehr als 2200 Stellen zu viel ausgemacht – rund jede siebte.
Als der DAX-Konzern am Donnerstagmorgen seine Bilanz für das vergangene Jahr vorstellte, war von Existenznot nichts mehr zu spüren. Unterm Strich steht ein Konzernergebnis von 4,2 Milliarden Euro – so viel Gewinn wie noch nie. Im Vorjahr lag das Minus bei 1,1 Milliarden Euro. „2021 war wirklich bemerkenswert“, sagte Faury. Die finanziellen Ergebnisse seien stark gewesen.
Airbus verzeichnet viele Aufträge
Er dankte den Mitarbeitern, die das Auslieferungsziel erreichten. Rund 600 Jets sollten an Fluglinien und Leasinggesellschaften übergeben werden, 611 wurden es. Das waren 45 mehr als im Jahr 2020. Eine stärkere Kostenkontrolle haben neben den Auslieferungen zum Rekordgewinn beigetragen. Die Flugzeugsparte steuert knapp 70 Prozent zum Umsatz des Konzerns bei, der wegen ungünstiger Wechselkurseffekte nur um vier Prozent auf 52,1 Milliarden Euro zunimmt.
Das Auftragsbuch bleibt mit 7082 Fliegern dick, auch wenn es 102 weniger sind als vor einem Jahr. Den Großteil macht weiterhin die A320-Familie aus. Die Produktionsrate soll von 45 Maschinen im Monat Ende des Jahres 2021 auf 65 Maschinen im Sommer 2023 steigen. Auch eine weitere Erhöhung auf 70 oder 75 Maschinen ist seit Monaten im Gespräch. Voraussichtlich in diesem Sommer soll darüber eine Entscheidung getroffen werden, so der Franzose. Denn die Zulieferer brauchen in dem eher trägen System Luftfahrt Vorlaufzeit.
„Diese Aufteilung wird wohl gleich bleiben"
Etwa jede zweite dieser einst für die Kurz- und Mittelstrecke konstruierten Jets wird in Hamburg endmontiert. „Diese Aufteilung wird wohl gleich bleiben, aber mit immer mehr Fokus und Bedeutung auf dem A321 und dem A321XLR“, sagte Faury auf eine Abendblatt-Frage. Der A321 ist mit 44,51 Meter die längste Version der Familie. Sein Anteil unter den Bestellungen steigt deutlich.
Hamburg spiele eine „sehr wichtige Rolle“ für seine Produktion, ergänzte Faury. Jahrzehntelang war das Werk auf Finkenwerder der einzige Standort für den Zusammenbau. Vor einigen Jahren kam Mobile (USA) dazu, Tianjin (China) folgt. Und vom Verwaltungssitz in Toulouse solle 2022 der erste dort endmontierte A321 ausgeliefert werden. Man liege bei der Erneuerung der dortigen Endmontagelinie im Zeitplan, sagte Faury.
Airbus baut neue Ausrüstungsmontagehalle
Große Hoffnungen setzt Airbus auf die XLR-Version. Bei dieser wird ein zusätzlicher Tank für knapp 13.000 Liter Kerosin im Frachtraum eingebaut. Die Reichweite des Fliegers steigt dadurch von ursprünglich 6000 Kilometern mit herkömmlichen Triebwerken auf 8700 Kilometer. Damit sind Einsätze auf der Langstrecke möglich. Da in der Branche damit gerechnet wird, dass sich dieses Marktsegment als letztes erholt, sei der A321XLR ideal für die Wiederaufnahme des Segments und für Verbindungen von Flughäfen der zweiten Reihe, lautet die Argumentation des Airbus-Managements.
Zum Beispiel auf Transatlantikflügen wie Hamburg-New York. Nach früheren Angaben liegen mindestens 420 Bestellungen von gut 20 Airlines für den Flieger vor. Airbus baut an der Elbe eine neue Ausrüstungsmontagehalle für den Jet, der im nächsten Jahr in den Dienst gestellt werden soll. Mit der Fertigung dieser Maschinen, die komplexer sind als bisherige, und einer insgesamt wieder steigenden Zahl an Auslieferungen gebe es in Hamburg viel Arbeit, so Faury.
Airbus plant 6000 Neueinstellungen
Weltweit plant der Luft- und Raumfahrtkonzern 6000 Neueinstellungen. „Das ist der Anfang“, sagte Faury. In der Hansestadt werden rund 1000 neue Mitarbeiter gesucht – dabei hatten bis März 2021 rund 2300 Beschäftigte das Unternehmen mit Abfindungen freiwillig verlassen. In den Monaten danach tobte ein Kampf zwischen Management und IG Metall wegen des Konzernumbaus. Die Rumpffertigung und -montage sollte neu strukturiert werden, weil bei dem für 2035 geplanten Start eines Flugzeuges mit „grünem“ Wasserstoffantrieb große Veränderungen an der Konstruktion notwendig sein dürften.
Nach massiven Warnstreiks setzte sich die Firma durch und gründet zum 1. Juli eine Tochter, in der die Struktur- und Ausrüstungsmontage zusammengefasst werden. Auf Finkenwerder wechseln rund 4500 Beschäftigte aus der Airbus Operations GmbH in die Neugründung. Den dafür ausgehandelten Tarifvertrag sieht Daniel Friedrich als gute Grundlage an. „Das Rekordergebnis zeigt, dass Airbus für die Zukunft gut aufgestellt ist. Das Unternehmen hat genug Substanz für Investitionen in die nächste Flugzeug-Generation“, so der Chef der IG Metall Küste.
Luftfahrt: Airbus-Aktie rutscht ab
Die Zielmarke für dieses Jahr setzt der Konzern ein deutliches Stück nach oben. 720 Flieger sollen an die Kunden übergeben werden. Zum Rekordjahr 2019 mit 863 fehlt allerdings noch ein gutes Stück. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) soll von 4,8 Milliarden auf rund 5,5 Milliarden Euro steigen. Aktionäre sollen nach der Nullrunde im Vorjahr 1,50 Euro als Dividende erhalten. An der Börse rutschte die Aktie nach einem guten Start ins Minus. Am Mittag notierte sie knapp ein Prozent tiefer bei 116,78 Euro. Berenberg beließ die Einschätzung auf „Kaufen“ mit einem Kursziel von 140 Euro.
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Die verschärfte Bedrohungslage im Russland-Ukraine-Konflikt werde vermutlich die Rüstungsausgaben der Nato-Mitglieder steigen lassen, wodurch die Verteidigungssparte von Airbus profitieren könnte, analysierte die Hamburger Privatbank. „Übergewichten“ empfiehlt JPMorgan und sieht den fairen Wert bei 150 Euro. Das operative Ergebnis habe die Erwartungen überschritten, der Ausblick sei als konservativ zu bewerten, so die US-Bank. Goldman Sachs belässt die Titel weiterhin auf einer Liste mit Aktienwerten, die man unbedingt im Depot haben müsse. Das Kursziel gibt die US-Investmentbank mit 179 Euro an – das Rekordhoch von 139,40 Euro könnte also überflügelt werden.