Hamburg. Wegen der hohen Nachfrage nach Immobilien werden schon heute hohe Beträge verlangt. Woran das liegt und welche Alternativen es gibt.

Der Traum von den eigenen vier Wänden in einem Haus, das man auf dem eigenen Grundstück umrunden kann, ist in Hamburg für die meisten nicht mehr bezahlbar. Im Schnitt überwiesen Käufer im vergangenen Jahr mehr als  900.000 Euro für ein frei stehendes Einfamilienhaus in Hamburg, ermittelte der Gutachterausschuss anhand der ausgewerteten Kaufverträge. Wer nicht in eine Eigentumswohnung ziehen will, dem bleibt als Alternative nur das Doppel- oder das Reihenhaus.

Wand an Wand mit dem Nachbarn, aber noch einen eigenen kleinen Garten oder auch nur eine Terrasse: das ist das Reihenhaus, im urbanen Umfeld gerne Townhouse oder Stadthaus genannt. In Bremen setzte man schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf diesen Häusertyp.

Das Reihenhaus ist in Hamburg ist selten geworden

Das Reihenhaus ist wahrscheinlich der meist gebaute Haustyp der alten Bundesrepublik. In Hamburg ist das Reihenhaus inzwischen – was Neubauten betrifft – zu einem raren Gut geworden. Das zeigt sich an den Preisen, die bei einigen Projekten und auch Bestandsbauten die Millionengrenze überschritten haben. „Das Reihenhaus in Hamburg ist selten geworden“, bestätigt Frank Stolz, Geschäftsleiter Neubau Hamburg bei Grossmann & Berger.

„In den letzten fünf Jahren bewegten sich die Fertigstellungen in der Hansestadt zwischen 118 und 179 Einheiten jährlich“. In diesem Jahr wurden bis zur Jahresmitte lediglich 16 Fertigstellungen registriert. „Wenn eine vier- bis fünfgeschossige Bebauung möglich ist, wird sie auch umgesetzt, um die teuren Grundstücksflächen optimal zu nutzen“, sagt Stolz. Das Reihenhaus hat da allenfalls in dezentralen Lagen wie zum Beispiel im Fischbeker Heidbrook noch Chancen.

Einfamilienhäuser: Angebote in Millionenhöhe

Auch unter den Bestandsobjekten in den Immobilienportalen ist es einfacher, ein frei stehendes Einfamilienhaus als ein Reihenhaus zu finden. Das günstigste Objekt mit nur 95 Quadratmetern Wohnfläche in Rahlstedt kostet 480.000 Euro, ist aber renovierungsbedürftig. Schnell hat man bei der Suche Angebote in Millionenhöhe erreicht.

1,10 Millionen für ein Stadthaus in Rissen oder 1,15 Millionen Euro für ein Reihenhaus in Lok-stedt. Teilweise müssen sich die Kaufinteressenten mit weniger Wohnfläche abfinden als sie in den 1970er-Jahren. So bei einem Projekt in Meiendorf. 83 Quadratmeter Wohnfläche, verteilt auf vier Zimmer, kosten 660.000 Euro.

Stadthäuser: Preise bis zu 2,45 Millionen Euro

Doch mit rund einer Million Euro ist die Obergrenze noch nicht erreicht. Die Objekte sind dann auf den ersten Blick gar nicht mehr als Stadthaus erkennbar. Ein von NBK Neubaukontor Immobilien in Nienstedten geplantes weißes Gebäude in klassisch-eleganter Architektur könnte auch Eigentumswohnungen beherbergen. Dahinter verbergen sich aber vier Stadthäuser mit einer Wohnfläche von je knapp 200 Quadratmetern in einer Preisspanne von 1,99 Millionen Euro bis zu 2,45 Millionen Euro für das Reiheneckhaus.

Auf dem Grundstück entstehen auch noch sechs Eigentumswohnungen. Eines der Stadthäuser ist schon verkauft. „Wir wollten auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks eine Wohnmöglichkeit für Familien mit einer gemeinsamen Spielmöglichkeit im Garten schaffen, denn im Geschosswohnungsbau sind Wohnungsflächen mit knapp 200 Quadratmetern sehr selten“, sagt NBK-Geschäftsführer Jens Clasen.

Bauland ist in Hamburg am teuersten

Viel zentraler liegt das Projekt der drei Stadthäuser in Winterhude des Projektentwicklers Elbkonzept. Sie haben eine Wohnfläche von je rund 260 Qua­dratmetern. Bei der Gartenterrasse müssen sich die Bewohner allerdings mit zehn Quadratmetern begnügen. Die Anfrage des Abendblatts nach dem Preis blieb unbeantwortet. „Das Reihenhaus war früher eine Wohnform, die in den Randbereichen der Städte angesiedelt war“, sagt Professor Bernd Dahlgrün von der HafenCity Universität.

„Wenn der Traum vom Stadthaus mit Garten direkt in die urbanen Zentren geholt wird, dann muss dafür sehr viel Geld ausgegeben werden.“ In Hamburg war Bauland im vergangenen Jahr im Vergleich zu anderen Bundesländern am teuersten. Rund 1128 Euro mussten Käufer im Schnitt pro Quadratmeter baureifes Land zahlen, so das Statistische Bundesamt.

Viele Interessenten für Häuser beim Stadtpark

Auf viele Nachbarn, die in ihren kleinen Garten schauen können, müssen sich die Besitzer der drei Stadthäuser des Wohnprojekts MyOne in unmittelbarer Nähe des Stadtparks einstellen. Doch an Interessenten hat es nicht gemangelt. In einem Gebäudekomplex mit über 100 Eigentumswohnungen sind zwischen zwei hohen Torbögen, die den Zugang zu der Wohnanlage ermöglichen, drei Stadthäuser integriert. Optisch getrennt werden die nur rund vier Meter breiten Häuser durch leuchtende Lichtfugen.

Die 1,2 Millionen Euro teuren Objekte sind bereits alle verkauft. „Die Gestaltung mit Stadthäusern zwischen den Bögen bot sich an und war eine Idee der Architekten“, sagt Sidney Cline-Thomas, Geschäftsführer für Wohnimmobilien bei Robert C. Spies. Ein anderer Baukörper mit Geschosswohnungen hätte zwischen den beiden Bögen mehr Fläche für das Treppenhaus und einen Fahrstuhl benötigt. Da können Stadthäuser lukrativer als Etagenwohnungen sein.

Hamburger Umland bietet Alternativen

Vor den Toren Hamburgs gibt es Alternativen zu den Millionenobjekten. Gut eine halbe Million Euro kostet ein Reihenhaus in Norderstedt von der Grundstücksgesellschaft Manke. Das aus einer 1950 gegründeten Holzhandlung hervorgegangene Immobilienunternehmen steht für den Wandel bei Reihenhäusern.

„Als ich vor mehr als 20 Jahren bei Manke angefangen habe, waren die Reihenhäuser nicht größer als 100 Qua­dratmeter, hatten eine einheitliche Ausstattung, ein Satteldach und wurden unter dem Dach nicht ausgebaut“, sagt Jörk Thüsing, Projektleiter bei der Grundstücksgesellschaft Manke.

Grundstücke werden immer teurer

1999 kostete laut Manke ein Mittelreihenhaus umgerechnet rund 85.000 Euro. „In den letzten zehn Jahren haben sich die reinen Herstellungskosten der Gebäude mehr als verdoppelt und liegen beim Reihenmittelhaus inzwischen bei rund 250.000 Euro. Dazu kommen die immer teurer werdenden Grundstücke, die Erdbau- und Außenanlagen, Ingenieurleistungen und Erschließungskosten für Siele, Straßen und Wege, die wir zu zahlen haben“, sagt Thüsing.

Aber auch die Ansprüche der Kunden seien gestiegen. „Alle unsere Reihenhäuser haben Fußbodenheizung, fast bodengleiche Duschen, und auch eine Ladestation für Elektroautos kann für jedes Objekt hinzugebucht werden“, sagt der Architekt. „Wir dämmen die Keller, auch unter der Kellersohle, damit die Räume auch für Hobbyzwecke genutzt werden können.“

„Die Reihenhäuser sind kompakter geworden"

Angesichts der schwierigen Grundstückslage ist es heute eine Herausforderung, die klassischen Maße eines Reihenhauses von einst (5,50 Meter Breite und 12,50 Tiefe) zu erreichen. „Die Anpassung an die Grundstücke wird immer schwieriger“, sagt Thüsing. In der Gemeinde Nahe in Schleswig-Holstein, nur knapp zehn Kilometer von Hamburgs Landesgrenze entfernt, errichtet Manke in dörflicher Umgebung elf Reihenhäuser, die preislich deutlich unter 500.000 Euro bleiben.

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Es ist dem Grundstück geschuldet, dass sie zwar sechs Meter breit sind, aber nur eine Tiefe von neun Metern erreichen. Dennoch wird mit dem Dachausbau unter einem flach geneigten Satteldach eine Wohnfläche von 122 Quadratmetern erzielt. „Die Reihenhäuser sind kompakter geworden, werden nicht mehr versetzt gebaut und haben häufig ein Flachdach, das begrünt wird“, sagt Thüsing.

Schlechte Zukunftsaussichten für Reihenhäuser

„Die Gebäudehülle beim Reihenhaus ist ausgereizt.“ Die der Energieoptimierung geschuldete kompakte Form bietet wenig äußerliche Gestaltungsmöglichkeiten. Da ist dann schon das mit Trespa-Platten verkleidete Dachgeschoss ein Ausbruch aus der Einförmigkeit.

Und wie sieht die Zukunft des Reihenhauses aus? „Es ist eine Bauform, bei der mit der Ressource Boden nicht wirtschaftlich umgegangen wird, auch im Hamburger Umland können wir uns das kaum noch leisten“, sagt Dahlgrün von der HafenCity Universität. Die gesamte Erschließung über jeweils ein eigenes Treppenhaus sei unwirtschaftlich.

Hybride Bauformen könnten die Antwort sein

Um dem Traum vom eigenen Haus wenigstens etwas zu entsprechen, kann sich der Wissenschaftler hybride Bauformen vorstellen, bei denen die Erschließung der Wohneinheiten über einen Laubengang erfolgt. „Das war in den 1960er-Jahren weit verbreitet, weil es kostengünstig ist. So können Wohnungen über zwei Etagen erschlossen werden“, sagt Dahlgrün.

Das sieht aus wie zwei oder drei übereinanderliegende Maisonettewohnungen. Umgesetzt wurde die Idee bereits bei dem Projekt Finkenau auf der Uhlenhorst – allerdings ohne einen Laubengang. Dort entstanden dreizehn Stadthäuser mit jeweils zwei übereinanderliegenden Maisonettewohnungen. Die untere Wohnung besitzt einen direkten Gartenzugang, die obere verfügt über zwei Dachterrassen.

Mehr Geschosswohnungen, weniger Reihenhäuser

Die Grundfläche wird so besser genutzt als beim normalen Stadthaus. Auch Architekt Thüsing stellt sich darauf ein, dass das Reihenhaus an Bedeutung verlieren wird. „Angesichts der demografischen Entwicklung wird es künftig mehr Geschosswohnungen geben, denn das Reihenhaus ist auf die Familie ausgerichtet, und der Anteil der Haushalte mit Kindern liegt schon heute unter 30 Prozent.“