Hamburg. Exklusive Studie für Hamburg und das Umland: Das Angebot ist vielfältig, die Mietpreise hängen deutlich am Komfort.
Im Alter kann die eigene Immobilie mit vielen Treppen zur Last werden. Vor allem für die Generation 70 plus gewinnen andere Wohnformen an Bedeutung, die mehr Komfort und Service bieten, zumindest für einen Teil der älteren Generation.
„Service-Wohnen für Senioren bietet barrierefreie Wohnungen und Serviceleistungen, die es ihnen ermöglichen, weiterhin selbstbestimmt einen Haushalt zu führen“, sagt Annette Heilig, Vorstandsmitglied der Terragon AG. Das Unternehmen ist auf das Wohnen im Alter als Projektentwickler und Bauträger spezialisiert.
Immobilien: Hamburg bei Seniorenwohnungen gut ausgestattet
Diese Wohnform darf nicht mit Pflegeeinrichtungen verwechselt werden, auch wenn mitunter vom betreuten Wohnen gesprochen wird. „Die Zielgruppe sind Senioren, die meist das 70. Lebensjahr bereits überschritten haben und die noch vital und unternehmenslustig sind“, sagt Heilig. Sollten sich dann doch später gesundheitliche Probleme ergeben, können ambulante Pflegeleistungen auch in diesen Appartements in Anspruch genommen werden.
Gemessen am Bedarf, der aktuell auf rund zehn Prozent der in Frage kommenden Haushalte geschätzt wird, ist Hamburg gut mit Anlagen zum Service-Wohnen ausgestattet. Auf 100 Haushalte in der Altersgruppe 70 plus kommen zehn entsprechende Wohneinheiten. Im Hamburger Umland ist der Versorgungsgrad deutlich geringer. In den Landkreisen Stade, Harburg und Lüneburg stehen weniger als drei Wohneinheiten zur Verfügung, wie aus einer Studie von Terragon hervorgeht, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt. Lediglich im Kreis Stormarn gibt es mit knapp 13 entsprechenden Wohnungen auf 100 Haushalte eine überdurchschnittliche Versorgung.
Wohnanlagen für Senioren mit Sternen bewertet
In Ahrensburg am Schlosspark errichtet Terragon eine Service-Wohnen-Anlage mit 100 Einheiten. Die Einrichtung mit Vier-Sterne-Niveau soll bis Ende des Jahres bezugsfertig sein, sagt Heilig und nennt Preisbeispiele. Ein Zwei-Zimmer-Apartment mit 46 Quadratmetern Wohnfläche wird 1500 Euro Gesamtmiete kosten. Wer es geräumiger mit drei Zimmern auf 74 Quadratmetern haben möchte, muss mit monatlichen Kosten von 2230 Euro rechnen.
Darin enthalten sind die Grundmiete und die Betriebskosten sowie eine Gebühr für den Grundservice, den eine solche Anlage bietet. Sie werden wie Hotels mit ein bis fünf Sternen eingestuft. Zehn Prozent der Anlagen haben vier oder fünf Sterne. Die Wohnanlagen für die Generation 70 plus unterscheiden sich in der Lage, der Architektur des Gebäudes, der Ausstattung der Wohnungen und dem zusätzlichen Service, der in diesen Wohnanlagen geboten wird. Je mehr Sterne, desto besser die Lage mit der Anbindung an Versorgungseinrichtungen und um so komfortabler ist das Wohnen.
Große Unterschiede bei Wohnbedingungen
Einige Beispiele: In der Kategorie ein bis drei Sterne wird ein Notruf in der Wohnung über einen Dienstleister realisiert. Häuser mit vier oder fünf Sternen können mit eigenem Personal auf einen Notruf reagieren. Bei diesen Häusern kommen sechs bis zehn Vollzeitkräfte auf 100 Bewohner, um sie mit Beratung und Hilfsangeboten zu unterstützen. In einem Zwei-Sterne-Haus gibt es lediglich eine Vollzeitkraft auf 100 Bewohner. Vier- und Fünf-Sterne Anlagen haben ein eigenes Restaurant und einen Wellnessbereich, bei fünf Sternen sogar mit einem Pool.
„In den höherwertigen Anlagen, also die, die mit vier oder fünf Sternen klassifiziert sind, ist das Raumangebot an Gesellschaftsflächen, die also von allen genutzt werden können, üppiger“, sagt Heilig. „Es gibt zum Beispiel einen Salon, Kaminzimmer sowie Kurs- und Gesellschaftsräume.“ Die Freizeitangebote sind umfangreicher. Insgesamt existieren rund 300 Kriterien für Standort, Gebäude- und Wohnungsstruktur sowie Serviceangebote.
Senioren in Hamburg stehen finanziell gut da
Die Diskussion über die Altersarmut verdeckt, die parallel vorliegende zahlungskräftige Nachfrage der historisch reichsten Rentnergeneration Deutschlands: Jedem dritten westdeutschen Rentnerhaushalt ab 65 Jahren stehen mehr als 2500 Euro monatlich zur Verfügung. Dazu kommen erhebliche Geld- und Immobilienvermögen. Wenn man von einer maximalen Mietbelastung von 50 Prozent des verfügbaren Einkommens ausgeht, können sich nach einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Empirica rund 27 Prozent der Rentnerhaushalte eine Monatsmiete von 2000 Euro und 19 Prozent sogar eine Miete von 2500 Euro leisten.
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In der Region Hamburg sind die finanziellen Voraussetzungen für das teure Service-Wohnen im Alter besonders gut. Das Haushaltsnettoeinkommen in der Altersklasse 70 bis 79 Jahre reicht von mehr als 3000 Euro im Kreis Harburg bis zu 2620 Euro im Kreis Segeberg, wie die Deutsche Teilkauf und Empirica für das Abendblatt ermittelten. Die durchschnittlichen Gesamtkosten für das Service-Wohnen fallen in Hamburg mit rund 1100 Euro recht niedrig aus, was dran liegt, dass von rund 17.000 Wohneinheiten nur rund 2400 im Premium-Bereich liegen.
Immobilien-Bedarf an Service-Anlagen wird zunehmen
In den nächsten Jahren wird der Bedarf an Service-Wohn-Anlagen bundesweit zunehmen, erwartet Heilig. Rund 300.000 solcher Wohnungen gibt es derzeit insgesamt. „Wir haben eine erhebliche Angebotslücke“, sagt Heilig. Allein in Hamburg könnten rund 50.000 solcher Wohnungen noch entstehen, wenn man vom Nachfragepotenzial in der Altersgruppe 70 plus ausgeht.