Hamburg. Viele sahen den Riesen-Airbus vor dem Aus, doch nun setzen mehrere Airlines ihn wieder ein. Einer der Gründe erscheint bizarr.
Das Coronavirus brachte viele Flugzeuge aufs Abstellgleis. In der nun fast zwei Jahre währenden Pandemie brach der Luftverkehr zeitweise zusammen. Insbesondere für den A380 war in den Flugplänen der Airlines keine Verwendung. Die „Königin der Lüfte“ mit meist um die 500 eingebauten Sitzen war wegen der hohen Passagiereinbußen nicht rentabel zu betreiben.
Statt täglich die großen Luftdrehkreuze der Welt anzufliegen, ging es für die größten Passagierflugzeuge der Welt häufig auf Flugplätze, die in entlegenen Regionen liegen und mit warmem und trockenem Klima punkten. So sollten Korrosions- und Wasserschäden vermieden werden. Denn Langzeitparken war für die Riesen-Airbusse angesagt. Viele sahen durch die Corona-Krise das Aus für die Airbus-Flaggschiffe sogar besiegelt.
Airbus: Warum der A380 doch wieder eingesetzt wird
In den vergangenen Wochen deutet sich für den Flieger aber ein Comeback an. Zunehmend mehr Fluggesellschaften setzen den Riesenjet erneut ein. Seit Anfang Dezember fliegt British Airways (BA) mit dem A380 von London-Heathrow aus nach Dubai und Miami, zeitweise ging es auch nach Los Angeles.
Dafür ausschlaggebend waren Erleichterungen bei der Einreise für Briten in die USA und das erhoffte Mehr an Passagieren. Mindestens vier der zwölf A380 müssten wohl bei British Airways wieder im Einsatz sein. Ab nächsten Montag wird der vierstrahlige Doppeldecker laut Homepage auch nach Johannesburg in Südafrika eingesetzt. Ab Mai ist der Einsatz nach San Francisco im Flugplan hinterlegt. Spekulationen gibt es über ein Comeback des BA-A380 auf den Routen nach Dallas und Singapur.
Die dort beheimatete Singapore Airlines kündigte Mitte Dezember die Rückkehr ihres Flaggschiffes nach Deutschland an. Ab dem 28. März 2022 – mit Beginn des Sommerflugplans – werde der A380 dank der schrittweisen Erholung der Luftfahrt wieder täglich auf der Strecke Singapur–Frankfurt–New York eingesetzt. Die asiatische Airline hatte 2007 als erster Kunde einen Riesen-Airbus erhalten. Anfang 2019 machte diese Maschine allerdings auch Negativschlagzeilen, weil sie keine zwölf Jahre nach der Auslieferung verschrottet wurde. Ein geringes Alter für das Ende eines Fliegers. Singapore Airlines hatte den Leasingvertrag mit dem Dortmunder Fondshaus Dr. Peters auslaufen lassen, das keinen Nachmieter mehr fand.
A380: Im Doppelbett von Frankfurt nach New York
Seit Ende 2017 wurden die Kabinen mehrerer Jets aber für mehrere Millionen Euro aufwendig modernisiert – solche Maschinen sollen nun an Deutschlands größten Flughafen fliegen. „Wir sind stolz darauf, dass der A380 nach Frankfurt zurückkehrt und wir unseren Kunden damit unser neuestes Flaggschiff … anbieten können“, sagte Alastair Hay-Campbell, General Manager für Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die First Class gilt als eine der besten der Welt. Wer zwei benachbarte Suiten bucht, kann über den Wolken in einem Doppelbett schlafen. 11.292,30 Euro müsste das Paar für den einfachen Hinflug von Frankfurt zum John F. Kennedy Airport in der Deluxe-Version zum Re-Start der Verbindung berappen.
In den nächsten Wochen kehren Mumbai und Neu-Delhi in Indien als A380-Ziele für Singapore Airlines zurück. Peking und Shanghai könnten folgen, wenn Chinas Grenzpolitik liberaler wird. Dann könnten es bald wieder acht Direktverbindungen von Singapore Airlines mit dem Riesen-Airbus sein, von dem zwölf der derzeit 19 in der Flotte langfristig bleiben sollen. Bisher werden nur London und Sydney angeflogen.
A380-Comeback bei Qantas aus bizarrem Grund
Aus Australien kommt die jüngste Meldung über die Reaktivierung des Flugzeugriesen. Ursprünglich rechnete Qantas damit, den A380 erst 2024 wieder einzusetzen. Dann wurde es Juli 2022, dann April, März – und nun war es schon am 11. Januar so weit. Dreimal die Woche geht es von Sydney nach Los Angeles. Die Airbus-Maschine soll den 787 Dreamliner von Boeing auf der Strecke ersetzen. Der Grund dafür mutet ein wenig bizarr an. 70 Qantas-Piloten des Jets haben ihre Basis in Queensland. Und nach jedem internationalen Flug müssen sie 14 Tage in Isolation. Das reduziert natürlich ihre Einsatzmöglichkeiten.
„Wir haben einen A380 frühzeitig zurückgebracht, weil er uns während der hektischen Sommerferien etwas Flexibilität gibt, die wir brauchen“, sagte vor Kurzem ein Qantas-Sprecher. Nachdem das Flugzeug startklar und die Crew wieder auf ihm trainiert ist, „können wir einen Teil der Lücke schließen, die bei den vielen 787-Piloten gerissen wurde, die an die Quarantäneregeln gebunden sind.“
Im November wurde ein A380 aus Dresden zurückgeholt. Dort erhielt er bei den Elbe Flugzeugwerken eine neue Kabine – wie andere A380 auch. Ende 2022 sollen sechs Flieger in den Hangar von Sydney verlagert sein, bis Anfang 2024 vier weitere. Qantas will sich von zwei Maschinen trennen, weil sie überflüssig seien.
Akbar Al-Baker: A380-Kauf ist „größter Fehler“ in der Geschichte der Airline
Das Aus für die gesamte zehn Stück umfassende A380-Flotte galt bei Qatar Airways als beschlossene Sache. Schließlich bezeichnete Chef Akbar Al-Baker den Kauf des Riesen-Airbusses mehrfach als „größten Fehler“ in der Geschichte der Airline. Der A380 sei „bezüglich der Emissionen eines der schlimmsten Flugzeuge der heutigen Zeit“ und ein „teurer Spritfresser“, sagte der für seine markigen Sprüche bekannte Al-Baker. Wegen der vier Triebwerke verbraucht er deutlich mehr Sprit als zweistrahlige Konkurrenten. Jüngere Modelle wie Boeings Dreamliner oder der A350 von Airbus gelten zudem wegen eines höheren Anteils an Verbundwerkstoffen statt Aluminium als wartungsärmer als der A380. Doch seit Mitte Dezember kommt er auf den Routen von Doha nach London-Heathrow und Paris Charles de Gaulle wieder zum Einsatz.
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Qatar sieht Mängel der Lackierung beim Typ A350
Die Rückkehr des A380 hängt mit einem Streit zusammen, den das katarische Unternehmen mit Airbus vom Zaun gebrochen hat und künftig vor englischen Gerichten verhandelt wird. Seit Monaten nimmt es keine neuen Großraumflieger vom Typ A350 mehr ab. Qatar Airways bemängelt ein Problem am Lack. Es soll den Blitzschutz verschlechtern und zu Rissen in dem Verbundwerkstoff führen. Der Flugzeugbauer verweist hingegen darauf, dass der Jet sehr zuverlässig operiere und die europäische Luftaufsichtsbehörde EASA keine Auswirkungen der Oberflächenlackierung auf die Lufttüchtigkeit erkannt habe.
Die Luftfahrtbehörde Katars sah dies offenbar – als einzige weltweit – anders und verfügte, dass 13 A350 deshalb nicht mehr abheben dürfen. Diese Flugzeuge würden jetzt beim Anziehen der internationalen Nachfrage fehlen. Daher „blieb uns keine andere Wahl, als eine kleine Anzahl unserer A380 sowie einige A330 wieder in Betrieb zu nehmen“, sagte ein Qatar-Airways-Sprecher. Mindestens fünf der A380 sollen wieder in Betrieb genommen werden.
Der letzte Riesen-Airbus ging nach Dubai
Zumindest ein offenes Hintertürchen für ihren Einsatz scheint es bei Etihad Airways zu geben. „Wenn es wirtschaftlich wieder funktioniert, sind sie wieder dabei“, sagte Airline-Chef Tony Douglas dem Portal Executivetraveller. Die Passagiere würden den Flieger lieben. Aber wenn nicht, sei man keine eingetragene Wohlfahrtsorganisation, und sie seien draußen. Für eine endgültige Entscheidung sei es aber noch zu früh, weil der Markt erst langsam wieder anziehe. Eigentlich galt die Rückkehr des größten Passagierflugzeugs der Welt in die Flotte der Airline mit Sitz in Abu Dhabi als ausgeschlossen.
Im Nachbaremirat Dubai ist die Situation eine ganz andere. Emirates ist mit 123 bestellten Fliegern der mit Abstand größte A380-Kunde, auch wenn fünf bereits ausgemustert wurden. Das Flugzeug hängt maßgeblich mit dem Aufstieg des Flughafens zu einem weltweit bedeutenden Luftdrehkreuz zwischen den Kontinenten zusammen. Nach dem Produktionsaus des Fliegers erhielt die Airline im Dezember im Werk auf Finkenwerder, wo große Teile des Flugzeugs gebaut wurden, den letzten jemals gebauten Riesen-Airbus.
Wo der A380 wieder eingesetzt wird – und wo nicht
„Aktuell sind über 50 unserer A380-Flugzeuge aktiv im Flugbetrieb“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. Die genaue Anzahl der eingesetzten Flugzeuge variiere von Tag zu Tag. Im Laufe des Jahres 2021 sei mit steigender Nachfrage die Zahl der Ziele erhöht worden. Derzeit seien es mehr als 25 Städte – darunter auch Hamburg. Zwei tägliche Verbindungen gibt es. Der eingesetzte Flugzeugmix mit einem A380 und einer Boeing-777 bediene die „derzeitige Nachfrage optimal“, sagte der Sprecher.
Auch Emirates investiere in eine Verschönerung der Kabine und statte 52 Maschinen mit der neuen Premium-Economy-Klasse aus. Die derzeit nicht eingesetzten A380 sind in Dubai geparkt. „Wir werden schrittweise weitere A380 für den Flugbetrieb reaktivieren“, sagte der Sprecher. Und zwar dann, wenn es sich wirtschaftlich aufgrund einer weiter steigenden Nachfrage lohnt. Offen, wann es sich wegen der Omikronvariante lohnt.
Dass der Flieger rentabel betrieben werden kann, haben eine Reihe von Airlines für sich aber abgehakt. Air France will seine zehn Flieger ausmustern. Malaysian Airlines sucht für seine sechs Maschinen ebenso händeringend einen Käufer wie Thai Airways für mindestens zwei seiner sechs Exemplare. Bei Korean kommen zu den zehn eigenen Fliegern sechs von Asiana Airlines hinzu, wenn die Übernahme abgeschlossen ist. Eine Zukunft soll der Flieger dort aber nicht haben. Dem Portal Flightglobal sagte Korean-Chef Cho Won-tae, man werde das Modell bis in fünf Jahren ausmustern.
Das passiert mit den A380 bei Lufthansa
All Nippon Airways erhielt als vorletzter Kunde ihren dritten A380. Die im Schildkröten-Design lackierten Maschinen wurden zwischenzeitlich zwischen Japan und Hawaii eingesetzt und bei 3,5-stündigen Rundflügen, auf denen hawaiianisches Essen serviert wurde. Die portugiesische Charterairline Hi Fly hat den einst von Singapore Airlines übernommenen A380 vor rund einem Jahr zurückgegeben – es war der erste und bisher einzige Riesenjet, der auf dem Gebrauchtmarkt einen neuen Abnehmer fand. Selbst China Southern soll trotz regelmäßiger Einsätze nach Europa über das Aus des Riesenfliegers nachdenken.
Und was plant Deutschlands größte Airline? „Bei Lufthansa wurden 14 A380 dauerhaft aus dem Betrieb genommen“, hatte Vorstandschef Carsten Spohr bereits Anfang März 2021 gesagt. Der Einsatz des Flugzeugs sei „derzeit nicht geplant“, sagte eine Sprecherin nun auf Anfrage. Es läuft also auf eine Ausmusterung hinaus. Klar ist, dass sechs A380 zurück an Airbus verkauft wurden. Im Gegenzug hatte die Kranich-Linie im März 2019 20 A350 bestellt. Unklar, was der DAX-Konzern mit den Fliegern vorhat. „Wir kommentieren unsere vertraulichen Vertragsinhalte mit Kunden grundsätzlich nicht“, sagte ein Airbus-Sprecher.
In den Jahren 2022 und 2023 sollen die Flieger sukzessive an Airbus zurückgehen, sagte die Lufthansa-Sprecherin: „Wenn es so weit ist, werden wir das verkünden.“ Im Moment befinden sich alle Maschinen im Langzeitparkmodus, zwölf in Teruel (Spanien), zwei in Lourdes (Südfrankreich). Dort herrschen ideale Klimabedingungen – die Reaktivierung in den operativen Flugbetrieb ist eher unwahrscheinlich.