Hamburg. Die Firma OfficeCentre mit bundesweit 50 Filialen ist “von Corona hart getroffen“ worden. 200 Beschäftigte in Hamburg bangen.
Ein bekanntes Handelsunternehmen mit Sitz in Hamburg ist ein Opfer der Corona-Krise geworden: Die Firma OfficeCentre, besser bekannt unter dem Markennamen Staples, hat Insolvenz angemeldet. Betroffen sind bundesweit 700 Beschäftigte und 50 Filialen, davon neun in Hamburg. In der Hansestadt hat OfficeCentre rund 100 Mitarbeiter in der Zentrale in Winterhude und gut 100 weitere in den Filialen.
Staples meldet Insolvenz an – 200 Beschäftigte in Hamburg
Nach Angaben des vorläufigen Insolvenzverwalters Sven-Holger Undritz handelt es sich um den größten stationären Einzelhändler für Büroartikel in Deutschland. Der Geschäftsbetrieb werde uneingeschränkt fortgeführt. „Zunächst haben wir sichergestellt, dass die Löhne und Gehälter trotz der Insolvenz pünktlich an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden können“, so Undritz in einer ersten Stellungnahme. „Ich verschaffe mir mit meinem Team derzeit einen Überblick über die Situation des Unternehmens, das von Corona hart getroffen wurde.“
In Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss werde „sehr zeitnah“ ein Verkaufsverfahren eingeleitet, um einen Investor zu finden, „der das Unternehmen wieder aus der Insolvenz herausführt“, so Undritz.
Abendblatt-Leser hatten berichtet, dass es in Hamburger Filialen etwa seit Jahresbeginn zu Lieferproblemen und drastischen Personalreduktionen gekommen sei. Dazu hieß es jetzt vom Unternehmen, man stehe in engem Kontakt mit den Lieferanten, um die Versorgung mit Waren wieder sicherzustellen.
Staples gehört zur Firma OfficeCentre
Schon seit 2019 gehören die Filialen in Deutschland nicht mehr zum US-amerikanischen Konzern Staples, dem weltgrößten Anbieter für Bürobedarf, auch wenn sie weiter diesen Markennamen verwenden. Eigentümer wurde zu diesem Zeitpunkt die inhabergeführte Firma OfficeCentre aus Almere mit 32 Büroartikel-Märkten in den Niederlanden.
Im Juni 2021 ist dieses Unternehmen von der niederländischen Beteiligungsgesellschaft Standard Investment übernommen worden. Das Staples-Großkundengeschäft wiederum ging im September 2021 an den französischen Lyreco-Konzern und ist von der Insolvenz daher nicht betroffen. Dieses Geschäft agiert unter den Namen Staples Solutions sowie Staples Advantage.
Bereits am 7. Februar hatte OfficeCentre in den Niederlanden einen Antrag auf Einleitung eines sogenannten Schutzschirmverfahrens gestellt. Wie das Fachportal BusinessPartner PBS berichtet, zitierte das niederländische Fachmagazin KBM dazu aus einem Schreiben von Office Centre an die Lieferanten: „Die strengen und langwierigen Corona-Maßnahmen, die den Unternehmen in den Niederlanden und in Deutschland auferlegt wurden, haben zu einem starken Rückgang der Geschäftsbesuche bei OfficeCentre und damit auch des Umsatzes geführt.“
Hamburg: Corona hat Staples schwer getroffen
Unter anderem die 40-wöchige Schließung von Geschäften in Deutschland habe einen „sehr negativen Einfluss“ auf die Finanzergebnisse von OfficeCentre gehabt. Die Onlineshops der deutsch-niederländischen Gruppe hätten es nicht vermocht, „diesen großen Umsatzverlust auszugleichen“. Dies habe zu „akuten Liquiditätsengpässen“ geführt, auch wegen stark eingeschränkter Handelskredite. Letztlich seien die Corona-Maßnahmen im Zeitraum Dezember 2021/Januar 2022 für die Firma „zu drastisch“ gewesen.
Dem Marktforschungsinstitut Marketmedia24 zufolge hat die Pandemie den deutschen Markt für Papier, Büroartikel und Schreibwaren (kurz: PBS), der zuvor ein Volumen von gut zwölf Milliarden Euro hatte, sehr hart getroffen. In den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 sei der Umsatz um insgesamt zwei Milliarden Euro eingebrochen.
Im Jahr 2020 hätten die Deutschen pro Kopf nur noch 157 Euro für Papier, Büro- und Schulbedarf sowie Schreibwaren ausgegeben, 2015 seien es noch mehr als 180 Euro gewesen. Corona beeinträchtige nicht nur weiterhin das Konsumklima. Zudem seien zahlreiche Lieferketten noch immer gestört.
Könnte der Online-Handel Staples retten?
Für das Onlinegeschäft, das branchenweit zuletzt ein Volumen von 2,8 Milliarden Euro hatte, erwartet Marketmedia24 jedoch eine Fortsetzung des Wachstumskurses, den auch die Corona-Jahre 2020 und 2021 nicht unterbrochen hätten. Die Marktforscher rechnen damit, dass der Onlinehandel bis 2030 mit fast 29 Prozent Anteil am Gesamtumsatz den Facheinzelhandel überflügeln wird.
Auch bei OfficeCentre sieht man große Chancen darin, den stationären Handel mit dem wachsenden Onlinegeschäft besser zu verbinden. Letzteres hat bei dem Unternehmen bisher allerdings offenbar einen im Branchenvergleich gesehen noch deutlich unterproportionalen Anteil.
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Der vorläufige Insolvenzverwalter von OfficeCentre, Sven-Holger Undritz, leitet die deutsche Restrukturierungs- und Insolvenzpraxis der international tätigen Wirtschaftskanzlei White & Case.
Undritz arbeitet an deren Standorten Hamburg und Flensburg und hat bereits zahlreiche Insolvenzverfahren in Norddeutschland begleitet – etwa beim Charterflieger Hamburg International und zuvor bei Hamburg Airways, beim Erotikdienstleister Beate Uhse und bei der Oortkaten-Werft, bekannt für die „Bügeleisen“-Fähren der Hadag. Zu den namhaften Insolvenzverfahren, an denen Undritz beteiligt war, zählen darüber hinaus die Schieder Möbel Holding, einst der größte Möbelhersteller Europas, sowie der Solarenergiekonzern Conergy.