Hamburg. Ab sofort müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Schnelluntersuchungen anbieten. Budnikowsky fordert Staatshilfen für Unternehmen.

Seit dem heutigen Dienstag gibt es für Hamburgs Unternehmen in der Corona-Bekämpfung neue Auflagen. Jede Firma ist nun verpflichtet, ihren Arbeitnehmern mindestens einen Corona-Test pro Woche anzubieten. Was das für die Wirtschaft bedeutet und wie sie damit umgeht, dokumentiert das Abendblatt in Form der wichtigsten Antworten zur neuen Verordnung.

Testpflicht: Wie ist die rechtliche Lage?

Grundlage für die neue Testpflicht ist eine Änderung der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Die Verordnung muss nicht vom Bundestag oder Bundesrat bestätigt werden.

Was besagt die neue Corona-Regelung?

Zur Minderung des betrieblichen Infektionsrisikos hat der Arbeitgeber Beschäftigten, sofern diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten, mindestens einmal pro Kalenderwoche einen Test anzubieten. Arbeitgeber, deren Beschäftigte in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, wie Erntehelfer, oder Leiharbeiter, müssen zweimal pro Woche Tests anbieten.

Gleiches gilt für Arbeitgeber, deren Beschäftigte in geschlossenen Räumen unter klimatischen Bedingungen arbeiten, die eine Übertragung des Coronavirus begünstigen (beispielsweise Fleischbetriebe), sowie für Betriebe, die personennahe Dienstleistungen mit direktem Körperkontakt anbieten, oder viel Kundenkontakt haben (Einzelhandel).

Wie ist die Testsituation in Hamburg?

Einer aktuellen Umfrage des Groß- und Außenhandelsverbands zufolge bieten in Hamburg auch ohne Pflicht bereits 70 Prozent der Unternehmen Corona-Tests für ihre Mitarbeiter an. Die Unternehmen müssen für die Kosten selbst aufkommen. Nur wer Anspruch auf Überbrückungshilfe 3 hat, also Umsatzeinbußen von 30 Prozent nachweisen kann, kann Tests als betriebliche Kosten geltend machen.

Corona: Wie läuft das Testen ab?

„Jedes Unternehmen sollte einen Testbeauftragten benennen, der die Tests koordinieren, in das vorhandene Hygienekonzept eingliedern und den Behörden gegenüber dokumentieren muss“, sagt eine Sprecherin der Handelskammer. Die Tests können je nach Absprache mit dem Arbeitgeber zu Hause oder am Arbeitsplatz durchgeführt werden. Der Arbeitnehmer sollte das Ergebnis mitteilen, muss es aber nicht. „Will der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eine Bescheinigung ausstellen, dann muss hingegen ein von der Firma bestimmter Testbeauftragter dabei sein. Dieser hat dann die Aufgabe die Testungen unter Vollschutz zu überwachen.“

Die Ergebnisse sind unter Angabe der Personendaten schriftlich oder elektronisch in einem Testlogbuch zu dokumentieren. Dieses ist der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind nach vier Wochen zu löschen

Wie reagieren Firmen auf Testpflicht?

Die großen Verbände sprechen sich gegen die Testpflicht aus. „Angesichts des freiwilligen Engagements halten zwei Drittel der Betriebe eine Testpflicht für überflüssig und sehen sie eher als bürokratische Gängelung“, sagte AGA-Präsident Hans Fabian Kruse am Montag. „Die Ausweitung der Schnelltests ist richtig. Eine große Zahl an Unternehmen hat diese auch freiwillig unterstützt“, sagt Bettina Hees, Ärztin und Vizepräses der Handelskammer.

Und weiter: „Mehrere Studien haben gezeigt, dass das frühe Herausfiltern von positiv getesteten Personen die Infektionsausbreitung deutlich verlangsamt. Aber bei einem verpflichtenden wöchentlichen Testangebot für alle in Präsenz Beschäftigten und bei vollständiger Annahme dieses Angebots werden deutschlandweit bis zu 37,8 Millionen Tests pro Woche benötigt. Selbst wenn die in Präsenz Beschäftigten Tests ohne Beaufsichtigung und ohne Bescheinigung des Arbeitgebers zu Hause durchführen, fallen hierdurch Zusatzkosten in Höhe von etwa 340 Millionen Euro pro Woche für die Unternehmen an.“

Das hätten Untersuchungen der führenden Wirtschaftsverbände ergeben, so Hees. „Diese finanziellen Belastungen können die schon stark gebeutelten Unternehmen nicht übernehmen, sie müssen von Bund und Ländern getragen werden.“ Cord Wöhlke, Chef der Hamburger Drogeriemarktkette Budnikowsky, sagt: „Pandemiebekämpfung ist Aufgabe des Staates. Deshalb ist unsere Forderung nach einer finanziellen Unterstützung bei einer Testpflicht gerecht und nachvollziehbar. Zumal der Bund allen Bürgern ja auch einen kostenlosen privaten Schnelltest pro Woche anbietet.“

Budnikowsky koste die Testung der rund 2000 Mitarbeiter etwa 60.000 Euro im Monat. „Wegen des Kundenkontakts müssen unsere Mitarbeiter zweimal pro Woche getestet werden.“

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Welche Corona-Tests sind erlaubt?

Es können alle Tests zum direkten Erregernachweis von Covid-19 angeboten werden, das umfasst PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen beziehungsweise zur Selbstanwendung. Nicht erlaubt sind Antikörpertests, die nicht das Virus selbst nachweisen, sondern Antikörper, die aufgrund einer Infektion oder einer Impfung gebildet wurden. Diese Tests zeigen keine akute Infektion an und können nicht zur Erfüllung der Anforderungen der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung an ein Testangebot herangezogen werden.

Wo kommen die Corona-Tests her?

Antigen-Schnelltests können im Fachhandel für Medizinprodukte oder in Apotheken bestellt werden. Informationen zu Anbietern gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite.

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Stehen genug Corona-Tests zur Verfügung?

Dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. Während der Handelskammer zufolge dieses Problem inzwischen gelöst ist, weisen andere auf eine Knappheit hin: „Noch immer gibt es Engpässe bei den Tests, weil die staatliche und private Nachfrage das aktuelle Angebot übersteigt“, sagt etwa AGA-Präsident Kruse.

„Der vom Staat verordnete Testzwang wird daher zunächst nicht vollständig umgesetzt werden können, auch in den öffentlichen Unternehmen nicht.“ Kleineren Firmen mit Beschaffungsproblemen könnte der Hafenkonzern HHLA helfen. Die HHLA hat schon die Testbeschaffung für eine Reihe städtischer Unternehmen übernommen.

Was passiert bei positivem Corona-Test?

Das ist wie bei Privatpersonen. Beschäftigte, bei denen ein positives Antigen-Schnelltestergebnis vorliegt, gelten als Verdachtsfall und müssen sich in Quarantäne begeben. Betroffene müssen sich telefonisch mit der Hausarztpraxis oder einem geeigneten Testzentrum in Verbindung setzen, damit eine PCR-Testung in die Wege geleitet wird, um das Ergebnis des Antigen-Schnelltests zu bestätigen oder zu widerlegen.

Wie wird die Einhaltung kontrolliert?

Die Kontrollen können über die Gesundheitsämter der Bezirke sowie über das Amt für Arbeitsschutz (Verbraucherschutzbehörde) erfolgen, teilte die Sozialbehörde mit. Es ist mit Stichproben zu rechnen.