Hamburg. Weniger Touren, weniger Kunden, höhere Kosten für Benzin und Personal stürzen Branche in Krise. Behörde wagt überraschenden Schritt.
Die Beschreibung der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Hamburger Taxibranche klingt alarmierend. „Das Gros des Gewerbes kann derzeit nicht kostendeckend arbeiten“, sagt Dennis Krämer, der Sprecher der Verkehrsbehörde.
Der wohl wichtigste Grund dafür ist: Die Nachfrage nach Fahrten ist deutlich geringer als in den Vor-Corona-Jahren, die Zahl der Touren ist gesunken. Die Zahl der Taxis auf den Straßen der Hansestadt ist aber gleich geblieben.
Taxis in Hamburg fahren mit Verlust – jetzt greift die Stadt ein
Nun bangt die Behörde um die „Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes“ – und unternimmt einen ungewöhnlichen Schritt. Ab sofort und für ein Jahr erteilt sie keine neuen Genehmigungen für Taxis.
Die von der Verkehrsbehörde regelmäßig erhobenen Zahlen belegen eine besorgniserregende Entwicklung in der Branche. So ist die Zahl der jährlichen Taxitouren in der Stadt von 12,22 Millionen im Jahr 2017 auf zuletzt (2023) 9,55 Millionen gesunken. Zugleich ist die Zahl der elfenbeinfarbenen Wagen mit etwa 3000 gleich geblieben.
Taxi Hamburg: Statt zwölf nur noch zehn Touren pro Schicht
Die Folge: Statt zwölf Touren pro Schicht fährt ein Taxi nur noch gut zehn Touren pro Schicht. Um kostendeckend zu arbeiten, müsse ein Wagen pro Stunde etwa 32 Euro Umsatz einfahren, derzeit seien es jedoch im Schnitt nur 26,92 Euro.
In der Branche heißt es, insbesondere die Fahrten für Geschäftskunden seien während Corona eingebrochen und hätten sich nicht erholt. Auch deshalb sind nun Taxifahrten zum Festpreis geplant und aktuell bei FreeNow auch noch möglich.
Besonders betroffen von dieser Entwicklung seien die sogenannten Mehrwagen-Unternehmen, sagt Behördensprecher Krämer. Für sie kommt erschwerend hinzu, dass sie ihren angestellten Fahrern den gestiegenen Mindestlohn zahlen müssen.
Taxi Hamburg: Warum die Branche kaum Konkurrenz durch Mietwagen hat
Dabei ist die Branche in Hamburg an sich noch besser dran als in anderen Großstädten wie München und Berlin. Dort haben die Unternehmen zusätzlich Konkurrenz durch Mietwagen mit Fahrern, die oft für weniger Geld fahren. In Hamburg hat der Fahrtenvermittler FreeNow das Mietwagengeschäft bereits vor Jahren nach kurzer Zeit wieder eingestellt, für Uber sind nach eigenen Angaben nur einige wenige Unternehmen tätig.
Mehr Wirtschaftshemen
- Aurubis: Überraschung vor Betrugsprozess – weitere Verzögerung
- Superreiche: In Hamburg gibt es weit mehr als 40.000 Millionäre
- Speicherstadt: Hamburgs Unesco-Weltkulturerbe wird zur Wärmespeicherstadt
Nach Informationen des Abendblatts liegt das vor allem daran, dass die Taxiaufsicht in der Verkehrsbehörde die Mietwagenfirmen auf Herz und Nieren prüft. Können die Anbieter nicht nachweisen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben und die Sozialstandards erfüllen, bekommen sie in Hamburg keine Genehmigung.
Taxi Hamburg: Höherer Tarif „scheidet aus“
Erhöhungen des Tarifs, um die Einnahmen der Taxifahrer zu erhöhen, „scheiden aus“, heißt es in der Behörde. „Um die Nachfrage nicht weiter zu hemmen“, so Sprecher Krämer. Stattdessen solle sich „das Fahrzeugangebot an die Nachfrage anpassen und damit die Auslastung wieder verbessert werden.
Im Klartext: Wenn die Zahl der Taxis in Hamburg nun sinkt, weil keine weiteren hinzukommen, hat die geschrumpfte Flotte bessere Chancen, tatsächlich wieder mit Gewinn zu fahren. Wer jetzt noch eine Taxilizenz in Hamburg beantragt, wird auf die Warteliste gesetzt.