Hamburg. Hohe Zinsen sind an neue Bedingungen geknüpft. Kunden werden zudem in ein Girokonto gedrängt. Was Experten dazu sagen.

Nach der ersten Zinssenkung des Neobrokers Trade Republic kommen auf die Kunden weitere gravierende Änderungen zu. Wer in den nächsten Wochen nicht aufmerksam die Neuerungen der Bank verfolgt, läuft Gefahr, dass die Verzinsung des Guthabens ausbleibt.

Bereits vor einigen Wochen hatte Trade Republic angekündigt, dass die bisherige Grenze für die Verzinsung nicht investierten Geldes – 50.000 Euro – gefallen ist. Doch auf der Internetseite der Bank taucht die Begrenzung weiterhin auf. Seit dem 12. Juni wird das Guthaben nur noch mit 3,75 Prozent statt vier Prozent verzinst. Grund ist die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB).

Neue Regeln bei Trade Republic: Was auf die Kunden zukommt

Nachdem der Neobroker für kostengünstigen Handel mit Aktien, Anleihen und ETF eine Vollbanklizenz erhalten hat, baut das Unternehmen seine Produktpaletten aus. Neu sind Girokonto und Debit-Karte. Für die Umsetzung ist es erforderlich, dass die Kunden eine neue IBAN, also eine neue Kontonummer bekommen. Erst dann fällt für den Kunden die Grenze von 50.000 Euro für die Verzinsung.

Die Zuweisung der neuen Kontonummer muss der Kunde aktiv bestätigen. Unterlässt er das, weil er an dem Girokonto gar nicht interessiert ist, riskiert er künftig die Verzinsung. „Das bisher verwendete Verrechnungskonto-Modell wird auf Dauer eingestellt und mit dem Trade Republic Girokonto ersetzt, da dies unsere neue technische Infrastruktur für den Zahlungsverkehr ist“, sagt ein Sprecher von Trade Republic.

Wer neue Kontonummer nicht akzeptiert, der verliert die Verzinsung

Wer die neue Kontonummer nicht akzeptiert, kann künftig keine Zinsgutschriften mehr bekommen und neue Produkte und Funktionen der Bank nicht nutzen. Allerdings werde der Kunde laut Trade Republic mehrmals darauf hingewiesen, dass er die neue Kontonummer akzeptieren soll. Der Handel mit Wertpapieren bleibt aber nach Auskunft der Bank weiterhin möglich. Die Zuweisung der neuen Kontonummern erfolgt schrittweise und soll in den nächsten Wochen abgeschlossen sein.

Von den Neuerungen bei der Verwaltung des nicht investierten Geldes ist das bisherige Kapital nicht betroffen. Allerdings gibt es für neue Einzahlungen Veränderungen. Trade Republic verwaltet bereits bisher das Geld nicht selbst, sondern überweist es an vier Partnerbanken: Deutsche Bank, J.P. Morgan SE, Citibank Europe und die HSBC Continental Europe S.A. Damit unterliegen die Guthaben entweder der deutschen oder der irischen Einlagensicherung. In jedem Fall sind 100.000 Euro pro Anleger abgesichert.

Guthaben soll auch in Geldmarktfonds fließen – ohne Zustimmung des Kunden

Künftig können sich die Kunden nicht mehr darauf verlassen, dass ihr gesamtes Geld in der Regel nur bei einer Partnerbank liegt. „Das bereits vorhandene Geldguthaben der Bestandskunden ist davon nicht betroffen. Nur bei neuen Einzahlungen kann es zu einer Aufteilung auf mehrere Partnerbanken und einer weiteren Diversifizierung in Geldmarktfonds kommen“, sagt ein Sprecher von Trade Republic.

Neu ist die Anlage des Geldes in Geldmarktfonds, ohne dass der Kunde einen Einfluss darauf hat. Nach Auskunft der Bank sei das ein dynamischer Prozess, der sich auch von Kunde zu Kunde unterscheiden wird. Allerdings wird die überschüssige Liquidität nicht gleich vom ersten Euro an in Geldmarktfonds fließen. Der Kunde werde transparent sehen können, wie viel Geld er noch anlegen kann, bevor es in Geldmarktfonds fließt, heißt es von der Bank. Je mehr Geld aber verzinst angelegt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Teile davon in Geldmarktfonds fließen. „Der Kunde wird transparent und tagesaktuell sehen können, wie sein Geld auf die Partnerbanken und den Geldmarktfonds aufgeteilt ist“, sagt der Banksprecher.

In Krisenzeiten können auch Geldmarktfonds Verluste machen

Geldmarktfonds gelten als sehr risikoarm und investieren in Wertpapiere mit kurzer Laufzeit. Schuldner sind vorwiegend Staaten und Banken. Die Rendite kann oberhalb der Zinsen für Tagesgeld liegen. Doch in Finanzkrisen wie 2008 haben Anleger auch schlechte Erfahrungen mit Geldmarktfonds gemacht. Damals rutschten auch diese Produkte ins Minus. Anders als Tagesgeld unterliegen Geldmarktfonds auch nicht der gesetzlichen Einlagensicherung der Banken.

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Die Verluste reichten damals von wenigen Promille bis zu sechs Prozent. Ursache war der Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers, der auch den Geldmarkt schwer erschütterte. In den Geldmarktfonds waren Wertpapiere, die nur mit Verlust verkauft werden konnten. Gleichzeitig „versilberten“ die Anleger aus Angst ihre Fonds. „Geldmarktfonds sind grundsätzlich eine liquide und schwankungsarme Geldanlage, die nach der Finanzkrise noch einmal deutlich strenger reguliert worden sind“, sagt der Sprecher von Trade Republic.

Bei anderen Banken weiß der Kunde nicht, wie das Tagesgeld angelegt wird

Die Verbraucherschützer bleiben angesichts der Neuerungen gelassen. „Bei Trade Republic ist alles sehr transparent, und das zeichnet sich auch bei den Neuerungen ab“, sagt Sandra Klug, Geldanlageexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Bei anderen Banken wissen die Kunden nicht, was die Bank mit ihrem Tagesgeld macht.“ Üblicherweise legen die Banken das Geld bei der Bundesbank an und erwirtschaften so risikolos hohe Zinserträge, weil der Zins, den sie ihren Kunden zahlen, deutlich niedriger ist als der, den sie bei der Bundesbank bekommen.

Christian Hecker ist Gründer und Chef von Trade Republic. Die Bank hat inzwischen vier Millionen Kunden.
Christian Hecker ist Gründer und Chef von Trade Republic. Die Bank hat inzwischen vier Millionen Kunden. © Trade Republic | Trade Republic

Die Aufsichtsbehörde BaFin, verweist darauf, dass es eine geschäftspolitische Entscheidung der Banken ist, wie sie die Einlagen anlegen, die sich auf den Tagesgeldkonten befinden. Zum konkreten Fall äußert sich die BaFin nicht. Richtig sei, dass der Kunde keine Kenntnisse habe, was die Bank mit dem Geld der Kunden mache. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Vorschriften, die sicherstellen, dass der Kunde jederzeit an sein Geld kann. So müssen die Banken für Verbindlichkeiten, die innerhalb von 30 Tagen fällig sind, Liquiditätspuffer vorhalten.

Mischung aus Guthaben und Geldmarktfonds: Kunde bekommt den versprochenen Zins

Die Mischung aus verzinstem Cash Guthaben und Geldmarktfonds dürfte ein Novum in der Bankenbranche sein. Für den Kunden soll sich trotz der gemischten Anlage nichts ändern. „Wir geben den Zins in der jeweils aktuellen Höhe, der sich nach dem Einlagenzins der EZB richtet – unabhängig von der Rendite der Geldmarktfonds – an alle Kunden weiter“, versichert der Banksprecher. Der Kunde müsse sich um nichts kümmern.

Branchenkenner haben allerdings Zweifel, ob es sich dann um ein klassisches Tagesgeld handelt. Schließlich könne die Fondsgesellschaft DWS ihre Geldmarktfonds auch nicht als Tagesgeld bezeichnen, weil eben ganz andere Grundlagen gelten, was die Beaufsichtigung der Produkte betrifft. Allerdings spricht Trade Republic selbst auch nicht von einem Tagesgeldkonto.