Hamburg. Internationales Gericht in Hamburg legt wegweisendes Gutachten vor. Was in dem Papier steht und wie die Betroffenen reagieren.

Der Hamburger Elbvorort Nienstedten ist nicht gerade der Nabel der Welt. Nur ab und zu gerät er in den Fokus der Öffentlichkeit, etwa bei Promifeiern im Hotel Louis C. Jacob oder wenn der Internationale Seegerichtshof eines seiner wegweisenden Urteile fällt. Am Dienstag war es wieder so weit.

Und diesmal waren wirklich Vertreter aus aller Welt nach Hamburg gekommen, weil es um eine grundsätzliche Entscheidung ging, die alle Staaten betrifft: den Klimawandel. Angerufen hatten das höchste maritime Gericht kleine Inselstaaten aus dem Pazifik und der Karibik, die sich extreme Sorgen wegen der Erderwärmung und des daraus resultierenden Anstiegs des Meeresspiegels machen.

Hamburger Gericht: Inseln haben Recht auf mehr Klimaschutz

Sie befürchten schlichtweg, in den ansteigenden Fluten abzusaufen, und wollten vom Seegerichtshof wissen, ob sie die Staatengemeinschaft zu mehr Klimaschutz verpflichten können. Am Dienstag stellten die Richter ihr Gutachten vor und bestätigten den Anspruch kleiner Inselstaaten auf mehr Klimaschutz. Der Rechtsauffassung des Seegerichtshofs zufolge besteht eine Verpflichtung der Unterzeichner des UN-Seerechtsübereinkommens von 1982, alle notwendigen Maßnahmen im Kampf gegen eine Meeresverschmutzung durch Treibhausgase zu unternehmen.

Blick von oben: Die Rock Islands von Palau sind Unesco-Naturerbe. Doch steigt der Meeresspiegel wie prognostiziert, dann sind sie bald nicht mehr zu sehen.
Blick von oben: Die Rock Islands von Palau sind Unesco-Naturerbe. Doch steigt der Meeresspiegel wie prognostiziert, dann sind sie bald nicht mehr zu sehen. © picture alliance / imageBROKER | Frank Schneider

2021 hatten die kleinen Inseln Antigua, Barbuda und Tuvalu eine eigene Kommission gebildet, die sich mit den Folgen des Klimawandels für sie befasst. Dieser Kommission traten rasch die Bahamas, die Republik Palau, der Inselstaat Niue, Vanuatu, St. Kitts und Nevis und Saint Lucia bei. Vor zwei Jahren riefen sie dann die höchstrichterliche Instanz des Seerechtsabkommens in Nienstedten an.

Seegerichtshof in Hamburg: Staaten müssen mehr für Klimaschutz tun

Nach Artikel 194 Absatz 1 des Übereinkommens haben die Vertragsstaaten die besondere Verpflichtung, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Meeresverschmutzung durch Treibhausgasemissionen zu verhüten, zu verringern und zu beherrschen, und sich zu bemühen, ihre Politik in diesem Zusammenhang zu harmonisieren, teilte das Gericht am Dienstag mit. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen.

Im UN-Seerechtsübereinkommen, das die grundlegenden Regelungen für nahezu alle Bereiche des Seevölkerrechts festlegt, haben sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, die Meeresumwelt zu schützen und zu bewahren. So müssen etwa Maßnahmen gegen die Verschmutzung der Meere ergriffen werden. Zu den knapp 170 Unterzeichnern gehören neben Deutschland auch die EU und China, nicht aber die USA.

Am Dienstag tagte der Internationalen Seegerichtshof in Nienstedten.
Am Dienstag tagte der Internationalen Seegerichtshof in Nienstedten. © DPA Images | Christian Charisius

Der Seegerichtshof stellte nun am Dienstag fest, dass andere Abkommen – wie das Pariser Klimaschutzabkommen – die Unterzeichner von den Vorgaben des Seerechtsabkommens nicht entbinden. Im Pariser Abkommen ist eine Begrenzung der Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf „deutlich unter“ zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vorgesehen – angestrebt werden 1,5 Grad.

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Ein Problem des Gutachtens des in Hamburg ansässigen internationalen Gerichts: Es ist nicht bindend. „Aber es wird maßgeblichen Einfluss darauf haben, wie künftig Gerichte in Klimafragen entscheiden werden“, sagte der Vorsitzende der Klimawandel-Kommission der Inselstaatengruppe, Payam Akhavan.