Hamburg. Premiere der GLDN-Kollektion in Hamburg. Inhaber Bolko Kissling plant noch zahlreiche weitere Neuerungen für die Kunden.

Wenn man Schuhe kaufen will, geht man ins Schuhfachgeschäft. Wenn man etwas zum Anziehen sucht, klappert man Modeläden ab. So war das mal. Inzwischen bieten immer mehr Einzelhändler beides an. Mindestens. Auch die Hamburger Schuhhandelskette Görtz erweitert das Angebot in den Filialen und geht mit einer eigenen Modelinie unter die Textilhändler.

„Görtz ist mehr als ein Schuhhändler“, sagt Inhaber Bolko Kissling und zitiert einen neu belebten Werbeslogan des Unternehmens. GLDN heißt die neue Görtz-Marke. Das steht für Golden (ohne Vokale geschrieben) und für Görtz Lifestyle Day to Night. Offiziell beginnt der Verkauf am kommenden Dienstag. In Hamburg ist die erste Kollektion seit einigen Tagen in ausgewählten Filialen an der Mönckebergstraße, im Elbe Einkaufszentrum und im Alstertal-Einkaufszentrum erhältlich.

Görtz: Hamburger Schuhhändler startet eigene Modelinie in den Läden

Treffpunkt zur exklusiven Vorstellung im Görtz-Flagshipstore in der Innenstadt: Wo bislang Highheels und Sneaker präsentiert wurden, hängen in der Damenabteilung im ersten Stock Kleider, Hosen, Röcke und Blusen. Auf Tischen und in Regalen liegen Shirts und Pullover. Sommerliche Damenmode in den Farben der Saison. Dazu sind jeweils passende Schuhe aus dem Görtz-Sortiment drapiert.

„Wir kommen immer vom Schuh, kreieren drumherum komplette Outfits“, erklärt Görtz-Chef Kissling die Idee hinter der Modemarke GLDN. Der Einstieg des 62-jährigen Logistik-Unternehmers mit Wohnsitz im US-Bundesstaat Kalifornien bei dem insolventen Schuhfilialisten hatte im vergangenen Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Nach einem holprigen Sanierungsprozess, im Zuge dessen das Filialnetz auf gut 40 Geschäfte geschrumpft war und fast 1000 Arbeitsplätze abgebaut worden waren, hatte der gebürtige Hamburger viel angekündigt, bislang aber wenig umgesetzt.

Görtz: Reparaturannahme und maßgefertigte Einlegesohlen

Das soll sich jetzt ändern. Unter anderem werden von nächster Woche an auch neue Services in den Filialen angeboten. So wird es eine Reparaturannahme geben. Kunden können ihre Schuhe in den Filialen abgegeben und nach etwa einer Woche wieder abholen. Die Schusterarbeiten werden bei einem Partnerbetrieb in Norderstedt zentral durchgeführt.

Schuhhändler Görtz startet Reparaturannahme. Von nächster Woche an kann man Schuhe in den Filialen abgegeben und nach etwa einer Woche wieder abholen.
Schuhhändler Görtz startet Reparaturannahme. Von nächster Woche an kann man Schuhe in den Filialen abgegeben und nach etwa einer Woche wieder abholen. © GÖRTZ | Görtz

Zudem ist die Anfertigung von Einlege- und Orthopädiesohlen nach Maß und auf Wunsch mit Namensprägung möglich. „Dafür setzen wir 3-D-Drucker ein. Das macht bislang noch niemand“, sagt Kissling. Bereits Ende April war die Firmenzentrale aus der Spitalerstraße an eine neue Adresse in der Brandstwiete umgezogen.

Zurück zur Mode: Hinter der Görtz-Marke GLND steht ein fünfköpfiges Designteam mit Sitz in München. „Wir machen Mode für selbstbewusste Frauen. Feminin, aber immer zum Wohlfühlen“, sagt Chefdesignerin Tina Muthspiel, die wie ihre Kolleginnen von dem insolventen Bekleidungshersteller Hallhuber kommt. Gelb und Apricot, Erdbeerrot und Apfelgrün, aber auch gedeckte Farben und natürlich Schwarz und Weiß finden sich in der ersten Kollektion. Dazu florale Muster und Animal-Prints.

Görtz GLDN: Feminine Damenmode in limitierter Stückzahl

„Das ist ein Trendthema in dieser Saison“, sagt die Modeexpertin, die eine Hose mit Leoparden-Muster zum gelben Shirt aus der eigenen Kollektion trägt. Die Start-Kollektion besteht aus etwa einem Dutzend sogenannter Kapsel-Kollektionen mit je sieben bis acht aufeinander abgestimmten Teilen in limitierter Stückzahl. Eingesetzt wird viel Baumwolle und Viskose. Die Preise liegen zwischen 29 Euro und 149 Euro. Gefertigt wird in Europa und in Asien. „Jeden Monat gibt es neue Modelle“, erklärt Designerin Muthspiel.

Chefdesignerin Tina Muthspiel, hier in der Filiale in der Hamburger City, hat mit ihrem Team in München die erste Kollektion der Görtz-Modelinie GLDN entwickelt.
Chefdesignerin Tina Muthspiel, hier in der Filiale in der Hamburger City, hat mit ihrem Team in München die erste Kollektion der Görtz-Modelinie GLDN entwickelt. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Ein siebenstelliger Euro-Betrag steckt in der Neuausrichtung des Traditionshändlers Görtz. Zum Start wird es die Modelinie in 18 Filialen in Deutschland und in Österreich geben. Bis Jahresende soll die Zahl auf 33 steigen, darunter auch in Lübeck und Lüneburg. „Wir planen einen niedrigen Millionenumsatz mit Mode“, sagt Görtz-Chef Bolko Kissling. Im Laufe des Jahres sollen die Modelle auch online verfügbar sein.

Schuhbranche: Umsatzwachstum, aber unter Vor-Corona-Niveau

Die Erweiterung des Sortiments hat auch mit der Krise im Schuhhandel zu tun. Nach aktuellen Zahlen des Marktforschungsinstituts IFH Köln und der BBE Handelsberatung betrug der Gesamtumsatz der Branche im vergangenen Jahr 9,6 Milliarden Euro. Ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 3,8 Prozent. Stationäre Händler erzielten 48 Prozent des Umsatzes. Erst 2025 erwarten die Experten eine Rückkehr zum Vor-Corona-Niveau (9,9 Milliarden Euro).

Trotzdem sieht sich Inhaber Kissling Görtz im Aufwind. Aktuell ist der Schuhhändler, der in besten Zeiten 200 Filialen hatte, noch mit gut 40 Läden in Deutschland vertreten (davon fünf in Hamburg). Dazu kommen neun Standorte in Österreich, die nach der Übernahme eröffnet haben. Die Zahl der Beschäftigten ist auf 650 gesunken. „Wir haben für das erste Jahr seit Juli 2023 eine Umsatzplanung von 70 Millionen Euro“, sagt Kissling. Mit Start der neuen Modelinie und dem erweiterten Serviceangebot will er mit Görtz zurück in die Gewinnzone.

Görtz plant neue Filialen in Deutschland

„Weitere Filialschließungen sind nicht geplant“, sagt der Görtz-Chef. In diesem Jahr sind drei Neueröffnungen in Deutschland vorgesehen. Auch in Österreich, wo er mit seiner Familie seinen Lebensmittelpunkt hat, sieht er weiteres Potenzial.

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Parallel laufen die Vorbereitungen für ein neues Geschäftsmodell, das er noch in diesem Jahr starten will. Unter dem Namen Görtz Lounge sollen kleinere Stadtteilläden entstehen. „Dort können Schuhe und Mode angeguckt, angefasst und anprobiert werden“, beschreibt Bolko Kissling die Idee. Die Waren werden aber nicht direkt mitgenommen werden, sondern über ein Onlinesystem in den Geschäften bestellt und innerhalb von 24 Stunden in den Standort oder nach Hause geliefert werden.

Görtz: Neues Geschäftsmodell soll in Hamburg starten

„Das ist ein Trend aus den USA“, sagt der Unternehmer. Die Görtz-Lounge-Läden sollen zudem als hybride Nachbarschaftstreffpunkte mit kleinem Café fungieren und sich als Auslieferungspunkte für andere Paketdienste öffnen. „Praktisch die Sexy-Version eines Paketshops.“ Die ersten zwei Görtz-Lounge-Standorte sind in Österreich geplant, in Wien und Krems. „In Deutschland sind wir für zwei weitere Neueröffnungen in Verhandlungen“, sagt Unternehmer Kissling. Einer davon in Hamburg.