Hamburg. Der Personaldienstleister LokLöwen lockt mit hohen Gehältern, Einsatzort nach Wunsch und einer Feelgood-Managerin. Die Pläne der Gründer.
Traumjob Lokführer, das war einmal. Lange Arbeitszeiten und Schichtdienst, Einsatzorte weit weg von zu Hause und mäßige Bezahlung. Nicht nur bei der Deutschen Bahn gibt es Hunderte offene Stellen für Lokführer. Auf Dauer könnte das weitreichende Folgen haben. Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat gerade erst gezeigt, was passiert, wenn Deutschlands Schienennetz weitgehend lahmgelegt ist.
Ein Hamburger Start-up hat sich vorgenommen, etwas dagegen zu tun. LokLöwen haben Artur Penkala und Dennis Leonidis ihr Unternehmen genannt, das Bahnpersonal an Eisenbahnunternehmen verleiht. „Die Bahnbranche sucht händeringend Fachkräfte, aber die Unternehmen schaffen das oft nicht aus eigener Kraft“, sagt LokLöwen-Gründer Leonidis.
Fachkräftemangel: Leih dir einen Lokführer! Hamburger Start-up macht es möglich
Der Mangel hat die Nachfrage nach den Spezialisten stark in die Höhe schnellen lassen. Neben den Bahnbetreibern tummeln sich auf dem Personalmarkt inzwischen etliche Leihfirmen, die teilweise deutlich bessere Konditionen als die Eisenbahnunternehmen bieten. Aber wahrscheinlich keine andere, die wie LokLöwen eine eigene Feelgood-Managerin beschäftigt. „Unser Ansatz ist, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen“, erklärt Gründer und Geschäftsführer Artur Penkala die Geschäftsidee.
Konkret bedeutet das, dass LokLöwen Lokführern einen Verdienst inklusive Spesen und Vergütungen von bis zu 5000 Euro netto im Monat anbietet. Im Schnitt seien es 4000 Euro netto. „Wir liegen damit im Schnitt bis zu 25 Prozent höher als die Eisenbahnverkehrsunternehmen“, heißt es bei den LokLöwen. Dass die Rechnung trotzdem aufgeht, hat damit zu tun, dass die Bahnfirmen für den flexiblen Einsatz von Leiharbeitnehmern an die Personaldienstleister deutlich höhere Stundensätze zahlen als an eigene Arbeitnehmer.
Lokführer-Leiharbeiter erhalten als Bonus eine Bahncard 100 erster Klasse
Außerdem werde den „Löwen“, wie die Beschäftigten genannt werden, auch Mitsprache bei Einsatzorten und Arbeitszeiten eingeräumt, betont Artur Penkala. Dazu gibt es Boni, wie eine Bahnkarte 100 erster Klasse, Leasing-E-Bikes, eine Zusatzkrankenversicherung und hochwertige Dienstkleidung samt Löwen-Emblem. Auch Partner und Familien werden einbezogen, mit Einladungen zu Festen und kleinen Geschenken zum Geburtstag. „Wenn die eine Person ständig auf der Schiene unterwegs ist, muss der Partner sich als Teil des Ganzen fühlen“, sagt Artur Penkala. Ein Zusammenhalt, wie bei einem „Löwenrudel“ eben.
Zu gut, um wahr zu sein? Offenbar geht das Geschäftsmodell auf. Seit Gründung vor vier Jahren ist der Personaldienstleister kräftig gewachsen und hat inzwischen 68 Lokführer und zwei Lokführerinnen unter Vertrag, dazu kommen etwa zehn Fachkräfte für den Betrieb von Leitstellen. Dabei werden die LokLöwen grundsätzlich für mindestens 18 Monate „verliehen“. Anfragen von Neukunden für spontane Noteinsätze, etwa bei Krankheitswellen oder eben auch bei Streiks, werden abgelehnt. „Die Beständigkeit kommt bei unseren Beschäftigten gut an“, sagt Dennis Leonidis.
Deutsche Bahn ist Kunde bei den LokLöwen
Trotzdem waren es wahrscheinlich häufig LokLöwen, die bei den jüngsten GDL-Streiks die Notfallfahrpläne ermöglichten. Zu den Kunden des Hamburger Personaldienstleisters gehören DB Regio und DB Cargo. Auch in den Führerständen von Privatbahnen im Hamburger Umland wie Erixx oder Metronom sind Lokführer mit Löwenkopf auf der Jacke im Einsatz, genau wie in den deutschen Ablegern der belgischen oder luxemburgischen Staatsbahnen.
„Wir gehören inzwischen zu den Größeren in der Branche“, sagt Dennis Leonidis. Der Jahresumsatz liegt den Angaben zufolge bei etwa 8,5 Millionen Euro. Zum Ergebnis wollen sich die Gründer nicht äußern. Aber, sagt Geschäftsführer Penkala, schwarze Zahlen habe LokLöwen von Anfang an geschrieben.
LokLöwen: Gründer haben jeweils noch eine andere Firma
Das hätte das Unternehmer-Duo bei allem Optimismus wohl nicht erwartet, als es 2020 die Idee für LokLöwen entwickelte. Kennengelernt hatten sie sich beim Basketball. „Wir wollten schon immer etwas zusammen auf die Beine stellen“, sagt Artur Penkala. Beide hatten zu dem Zeitpunkt bereits ein eigenes Standbein. Der 42-Jährige ist Betriebswirt und betreibt seit zehn Jahren eine Logistikfirma im Hamburger Hafen. Dennis Lionids hat nach seiner Ausbildung zum Speditionskaufmann bei unterschiedlichen Bahnunternehmen gearbeitet und unter anderem Ausbildungsprogramme aufgebaut. Inzwischen hat der 40-Jährige sich als Businesscoach selbstständig gemacht und berät Firmen.
Seit zwei Jahren betreibt LokLöwen zudem eine eigene Ausbildungsakademie. „Wir haben festgestellt, dass wir selbst Nachwuchs schaffen müssen“, sagt Dennis Leonidis. „Jeder Absolvent hat bei uns eine Einstellungsgarantie nach der bestandenen Prüfung.“ Das Interesse ist groß. 300 Anfragen pro Monat kommen bei den LokLöwen an. „Das sind alles Menschen, die eine Geschichte haben“, sagt der LokLöwen-Gründer. Dabei müssen die Quereinsteiger einiges an Voraussetzungen mitbringen, wie etwa das Mindestalter von 20 Jahren, einen Schulabschluss, Deutschkenntnisse auf B1-Niveau sowie einen Nachweis über die medizinische und psychologische Eignung.
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„Wir arbeiten vor allem mit der Arbeitsagentur im Rahmen von Umschulungen zusammen“, sagt Lok-Löwen-Chef Penkala. Etwa 40.000 Euro kostet die zwölfmonatige Weiterbildungsmaßnahme. Zudem werden zwei Stipendien vergeben. Der Unterricht läuft online und in den Schulungsräumen der LokLöwen in Hammerbrook. Kein Selbstgänger, angesichts des nicht einfachen Lernstoffs. Vier Kurse sind inzwischen beendet. „Von 60 Teilnehmern haben es 20 geschafft“, sagt Penkala. „Und das ist eine gute Quote.“
Lokführer dringend gesucht! Hamburger planen Expansion
Und sie soll steigen. Leonidis und Penkala haben in Zukunft einiges vor. In Planung ist auch ein Umzug in größere Räume. „Hier ist es schon jetzt zu eng“, sagt Geschäftsführer Penkala. Wenn alles klappt, wird die LokLöwen-Zentrale von Mai nächsten Jahres an in der Speicherstadt zu finden sein – sehr passend in der historischen Maschinenzentralstation, die früher die Speicherstadt mit Strom und hydraulischer Energie versorgt hat.
Parallel läuft gerade die Expansion nach Österreich und in die Schweiz an. „Das hört sich einfach an, aber in jedem Land sind andere Zusatzausbildungen notwendig“, sagt Dennis Leonidis. Geplant ist auch der Sprung in die USA. „Wir haben dort einen Kooperationspartner, mit dem wir künftig verstärkt zusammenarbeiten und auf dessen Strecken wir unsere Fachkräfte zeitweilig einsetzen wollen.“ Ein weiterer Schritt zum großen Ziel Traumberuf Lokführer.