Hamburg. Zum 1. April ist die Mehrwertsteuer auf Erdgas gestiegen. Die Zusatzkosten der Erhöhung lassen sich mehr als ausgleichen. Wie das geht.
Erdgas ist seit Anfang des Monats wieder teurer geworden. Denn nach Abschaffung der Energiepreisbremse wurde ein weiterer Preisvorteil einkassiert: die reduzierte Mehrwertsteuer. „Der volle Mehrwertsteuersatz hat den Gaspreis schlagartig um elf Prozent erhöht“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte beim Vergleichsportal Verivox. Nach Angaben des Vergleichsportals hat eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) durchschnittliche Mehrkosten von rund 220 Euro im Jahr.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht. Diese Mehrkosten und sogar noch mehrere Hundert Euro mehr können durch einen Anbieterwechsel ausgeglichen werden. Hamburger, die aus der Grundversorgung von E.on wechseln können so bis zu 880 Euro im ersten Jahr sparen, die höhere Mehrwertsteuer ist da schon eingeschlossen.
Gaspreise Hamburg: Zwischen sechs und acht Cent für Erdgas bei den günstigsten Anbietern
Um die hohen Energiepreise als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abzufedern, wurde die Mehrwertsteuer ab Oktober 2022 von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Damals kostete laut Verivox eine kWh Erdgas im Schnitt mehr als 20 Cent. Aktuell liegt der Durchschnittspreis bei knapp zehn Cent und zeigt seit Monaten eine fallende Tendenz. Im November lag der Preis noch bei knapp zwölf Cent. Die niedrigsten Preise liegen bei einem Neuabschluss aktuell zwischen sechs und acht Cent pro kWh.
Ein Wechsel in diesen Wochen hat auch den Vorteil, dass man bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten mit dem Tarif über den nächsten Winter kommt. Wer auf weiter sinkende Preise hofft, kann auch eine kürzere Laufzeit wählen. Allerdings sind die Tarife mit kürzeren Laufzeiten nicht so günstig, und die Auswahl der Anbieter ist deutlich eingeschränkt.
Aus der Grundversorgung Gas kann schnell gewechselt werden
Die Kunden haben durch die Umstellung auf die höhere Mehrwertsteuer kein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Kurzfristig wechseln kann nur, wer in Hamburg in der Grundversorgung von E.on ist. Dort kostet die kWh jetzt rund 10,5 Cent, und der jährliche Grundpreis liegt bei knapp 200 Euro. Im Grundversorgungstarif gilt nur eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. „Zwischen der teuren Grundversorgung und günstigen Gastarifen liegen derzeit im Durchschnitt 37 Prozent“, sagt Energieexperte Storck.
Bei Verträgen von alternativen Anbietern mit einer Laufzeit von zwölf Monaten beträgt die Kündigungsfrist meist einen Monat oder vier Wochen. Auch hier kann sich ein Wechsel lohnen, wenn das Ende der Vertragslaufzeit naht. „Wir raten den Kunden, nicht nur den monatlichen Abschlag, sondern vor allem Grund- und Arbeitspreis zu vergleichen“, sagt Jan Bornemann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Hamburg.
Die günstigsten Tarife für eine Familie mit und ohne Boni
Mithilfe des Vergleichsportals Check24 wurden die günstigsten Tarife für Hamburg mit einer Preisfixierung von zwölf Monaten und einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten bei einem Verbrauch von 20.000 kWh ermittelt. Außerdem wurden nur Tarife berücksichtigt, die von den Nutzern des Vergleichsportals mit einer Weiterempfehlungsquote von mindestens 75 Prozent beurteilt wurden.
Den derzeit günstigsten Arbeitspreis mit rund sechs Cent hat Maingau Energie, ein Anbieter, der seit Monaten zu den günstigsten Anbietern gehört. Allerdings ist der Jahresgrundpreis mit 180 Euro recht hoch. Unterm Strich bleibt gegenüber der Grundversorgung von E.on eine Ersparnis von rund 860 Euro im Jahr. Basis der Einsparungen ist stets der Jahresverbrauch einer Familie mit 20.000 kWh.
Jährliche Einsparung von bis zu 880 Euro ist durch Anbieterwechsel möglich
Im Unterschied zu vielen anderen günstigen Tarifen liegt der Preisvorteil auch nicht an einem hohen Neukundenbonus. Der vergünstigt den Preis nur im ersten Jahr. Wer Boni nutzt, muss sich in der Regel nach einem Jahr erneut einen günstigen Anbieter suchen, wenn er die Preisvorteile konsequent halten will. „Boni können zu Schwierigkeiten führen, wie wir aus Beschwerden von Verbrauchern wissen“, sagt Verbraucherschützer Bornemann. Inzwischen spielen Boni wieder eine große Rolle bei der Gewinnung von Neukunden.
Da einige Verbraucher bei den hohen Boni von bis zu 370 Euro aber skeptisch sind, hat diese Zeitung Tarife mit und ohne Boni ausgewählt. Die Tarife mit Boni versprechen eine etwas höhere Einsparung im ersten Jahr. So liegt der Spitzenwert beim Anbieter Entstroga Energie bei 880 Euro, obwohl die kWh Erdgas knapp acht Cent kostet.
Großes Angebot an Erdgas sorgt für niedrige Preise an der Börse
Wer lieber einen großen Konzern als Vertragspartner hat, findet beim Hamburger Anbieter Vattenfall eine Alternative. Beim Tarif ohne Bonus mit einem Arbeitspreis von knapp acht Cent pro kWh liegt die Ersparnis im ersten Jahr bei einem Verbrauch von 20.000 kWh noch bei rund 580 Euro. Wer den Bonus-Tarif wählt hat eine Ersparnis von rund 800 Euro gegenüber der Grundversorgung von E.on.
An der Tendenz günstiger Gaspreise an den Beschaffungsmärkten sollte sich erst einmal nichts ändern. Die Gasspeicher in Deutschland sind noch zu knapp 68 Prozent gefüllt. Bis zum Oktober sollen die unterirdischen Speicher wieder komplett aufgefüllt sein. An der Börse sank der Preis für Erdgas unter leichten Schwankungen bereits seit Oktober 2023 kontinuierlich. Aktuell kostet dort eine kWh 2,8 Cent.
Gaspreise Hamburg: 14 Prozent weniger Erdgas-Verbrauch als vor der Energiekrise
Die Nachfrage nach Erdgas war in den vergangenen Monaten wegen der überwiegend milden Temperaturen bescheiden. Selbst im Januar, als es etwas Schnee gab, wurden in Hamburg temperaturbereinigt sechs Prozent weniger Gas verbraucht im Vergleich zu den Mittelwerten der Jahre 2020 und 2021, also vor der Energiekrise. Im März war die Gasnachfrage um 14 Prozent geringer.
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Das Angebot an Erdgas ist größer, als vielfach erwartet wurde. So sind die USA im vergangenen Jahr zum weltgrößten Exporteur von LNG geworden. Ein Großteil der Lieferungen geht nach Europa. Nachdem Russland seine Erdgasexporte nach Deutschland im August 2022 vollständig eingestellt hat, bezieht Deutschland den Großteil seines Erdgases jetzt aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien und zwar über Pipeline. Das mit Schiffen angelieferte Flüssigerdgas LNG macht nur einen kleinen Teil der täglichen Importe aus.
Aktuell ist die Lage entspannt, aber im nächsten Winter könnten auch Unsicherheiten drohen, weil die ukrainische Regierung zum Jahresbeginn 2025 die Pipeline, die durch ihr Land verläuft, dichtmachen will. Davon sind Abnehmer in Europa wie Österreich betroffen. Es ist also offen, ob das so umfangreiche Angebot an Erdgas anhalten wird und wie sich die Preise entwickeln, wenn die Konjunktur in Deutschland wieder anspringt und die Industrie mehr Erdgas nachfragt. Zunächst aber sollten Verbraucher trotz Mehrwertsteuererhöhung in den nächsten Wochen kein Problem haben, günstige Tarife finden.