Hamburg. Von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Besichtigungstermin: Wie man seine Chancen auf eine neue Wohnung erhöhen kann.
Die Wohnungssuche in Hamburg wird immer schwieriger. Neben den hohen Mieten ist auch die Konkurrenz um eine freie Wohnung groß. Wie können sich Wohnungssuchende am besten positionieren? Wie viele Bewerbungen gibt es in den einzelnen Stadtteilen auf eine freie Wohnung? In welchen Stadtteilen ist die Chance auf eine freie Wohnung am größten? Was darf der Vermieter fragen und was steckt hinter Indexmieten? Der große Ratgeber für Wohnungsuchende.
Hamburg: In welchen Stadtteilen sind die Chancen am größten, eine Wohnung zu finden?
Die Maklerin Anika Schönfeldt-Schulz hat dafür aus ihrer Praxis drei Kategorien gebildet, die sich nach der Anzahl der Reaktionen auf Wohnungsinserate unterscheiden. Eine nur geringe Nachfrage von potenziellen Mietern hat sie in den Stadtteilen Harburg, Rahlstedt, Rothenburgsort, Jenfeld, Eidelstedt, Horn und zum Teil Stellingen ausgemacht. „Auf ein Angebot gibt es in diesen Stadtteilen zunächst 35 bis 50 Interessensbekundungen auf eine Wohnung“, sagt die Vorsitzende des Immobilienverbands der Region Nord (IVD Nord).
„Da längst nicht alle ein wirkliches Interesse an der Wohnung haben oder vom Vermieter akzeptiert werden, ist die Chance groß, in diesen Stadtteilen eine Bleibe zu finden.“ Schon seit Januar versucht sie eine schöne Altbauwohnung in Harburg (82 Quadratmeter) mit einer Kaltmiete von 11,02 Euro pro Quadratmeter zu vermieten. Obwohl es zunächst 36 Anfragen gab, ist das Objekt noch nicht vermietet.
In welchen Stadtteilen gibt es die größte Konkurrenz?
Nach einer Umfrage des IVD Nord unter seinen Hamburger Maklern kommen 62 Prozent zu der Einschätzung, dass es eine Nachfrage nur nach den begehrtesten Stadtteilen gibt. Nach Schönfeldts Einschätzung geht es hier um Stadtteile wie Eimsbüttel, Ottensen, Winterhude, Sternschanze, St. Pauli, Hoheluft, Harvestehude, Uhlenhorst und Altona. Auf eine Wohnungsanzeige treffen hier mehr als 300 Anfragen ein.
Gibt es so etwas wie ein Mittelfeld bei den Stadtteilen?
Das Mittelfeld wird von Stadtteilen wie Niendorf, Alsterdorf, Lokstedt, Groß Borstel, Hohenfelde, Borgfelde, Hamm, Marienthal, Bahrenfeld und Wandsbek geprägt. Hier gibt es meist 70 bis 100 Anfragen auf eine angebotene Wohnung.
Wie sollte die erste Kontaktaufnahme aussehen?
„Wenn man über die gängigen Immobilienportale sucht, sollte man beachten, dass man dort die vorhandenen Formulare nutzt und das Anschreiben kurz, freundlich, verständlich und aussagekräftig ist“, sagt Schönfeldt-Schulz. Das klingt simpel, ist aber nach ihren Erfahrungen nicht immer die Regel. Wie viele Personen möchten zu welchem Termin in die Wohnung ziehen, ist für Vermittler die wichtigste Nachricht. Wenn ein Haustier mit zur Familie gehört, sollte man das ebenfalls erwähnen. Mehr Informationen sind zunächst nicht notwendig.
Wie mache ich bei der Besichtigung einen guten Eindruck?
Zunächst, dass man pünktlich zum vereinbarten Termin erscheint und einen freundlichen Eindruck macht. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wie Schönfeldt-Schulz sagt. „Wenn ich für eine Wohnung zwölf Einzelbesichtigungen hintereinander vereinbare, dann kommen in der Regel nur zehn Bewerber. Vier bis sechs Interessenten bewerben sich dann für die Wohnung.“ Mitunter kommen dann am nächsten Tag auch noch Absagen.
„Wenn man eine Nacht darüber geschlafen hat, sieht mancher die Wohnung dann doch mit anderen Augen und entscheidet sich dagegen“, sagt Schönfeldt-Schulz. Wer zu zweit in die Wohnung einziehen möchte, sollte sie auch gemeinsam besichtigen. „Vor allem private Vermieter entscheiden sich häufig gegen Bewerber, bei denen nicht alle Mieter die Wohnung gesehen haben“, sagt die Maklerin.
Welche Dokumente sind notwendig, wenn ich eine Wohnung anmieten möchte?
„Alles, was mit der Bonität des Mieters zu tun hat und wer einziehen soll, kann vom Vermieter verlangt werden“, sagt Marielle Eifler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg. Dabei geht es um eine Schufa-Auskunft und die letzten drei Gehaltsnachweise. „Der Arbeitgeber kann dabei geschwärzt werden“, sagt Eifler. „Sonst hätte ich ja nie eine Wohnung bekommen.“
Wichtig ist die Reihenfolge bei den persönlichen Finanzen: Die Frage nach dem Einkommen ist bei der Besichtigung unzulässig. Denn Gehaltsnachweise oder der Einkommenssteuerbescheid dürfen erst verlangt werden, wenn sich der Vermieter abschließend für einen Interessenten entschieden hat.
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Selbstständige und Freiberufler bringen am besten eine Bescheinigung ihres Steuerberaters über das Nettoeinkommen bei, da Vermieter keine Lust haben, sich mit Bilanzen oder Einnahme-Überschuss-Rechnungen zu beschäftigen.
Der Vermieter darf sich den Ausweis des Interessenten zeigen lassen, aber keine Kopie anfertigen. Er darf fragen, ob Haustiere mit einziehen, ebenso, ob der Mieter schon einmal eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Zwangsvollstreckung oder einer Privatinsolvenz.
Umstritten ist eine Vormieterbescheinigung. „Viele Vermieter wollen das gar nicht ausstellen, und andererseits kann sich auch jeder so ein Schreiben selbst erstellen“, sagt Eifler. Private Vermieter legen eher Wert auf so eine Vormieterbescheinigung als große Vermietungsgesellschaften.
Was darf der Vermieter nicht abfragen?
„Alles, was in den persönlichen Bereich geht, also etwa Schwangerschaft, Kinderwunsch, Religion, sexuelle Orientierung, Parteizugehörigkeit“, sagt Eifler. Auch Fragen, ob man Raucher ist, ein Musikinstrument spielt oder welchen Musikgeschmack man hat, sind nicht zulässig. „Da darf man in der Antwort auch lügen“, so Eifler.
In vielen Inseraten wird eine Mindestmietdauer von zwei Jahren vorgeschrieben. Ist das zulässig?
Ja, sagt der Mieterverein zu Hamburg. „Die ordentliche Kündigungsfrist kann für bis zu vier Jahre ausgeschlossen werden“, sagt Eifler. Man könne zwar versuchen, das auf ein Jahr zu begrenzen, die Chancen seien aber nicht so gut. Das ist der Preis dafür, dass Mieter keine Courtage für die Vermittlung mehr zahlen müssen.
Es gilt bei Mietwohnungen das Bestellerprinzip. Der Vermieter muss die Vermittlungsgebühr allein zahlen, ein bis zwei Nettokaltmieten. „Viele Vermieter möchten mit einer zweijährigen Mindestmietdauer vermeiden, dass sie nach einem Jahr schon wieder einen Makler bezahlen müssen“, sagt Schönfeldt-Schulz.
Sind Staffelmiete und Indexmiete gestattet?
„Leider ja, aber nicht gleichzeitig“, sagt Eifler. Häufig sei es so, dass erst eine Staffelmiete verlangt wird und nach einigen Jahren auf die Indexmiete, die sich am Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes orientiere, umgestellt werde. „Das ist eine sehr nachteilige Kombination für den Mieter und meist ein Indiz, dass die aktuelle Miete schon überhöht ist“, sagt Eifler. Der Mieter kann sich dann später auch nicht mehr auf den Mietenspiegel berufen. Und bei der Mietpreisobergrenze gibt es viele Schlupflöcher.
Wie entscheiden Vermieter?
„Das Wichtigste für die Vermieter ist die Bonität des Mieters“, sagt Schönfeldt-Schulz. Sie sehen es gern, wenn der Mieter das Dreifache der Warmmiete netto zur Verfügung hat. „Bei privaten Vermietern spielen persönliche Dinge des Mieters eine größere Rolle als bei großen Wohnungsgesellschaften“, sagt die Maklerin.
Wie haben sich die Mieten in Hamburg entwickelt?
Nach den Daten des internationalen Immobiliendienstleisters JLL zahlten Hamburger im zweiten Halbjahr 2017 noch 10,97 Euro (kalt) pro Quadratmeter bei einer Neuvermietung aus dem Bestand. Bis zum zweiten Halbjahr 2023 stieg diese Miete auf 14,19 Euro, was einem Anstieg von 29,3 Prozent in sechs Jahren entspricht. Um 35 Prozent verteuerten sich in diesem Zeitraum die Mieten für Neubauten in Hamburg. Bei Neuabschluss müssen 18,50 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden.
Deutliche Unterschiede bei den Mieten gibt es zwischen den einzelnen Bezirken bei Bestandsbauten. Die teuersten Neuvertragsmieten werden in Altona mit 14,90 Euro, Hamburg-Nord mit 14,74 und Eimsbüttel mit 14,23 Euro aufgerufen. Unter dem Hamburger Durchschnitt kann man in Harburg (10,88 Euro) und Bergedorf (11,76 Euro) mieten.