Hamburg. Mieter müssen bereits deutlich mehr fürs Wohnen bezahlen. Wie es konkret in den Stadtteilen aussieht, wo die Nachfrage gering ist.
Während sich Immobilienkäufer über niedrigere Preise freuen können, müssen sich Hamburger, die eine Wohnung suchen, weiter auf steigende Mieten einstellen. 76 Prozent der Hamburger Makler registrieren eine steigende Preistendenz, nur 24 Prozent sprechen von konstanten Mieten.
Das geht aus einer Umfrage des Immobilienverbandes IVD Nord unter Hamburger Maklern hervor, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt. Vor allen in den vergangenen sechs Monaten beobachteten die rund 70 Makler stark steigende Mieten in der Hansestadt. 48 Prozent berichten von Anstiegen von bis zu zehn Prozent. Sieben Prozent sehen bei ihren Vermittlungen sogar einen Mietpreisanstieg von über zehn Prozent. 45 Prozent der Makler sprechen nur von Anstiegen von bis zu fünf Prozent.
Wohnung Hamburg: Exklusive Umfrage – wie sich die Mieten für Immobilien entwickeln werden
„Eine Besserung ist leider nicht in Sicht. Der Wohnungsneubau und die Projektentwicklung sind quasi zum Erliegen gekommen“, sagt Anika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des Vorstandes des IVD Nord. „Zudem bleiben in diesen Zeiten die Menschen länger in ihren Wohnungen. Die Umzugsquote, die in Metropolen mit engem Mietmarkt generell niedrig ist, wird durch die derzeitige Situation sicherlich noch geringer.“
Laut Statista liegt die Umzugsquote in Hamburg bei 7,2 Prozent. Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) geht davon aus, dass in Hamburg lediglich zehn Prozent aller Mietverträge auf Erst- und Wiedervermietungsmieten, also sogenannte Neuvertragsmieten, entfallen.
Mietwohnungen bleiben auch im Jahr 2024 sehr knapp
Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kommt in einer aktuellen Studie zu der Einschätzung, dass sich die Preisdynamik im Jahr 2023 noch einmal beschleunigt hat. „Die Knappheiten auf dem Mietwohnungsmarkt werden auch im Jahr 2024 nicht abgebaut werden“, sagt Immobilienexperte Michael Voigtländer vom IW. Der immer engere Mietwohnungsmarkt mit steigenden Preisen werde die Möglichkeit des Kaufs insbesondere für junge Familien wieder erhöhen.
Doch wegen der gestiegenen Zinsen für Immobilienfinanzierungen und der Unwägbarkeiten bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden weichen viele Hamburger seit Mitte 2022 verstärkt auf den Mietwohnungsmarkt aus. Anders als bei Kaufimmobilien sehen 92 Prozent der Makler einen Nachfrageüberhang. Das ist ein Grund für die stetig steigenden Mieten.
Mieten in Hamburg steigen in sechs Jahren um 35 Prozent
Nach den Daten des internationalen Immobiliendienstleisters JLL zahlten Hamburger im zweiten Halbjahr 2017 noch 10,97 Euro (kalt) pro Quadratmeter bei einer Neuvermietung aus dem Bestand. Bis zum zweiten Halbjahr 2023 stieg diese Miete auf 14,19 Euro, was einem Anstieg von 29,3 Prozent in sechs Jahren entspricht. Um 35 Prozent verteuerten sich in diesem Zeitraum die Mieten für Neubauten in Hamburg. Bei Neuabschluss müssen 18,50 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden.
Innerhalb eines Jahres liegt der Mietpreisanstieg nach den Daten von JLL bei den Bestandsobjekten in Hamburg bei rund fünf Prozent und bei den Neubauten bei 7,6 Prozent. Dass die Makler nach ihrer Einschätzung zum Teil zu höheren Mietpreissteigerungen kommen, ist kein Widerspruch. Denn ihre Sicht bezieht sich nur auf die eigenen Vermittlungen. Bisher langjährig vermietete Wohnungen können bei Neuvermietung einen höheren Aufschlag erfahren.
In einem Hamburger Bezirk liegt die Miete noch unter elf Euro
Deutliche Unterschiede bei den Mieten gibt es zwischen den einzelnen Bezirken bei Bestandsbauten. Die teuersten Neuvertragsmieten werden in Altona mit 14,90 Euro, Hamburg-Nord mit 14,74 und Eimsbüttel mit 14,23 Euro aufgerufen. Unter dem Hamburger Durchschnitt kann man in Harburg (10,88 Euro) und Bergedorf (11,76 Euro) mieten.
Mehr Wirtschaftsthemen
- Wie lange die Immobilienpreise in Hamburg noch fallen sollen
- Warum in Hamburg mieten günstiger als kaufen ist
- Neue Gasheizung einbauen: Das müssen Hamburger beachten
Doch die Nachfrage bezieht sich eher auf die begehrten Stadtteile. 62 Prozent der Makler kommen zu dieser Einschätzung. Das zeigt sich auch bei der Vermarktung frei gewordener Wohnungen. In den begehrten Stadtteilen sind fast alle Wohnungen (84 Prozent) nach spätestens drei Wochen vergeben. Für die äußeren Stadtteile trifft das nicht einmal für jede zweite Wohnung zu (44 Prozent). Wohnungen in normalen Lagen, die nicht am Rand liegen, aber auch nicht zu besonders gesuchten Stadtteilen zählen, sind immerhin zu 65 Prozent schon innerhalb von drei Wochen vermietet.
Keine Nachfrage nach Wohnungen in äußeren Stadtteilen
Maklerin Schönfeldt-Schulz macht das an einem Beispiel aus der eigenen Vermietungstätigkeit deutlich. Eine helle Altbauwohnung in Eimsbüttel mit drei Zimmern (68 Quadratmeter) war nicht einmal eine Stunde online, da gab es schon 106 Bewerbungen. Eine vergleichbare Wohnung, ebenfalls Altbau, in Harburg mit 82 Quadratmetern war 20 Tage online und brachte 36 Anfragen. Während die Wohnung in Harburg für 11,21 Euro pro Quadratmeter zu mieten war, kostete die Wohnung in Eimsbüttel 18,07 Euro.
In manchen äußeren Stadtteilen wie Rahltedt gibt es nach Einschätzung der Makler kaum eine Nachfrage nach Mietwohnungen, und normale Lagen werden zu 36 Prozent nachgefragt. Auch die Nachfrage nach den Top-Lagen von Hamburg bleibt mit zwei Prozent überschaubar. „Ein zentrales Ergebnis unserer Umfrage zeigt eine Hauptnachfrage für beliebte Stadtteile“, sagt Schönfeldt-Schulz. In den äußeren Lagen gibt es aber durchaus Mietangebote, die aber nicht nachgefragt werden. Deswegen müssen wir attestieren, dass durchaus ein Wohnungsangebot besteht, aber die Ansprüche an die Lage sehr hoch sind.“
Hamburger konzentrieren Wohnungssuche auf wenige Stadtteile
Nachgefragt werden vor allem Wohnungen mit einer Größe von rund 70 Quadratmetern und mit drei Zimmern. „Aber der Suchradius ist eben extrem eng, wenn sich Hamburger verändern möchten“, sagt Schönfeldt-Schulz. „Es gibt viele, die lieber in kleinen Wohnungen mit zwei Kindern bleiben, als andere Stadtteile in Betracht zu ziehen.“ Sie kann das zwar nachvollziehen, weil die Bewohner dort verwurzelt sind, aber in diesen Vierteln könne dann eben kaum Wohnraum frei werden.
„Die Konzentration auf wenige Stadtteile betrifft nicht nur die Hamburger selbst“, sagt Peter-Georg Wagner, Geschäftsführer des IVD Nord. „Denn die Zugezogenen konzentrieren sich auch auf diese Stadtteile. So ballt sich die Nachfrage auf relativ wenige Wohnungen.“
Jeder zweite Mietinteressent sucht nach energieeffizienter Wohnung
Angesichts deutlich gestiegener Energiekosten wird auch nicht mehr jede Wohnung von den Mietinteressenten akzeptiert. Zum einen wirkt sich das auf große Wohnungen aus, die kaum noch gesucht werden. Die Nachfrage nach Objekten mit mehr als 70 Quadratmetern liegt nur bei drei Prozent. „Die ehemals gesuchten großen Wohnungstypen sind in Zeiten wie diesen kaum noch gefragt“, sagt Schönfeldt-Schulz. „Hier spielen sicherlich die in den vergangenen Jahren und Monaten enorm gestiegenen Heiz- und Nebenkosten eine große Rolle.“
So wie Kaufinteressenten suchen auch immer mehr Mieter nach energieeffizienten Wohnungen. Für 53 Prozent ist dieses Kriterium bei der Wohnungssuche entscheidend.