Hamburg. Studie befeuert Streit im rot-grünen Senat. Containerschiffe ragen bis zu 67 Meter aus dem Wasser – aber wie viel Puffer ist nötig?
Der senatsinterne Streit über die neue Köhlbrandbrücke ist noch nicht vorbei. Am kommenden Dienstag will die Wirtschaftsbehörde eine neue, überarbeitete Drucksache in den Senat einbringen. Ein Knackpunkt, an dem sich der Zwist entzündet hat, ist die geplante Höhe, die für das neue Bauwerk in den Plänen vorgesehen ist.
Nach Informationen des Abendblatts geht es um eine Durchfahrtshöhe von 73,5 Metern, die die Planungen der Wirtschaftsbehörde vorsehen, damit auch Containerschiffe der neuesten Generation unter der Querung hindurchpassen. Die Grünen stellen die geplante Höhe infrage. Klar ist: Mit jedem zusätzlichen Meter steigen die Baukosten und die Anfälligkeit für starke Windböen.
Köhlbrandbrücke: SPD und Grüne weiter uneins über die Höhe der neuen Brücke
Eine neue Studie des Schiffsklassifizieres und technischen Beraters Det Norske Veritas (DNV, früher Germanischer Lloyd) in Hamburg dürfte die Diskussion befeuern. In der durch die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) beauftragten Untersuchung kommen die maritimen Experten zum Schluss, dass das bisher ungebremste Größenwachstum bei Containerschiffen sehr bald ein Ende nehmen wird. Bei einer Ladekapazität von 26.000 Standardcontainern (TEU) dürfte Schluss sein.
Größenwachstum von Containerschiffen endet bei 430 Metern Länge
Einst dachte man schon, bei 20.000 Containern wäre Schluss. Doch es wurden noch größere Frachter gebaut. Derzeit sind die größten Containerschiffe 400 Meter lang, 61,5 Meter breit und können 24.500 TEU tragen. Hintergrund für den Run auf immer größere Schiffe sind handfeste wirtschaftliche Gründe. Wenn man mehr Container mitnehmen kann, wird der Transport einer einzelnen Box günstiger. „Economy of scales“, zu deutsch Skaleneffekt, nennen das die Fachleute.
Viel größer wird es laut Studie des DNV aber nicht gehen. Maximal rechnen die Fachleute noch mit einer Weiterentwicklung bestehender Schiffsdesigns bis zu einer Stellplatzkapazität von etwa 25.800 TEU als möglicher Schiffstyp, der in relevanter Anzahl gebaut und im Europaverkehr eingesetzt werden könnte. Diese Schiffe wären 430 Meter lang und auch 61,5 Meter breit.
Schon heute sind die größten Containerschiffe zu hoch für die Köhlbrandbrücke
Zwar wäre auch der Bau noch größerer Containerschiffe technisch umsetzbar. Die wären dann 460 Meter lang und könnten 30.000 Boxen aufnehmen. Doch nach Berechnungen des DNV würden dann die Kostenvorteile wegfallen, weil diese Frachter deutlich länger für die Ladevorgänge in den Häfen lägen. Zudem müssten viele Häfen dann ihre Infrastruktur ausbauen.
Diese Überlegungen haben natürlich Einfluss auf die Höhe, die Bauwerke wie die Köhlbrandbrücke haben müssen, die Schifffahrtswege kreuzen. Derzeit sind die größten Schiffe vom Kiel bis zur Mastspitze schon zwischen 76 und 77 Metern hoch und passen damit unter der Köhlbrandbrücke nicht hindurch, die eine Durchfahrtshöhe von 53 Metern hat.
Köhlbrandbrücke: Maximale Höhe der Containerriesen über der Wasserlinie beträgt 67 Meter
Davon abzuziehen ist allerdings der geringste Tiefgang, den die Schiffe im Wasser hätten. Dieser beträgt zehn Meter, weil bei noch weniger Tiefgang die Propeller nicht mehr getaucht wären. Zieht man diese zehn Meter ab, ergibt sich eine Höhe über der Wasserlinie von 67 Metern, die solche Schiffe haben. Diese Höhe würde sich auch nicht ändern, wenn die Schiffe noch eine Nummer größer wären, weil dann den Containerstapeln die Stabilität fehlen würde.
- Hamburger Hafen: Warum ein Werteverfall der HHLA für jeden Hamburger wichtig sei
- Köhlbrandbrücke in Hamburg: „Der Beton hat Krebs, die Brücke ist krank“
- Hafen Hamburg: Diese spektakulären Schiffe kommen 2024
Die Studie schließt mit der Empfehlung: „Für die Berechnung der notwendigen Brückendurchfahrtshöhe kommt dazu noch ein Sicherheitsabstand, den die HPA unter Berücksichtigung verschiedenster Parameter festlegen muss.“ Den Sicherheitsabstand habe die Studie nicht untersucht, er sei aber zwingend zu berücksichtigen, sagt Uwe Hollenbach, Ingenieur und Co-Autor der Studie.
So sollte der Mindestabstand zwischen Brückenunterkante und Schiffsspitze mehr als ein Meter betragen. „Nicht berücksichtigt wurden auch die Fragen der Unterschiede zwischen Hochwasser und Niedrigwasser, sowie der Anstieg des Wasserspiegels wegen des Klimawandels. Da darf man nicht zu knapp rechnen.“